Aktuelle Auswertung zu Eigenanteilen

Pflege wird immer teurer

Trotz Reform steigen die Eigenanteile in der Pflege weiter: 2.548 Euro müssen Pflegebedürftige aktuell im Durchschnitt für eine Unterbringung im Heim bezahlen. Die Notwendigkeit einer privaten Absicherung wird damit drängender.

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14:07 Uhr | 18. Juli | 2023
Menschen besteigen Berg

Die Eigenanteile für eine Unterbringung im Heim steigen konstant in die Höhe. Für immer mehr Menschen wird ein Platz im Pflegeheim damit unbezahlbar.

| Quelle: guvendemir

Pflegebedürftige müssen in Deutschland immer tiefer in die Tasche greifen: Konstant klettern die Eigenanteile in die Höhe und nach einer aktuellen Auswertung des Verbands der Ersatzkassen (vdek) scheint eine Umkehr dieser Entwicklung nicht in Sicht. So müssen Heimbewohner im ersten Jahr (Stand 1. Juli) derzeit 2.548 Euro im Monat aus der eigenen Haushaltskasse berappen. Zum Stichtag 1. Januar 2023 hatte die Höhe der Eigenanteile noch bei 2.411 Euro gelegen, Anfang 2022 waren es 2.133 Euro gewesen. Damit ist augenscheinlich: Die im Januar 2022 eingeführte Pflegereform von Ex-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat ihr Ziel, Pflegebedürftige finanziell stärker zu entlasten, bislang verfehlt. Mit der Reform waren Entlastungszuschläge für Heimbewohner – gestaffelt nach Aufenthaltsdauer – eingeführt worden.

Belastung trotz Zuschlägen auf höherem Niveau

Damit liegen die Belastungen für Pflegebedürftige mit weniger als zwei Jahren Heimaufenthalt trotz der Zuschläge auf einem deutlich höheren Niveau als vor deren Einführung 2022 – und das, obwohl die Pflegekassen in diesem Jahr bereits mehr als vier Milliarden Euro für die Zuschüsse ausgegeben hätten, schreibt der vdek. Grund für den starken Anstieg seien vor allem die höheren Löhne für Pflegekräfte, für die die seit September 2022 geltende Tarifpflicht verantwortlich ist. Zudem hätten sich auch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung erhöht. Aus Sicht des vdek ist damit das Ende der Fahnenstange aber noch nicht erreicht: Vor dem Hintergrund der „aktuellen Tarifentwicklung und der „umzusetzenden neuen Personalbemessung“ geht er davon aus, dass die Eigenanteile bis Jahresende weiter steigen.  

So stark stiegen die Eigenanteile

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„Wir unterstützen die Maßnahmen für eine faire Bezahlung des Pflegepersonals und die Sicherstellung einer angemessenen Personaldecke in Pflegeheimen“, erklärte Jörg Meyers-Middendorf, Vertreter des vdek-Vorstands. Es könne aber nicht sein, dass die steigenden Kosten zu einem Großteil von den Pflegebedürftigen geschultert würden. „Wenn der Aufenthalt im Pflegeheim von immer mehr Menschen nicht mehr bezahlt werden kann, läuft etwas gründlich schief.“

Die Höhe der Eigenanteile fällt regional unterschiedlich aus. In Baden-Württemberg war die Pflege im ersten Aufenthaltsjahr bundesweit am teuersten: Hier bezahlen Pflegebedürftige im Schnitt 2.913 Euro pro Monat, am niedrigsten ist die Belastung in Sachsen-Anhalt mit 1.994 Euro.

Die höchsten Mehrkosten im Vergleich zum Vorjahr entstehen Pflegebedürftigen dabei im ersten Jahr ihres Heimaufenthalts. Hier stieg die monatliche Eigenbeteiligung innerhalb eines Jahres im bundesweiten Durchschnitt um 348 Euro – von 2.200 Euro im Jahr 2022 auf aktuell 2.548 Euro. Pflegebedürftige mit einer Aufenthaltsdauer ab zwölf Monaten zahlen 292 Euro mehr als im Vorjahr (2.007 Euro in 2022; 2.299 Euro in 2023). Eine Aufenthaltsdauer ab 24 Monaten schlägt mit einem Plus von 236 Euro und ab 36 Monaten von 165 Euro zu Buche.

Weitere Anhebung der Entlastungszuschläge geplant

Auch die seit 1. Juli dieses Jahres geltende, neue Pflegereform sieht Maßnahmen vor, um der steigenden Eigenanteile Herr zu werden: Ab 1. Januar 2024 sollen die Entlastungszuschläge auf die Pflegeleistungen weiter angehoben werden – abhängig von der Aufenthaltsdauer im Heim. Somit reduziert sich künftig bei einem Heimaufenthalt von bis zu einem Jahr der Eigenanteil um 15 statt wie bisher um fünf Prozent. Im zweiten Jahr sind es 30 statt 25 Prozent und im dritten Jahr des Heimaufenthaltes sollen die Eigenanteile um 50 statt bisher 45 Prozent zurückgehen. Ab dem vierten Jahr ist eine Reduzierung um 75 Prozent geplant (bisher: 70 Prozent). Die Kosten für die Unterbringung und Verpflegung im Heim tragen die Menschen weiter komplett allein.

Trotz der prekären Lage ist das Interesse der Bundesbürger in puncto private Pflegezusatzversicherungen gering ausgeprägt: Nach Angaben des PKV-Verbandes lag der Vertragszuwachs im vergangenen Jahr bei knapp 8.000 Policen – und war damit verschwindend gering.