Mehr als grüner Schein

Nachhaltigkeit auf dem Prüfstand: Greenwashing in der Versicherungsbranche?

Greenwashing, die grünere Darstellung von Produkten, als sie tatsächlich sind, betrifft längst nicht mehr nur die Mode- oder Luftfahrtbranche. Auch in der Versicherungswirtschaft ist dieses Phänomen zunehmend ein Thema.

08:01 Uhr | 22. Januar | 2024
Greenwashing

Mehr als ein grüner Anstrich: Auch in der Versicherungsbranche kommt es zu „Greenwashing“ – so erkennen Sie wirklich nachhaltig agierende Unternehmen.

| Quelle: Tanaonte

Als „Greenwashing“ wird eine irreführende Marketingstrategie bezeichnet, bei der Unternehmen ihre Produkte oder Dienstleistungen als umweltfreundlicher darstellen, als sie tatsächlich sind. Es wird ein ökologisches und soziales Image aufgebaut, durch den Fokus auf bestimmte umweltfreundliche Initiativen, während die Unternehmen gleichzeitig in umweltschädliche Praktiken involviert sind. Dieses Phänomen begegnet uns in vielen Branchen und bei unterschiedlichsten Unternehmen. In der Bekleidungsindustrie, wo einzelne Produkte aus nachhaltiger Baumwolle angeboten werden, aber das restliche Geschäft beispielsweise mit „Fast Fashion“ aus nicht nachhaltiger Produktion stammt. Oder Fluglinien, die zum Langstreckenflug direkt den CO2-Ausgleich mitverkaufen.

Greenwashing in der Versicherungsbranche

Auch in der Versicherungsbranche kommt es zu Greenwashing: Es zeigt sich hier durch das Angebot von „nachhaltigen“ Versicherungsprodukten, die bei genauerer Betrachtung allerdings nur oberflächlich oder gar nicht nachhaltig sind und nicht die behaupteten ökologischen oder sozialen Standards erfüllen.

Wie können nachhaltige Versicherungsprodukte erkannt werden?

Echte nachhaltige Versicherungsprodukte zeichnen sich durch transparente und verantwortungsvolle Investitionspraktiken aus. Die Netto-Versicherungsbeiträge werden in nachhaltige Kapitalanlagen investiert und Investitionen in Branchen, die schädlich für die Umwelt oder die Gesellschaft sind werden ausgeschlossen, wie beispielsweise Kernkraftwerke oder die Rüstungsindustrie.

Viele Versicherer, die tatsächlich nachhaltig arbeiten und nachhaltige Versicherungsprodukte anbieten, handeln oftmals nach den „ESG Kriterien“ und bekennen sich zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen und zum European Green Deal. Sie erstellen „Positiv-“ und „Negativlisten“, mit Kapitalanlagen, die diesen Werten entsprechen. Des Weiteren sollte insgesamt auch auf eine nachhaltige Unternehmensausrichtung geachtet werden.

Checkliste für Versicherungsmakler zur Erkennung von Greenwashing

Um tatsächlich die Nachhaltigkeit von Versicherern und von Versicherungsprodukten zu bewerten und Greenwashing ausschließen zu können, können sich Versicherungsmakler an diesen fünf Punkten orientieren:

  • Überprüfung der Nachhaltigkeitsberichte: Erstellt das Unternehmen Nachhaltigkeitsberichte? Sind die Berichte detailliert und transparent?

  • Investitionsstrategie: In welche Bereiche werden tatsächlich die Netto-Versicherungsbeiträge investiert? Gibt es Widersprüche zwischen Behauptung und Praxis?

  • Unternehmensethik und -praxis: Stehen die ethischen Richtlinien des Unternehmens in Einklang mit dessen Nachhaltigkeitsbehauptungen?

  • Versicherungsprodukte: Sind diese tatsächlich nachhaltig ausgelegt? Werden beispielsweise bei einer Wohngebäudeversicherung Mehrkosten übernommen, wenn sich im Fall eines Wiederaufbaus für nachhaltige Materialien entschieden wird?

  • Kundenbewertungen und Marktwahrnehmung: Wie wird das Produkt von Kunden und in der Branche wahrgenommen?

  • Regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung: Werden die Nachhaltigkeitspraktiken regelmäßig überprüft und aktualisiert?

„Green Claims Directive“: Greenwashing in der EU bekämpfen

Um Greenwashing in der EU zu bekämpfen hat die Europäische Kommission die „Green Claims Directive“ ins Leben gerufen und im März 2023 erstmalig vorgestellt. Diese Richtlinie zielt darauf ab, klare und vergleichbare Kriterien für umweltbezogene Behauptungen zu schaffen und damit eine einheitliche Grundlage für deren Überprüfung zu bieten. Es wird erwartet, dass die „Green Claims Directive“ dazu beiträgt, irreführende Werbeaussagen zu reduzieren und das Vertrauen der Verbraucher in nachhaltige Produkte zu stärken. Die Richtlinie legt fest, dass Umweltbehauptungen auf wissenschaftlichen Methoden basieren müssen und klar, vergleichbar und nachprüfbar sein sollen. Dies gilt für alle Produkte und Dienstleistungen, die in der EU vermarktet werden.

Durch die Einführung, voraussichtlich im Laufe 2024, wird ein verbindlicher Rahmen geschaffen, der sicherstellt, dass Nachhaltigkeitsaussagen in der EU verlässlich und transparent sind. Dies ist ein wichtiger Schritt, um Greenwashing effektiv zu bekämpfen und gleichzeitig nachhaltige Praktiken in der Wirtschaft zu fördern.