Europawahl 2024

Verbände sehen im Wahlergebnis neue Chancen für Bürokratieabbau

Die Verbände BVK und Votum sehen das Wahlergebnis der Europawahl 2024 im Hinblick auf die Interessen des Finanz- und Versicherungsvertriebes positiv - insbesondere wenn um Fragen wie Bürokratieabbau und die Einführung eines Provisionsverbotes geht. Eine Umfrage unter Finanzberatern zeigt ein anderes Bild.

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12:06 Uhr | 11. Juni | 2024
EU Bürokratieabbau

Auch in Bezug auf die EU-Projekte wie Digital Operational Resilience Act – (DORA), die Markets in Financial Instruments Directive (MiFID) und Financial Data Access and Payments Package (FIDA) erhoffen sich die Verbände wirtschafts- und vermittlerfreundliche Lösungen als vormals.

| Quelle: webphotographeer

Während es nach den Europawahlen 2024 vielfach darum geht, das Erstarken des rechten Randes aufzuarbeiten, hat procontra die Verbände BVK und Votum gefragt, was nach den Wahlen in Bezug auf die Interessen des Finanz- und Versicherungsvertriebes von der EU zu erwarten ist. Gemäß Hochrechnungen des Europäischen Parlaments kommt die Europäische Volkspartei (EVP) auf 184 von 720 Sitzen. Im scheidenden Parlament, das 705 Abgeordnete hat, ist sie mit 176 Abgeordneten vertreten. Damit wird die EU-Kommissionspräsidentin wohl auch künftig den Namen Ursula von der Leyen tragen.

Bürokratieabbau erhofft

Laut BVK-Präsident Michael H. Heinz könnte der Ausgang der Europawahl die Wirtschaft im Euroraum stärken, indem Bürokratie und Regulierungen abgebaut werden, ein Klimaschutz mit Augenmaß und eine realistische Sicherheitspolitik durchgeführt werden. „Das Wählervotum geht insgesamt in die Richtung der Stärkung der europäischen Wirtschaft und des Euroraums, bei einer gleichzeitigen Akzentuierung nationaler Interessen“, so Heinz. „Auch in Bezug auf die anderen EU-Projekte wie Digital Operational Resilience Act – (DORA), die Markets in Financial Instruments Directive (MiFID) und Financial Data Access and Payments Package (FIDA) wird das EU-Parlament nach unserer Einschätzung eher wirtschafts- und letztlich vermittlerfreundliche Lösungen finden als vormals.“

Martin Klein, Geschäftsführender Vorstand des Votum-Verbandes erwartet keine Verschlechterung. Zumindest wenn man die EU-Wahlen allein unter dem Gesichtspunkt der Auswirkung auf die aus Brüssel zu erwartende Regulierung für Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler betrachtet. „Parteien, die sich in der Vergangenheit für ein Provisionsverbot stark gemacht haben, wie etwa die Grünen und die SPD, haben zum Teil deutliche Verluste erlitten“, so Klein. „Auch in anderen Europäischen Ländern haben Parteien, die sich für derartige Verbote einsetzen, keine Mehrheiten gewinnen können.“

EU-Kleinanlegerstrategie

Bezogen auf die EU-Kleinanlegerstrategie und die Verhinderung von EU-weiten Provisionsverboten ist die Wahl laut BVK-Chef Heinz ausgesprochen ermutigend. Wir hoffen, dass sich das insbesondere bei den anstehenden Trilogverhandlungen zwischen dem neu gewählten EU-Parlament, der EU-Kommission und dem Ministerrat auswirken wird.

Nachhaltigkeit

Bei der Entwicklung nachhaltiger Finanzmärkte und einer modernen digitalen Infrastruktur bleibt die Entwicklung laut Votum-Chef Klein abzuwarten. „Grundsätzlich haben sich auch die konservativen Parteien, insbesondere die EVP, zu einer nachhaltigen Finanzwirtschaft bekannt. Wenn zukünftig mit mehr Augenmaß und weniger Bürokratismus agiert wird, der beispielsweise im Bereich der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage dazu geführt hat, dass eine Regulierung entwickelt wurde, die nicht praxistauglich ist, wäre dem Green-Deal mehr gedient als durch die Festlegung weiterer überbordender Informations- und Berichtspflichten.“

Das neu justierte europäische Parlament sollte aus Sicht von Klein der nächsten EU-Kommission hier ein klares Mindset mit auf den Weg geben, welches sich daran ausrichtet, die Wirtschaft von einem Korsett überflüssiger Regeln zu befreien, anstatt die nächste Regulierungswelle auszulösen.

Umfrage unter Finanzberatern

Wie „Das Handelsblatt“ berichtet, zeigt eine Umfrage unter Finanzberaterinnen und Finanzberatern der Bewertungsplattform Who Finance, welcher Partei die Berater am ehesten zutrauen, die europäische Einigung voranzutreiben. 61,5 Prozent der Befragten nannte dabei die CDU/CSU, gefolgt von der FDP mit 16,5 Prozent. „Finanzberater unterstützen Kunden bei wesentlichen finanziellen Entscheidungen und kennen ihre Sorgen und Nöte. Die Meinung der Berater ist also ein Spiegel der Kundenmeinung“, sagt Mustafa Behan, Gründer und Geschäftsführer von Who Finance gegenüber dem Handelsblatt.

Wenig Optimismus bei Regulierungen

Doch vor allem wenn es um Regulierungen geht, sind die Finanzberater viel weniger optimistisch als die Verbände. 87,5 Prozent der Befragten rechnen damit, dass die Regulierung des Finanzdienstleistungssektors auch in der neuen Zusammensetzung weiter zunimmt.

Der AfD wird keine Lösung des Altersvorsorge-Problems zugetraut

Wenn es um das Thema Altersvorsorge geht, trauen 44 Prozent der Finanzberater den Unionsparteien zu, die Altersvorsorge zukunftstauglich zu reformieren, gefolgt von der FDP mit 34 Prozent. Der AfD werden nur von 5,7 Prozent der Befragten die Kompetenzen zugesprochen, eine Lösung zu finden.