Weiter Kritik an Aktienrente

Verdi-Chef warnt vor Dammbruch

Die FDP will in die aktienbasierte Altersvorsorge mehr Geld pumpen als ursprünglich geplant. Das sorgt innerhalb der Koalition für Kritik. Auch Verdi-Chef Frank Werneke bezeichnet die Pläne nun als „Unfug“.

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12:02 Uhr | 13. Februar | 2023
Frank Werneke

„Wenn das Generationenkapital eingeführt werden soll, ist das zwar Unfug, aber relativ harmloser Unfug“: Verdi-Chef Frank Werneke kritisiert die Pläne zur Aktienrente.

| Quelle: Kay Herschelmann

Die solidarischen Elemente der gesetzlichen Rentenversicherung würden unter die Räder kommen, Beschäftigte in die Arme der privaten Versicherungswirtschaft getrieben – so lauteten bisher die Befürchtungen von Gewerkschaften und Sozialverbänden. Ökonomen warnten derweil davor, dass die angedachte Summe von zehn Milliarden Euro bei Weitem nicht ausreiche. Auch innerhalb der Koalition stoßen die Pläne von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zur Einführung einer Aktienrente immer mehr auf Widerstand. Nun gibt es erneut Kritik – von Gewerkschaftsseite: Verdi-Chef Frank Werneke befürchtet durch den Aufbau einer kapitalgedeckten Altersvorsorge einen Dammbruch.

Sorge vor Beitragsgeldern in der Aktienrente

Im Gespräch mit dem „Handelsblatt“ sagte er: „Wenn das Generationenkapital im Rahmen der Verabredung aus dem Koalitionsvertrag eingeführt werden soll, ist das zwar Unfug, aber relativ harmloser Unfug.“ Allerdings habe er die Sorge, dass „künftige Regierungen das Spiel weitertreiben könnten und dann irgendwann auch Beitragsgelder in der kapitalgedeckten Säule landen.“

Aktuell ist ein Gesetzentwurf für die Aktienrente noch nicht beschlossen, die Verhandlungen innerhalb der Koalition dazu laufen. Die Pläne bisher: Zehn Milliarden Euro sollen am Kapitalmarkt aufgenommen und in einem Fonds angelegt werden. Im kommenden Jahrzehnt sollen die Erträge aus dem „Generationenkapital“ dazu führen, das gesetzliche Rentensystem zu stabilisieren. Da die zehn Milliarden Euro nicht ausreichen, will Lindner das Projekt erweitern und pro Jahr zehn Milliarden Euro in die Stiftung Generationenkapital überführen. Nicht benötigtes Staatseigentum soll zudem als Sacheinlage gebucht werden.

Dass die ursprünglich avisierten zehn Milliarden Euro zur Finanzierung einer aktienbasierten Altersvorsorge zu wenig sind, betont auch Verdi-Chef Werneke. „Da ist jeder Tarifabschluss, den Verdi oder andere Gewerkschaften erzielen, effektiver, weil es für die Stabilität der Rentenfinanzen ja auf die Löhne ankommt“, verdeutlichte er. Die aktuellen Pläne, den Fonds mit höheren Summen auszustatten, sieht Werneke skeptisch. So seien allein 340 Milliarden Euro Kapital nötig, um bei einer fünfprozentigen Rendite einen Ertrag von 17 Milliarden Euro zu erwirtschaften – was in etwa einem Beitragssatzpunkt in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht. Auch die von Lindner geäußerte Renditeerwartung von sieben bis neun Prozent hält er für gewagt. „Die erzielt man nur mit risikoreichen Aktienanlagen“, so Werneke.

Verdi lehnt höheres Renteneintrittsalter ab

Der Gegenvorschlag des Verdi-Chefs: eine Reform der umlagefinanzierten Rente. Über die „Einnahmebasis“ müsse man reden, betont er. „Dazu gehört aus meiner Sicht auch eine Debatte über die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze.“ Wie andere Gewerkschaften und Sozialverbände wies Werneke in dem Zusammenhang daraufhin, dass eine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters keine Lösung sei. Denn: „Viele Beschäftigte würden zwangsläufig mit Rentenabschlägen in den Ruhestand gehen.“

Erst kürzlich hatte FDP-Vizechef Johannes Vogel vorgeschlagen, ein offizielles Rentenalter abzuschaffen und stattdessen den Rentenbeginn flexibel zu gestalten. Als Vorbild nannte er dafür Schweden. Die Ampelregierung hat im Koalitionsvertrag eine weitere Anhebung des Rentenalters ausgeschlossen.