Ausgabenmoratorium: Bezahlen die Krankenkassen bald keine Leistungen mehr?
Die gesetzliche Pflegeversicherung steckt finanziell in der Bredouille und für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) sieht es nicht viel besser aus. Doris Pfeiffer, Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands, fordert deshalb zeitnah entlastende Maßnahmen. „Für die kurzfristige Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung und zum Schutz der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler brauchen wir noch vor der Sommerpause ein Vorschaltgesetz, in dem ein Ausgabenmoratorium für sämtliche Leistungsbereiche festgelegt werden muss“, sagte sie der Reihnischen Post.
Doch was bedeutet das eigentlich, ein Ausgabenmoratorium? Könnte es passieren, dass die Krankenkasse plötzlich den Arztbesuch oder die Bandscheiben-OP nicht mehr bezahlt? Hierzu gibt der GKV-Spitzenverband auf procontra-Nachfrage Entwarnung:
„Um den Beitragsanstieg umgehend zu stoppen, brauchen wir für die gesetzliche Krankenversicherung ein Ausgabenmoratorium. Durch klare gesetzliche Vorgaben muss sichergestellt werden, dass die Krankenkassen künftig nicht mehr ausgeben müssen als sie einnehmen. Dadurch würde keine einzige Leistung wegfallen, aber die künftigen Preis- und Honoraranstiege zum Beispiel für Ärzte, Krankenhäuser und Medikamente würden sich an den Einnahmen orientieren“, sagte Verbandssprecher Florian Lanz. Schließlich seien keine Beitragserhöhungen mehr nötig, wenn die Ausgaben der Krankenkassen nicht mehr schneller steigen als deren Einnahmen.
Hoher Beitragsanstieg zum Jahreswechsel
Allerdings sehen die Krankenkassen in einem Ausgabenmoratorium nur eine Übergangslösung, bis die Finanzen der GKV durch nachhaltige Strukturreformen wieder im Gleichgewicht sind. „Aber falls es weder zu kurz- noch zu mittel- und langfristigen Maßnahmen kommen sollte, wäre eine hoher Beitragsanstieg zum Jahreswechsel die Folge und ein Ende in den kommenden Jahren wäre nicht absehbar“, so Lanz.
In den letzten drei Jahren hat sich der durchschnittliche GKV-Zusatzbeitrag von 1,3 auf offiziell 2,5 Prozent in etwa verdoppelt. Untersuchungen zufolge liegt er aber bereits jetzt schon bei rund 2,9 Prozent. Mittlerweile kommen fast jeden Monat neue Kassen aus der Deckung und erhöhen ihre Zusatzbeiträge weiter, um ihre Finanzlöcher zu stopfen. Als Hauptgründe werden die durch die Inflation stark gestiegenen Kosten, aber auch immer noch Corona-Nachholeffekte genannt.
Dazu kommt, dass sich anscheinend verschiedene Betrügerbanden auf die gesetzliche kranken- und Pflegeversicherung eingeschossen haben. Offenbar machen die Sozialkassen es ihnen einfach, weil es ihnen an einem aktuellen und umfassenden Datenaustausch miteinander mangelt.
Zudem lässt sich sagen: Auch wenn der GKV-Spitzenverband den Erhalt aller Leistungen zusichert, so stehen die Zeichen nicht gerade auf eine Verbesserung des GKV-leistungsportfolios und auch die finanzielle Stabilität der Kassen sah schon einmal besser aus. Vor diesem Hintergrund werden private Zusatzversicherungen attraktiver, die beispielsweise im Krankenhaus oder beim Zahnarzt Leistungen über dem GKV-Niveau zusichern.