Wann ist die Beratung ausreichend dokumentiert?
Die meisten Versicherungsvermittler dürften die folgende Situation schon einmal erlebt haben: Man kommt mit vielen guten Beratungsansätzen zum Kunden, doch im Gespräch möchte dieser dann nur den einen, für ihn brennenden Punkt abhaken. Über den Abschluss weiterer Produkte oder die Aufstockung seines Versicherungsschutzes in bestehenden Verträgen möchte er nicht sprechen.
Dieses mehr oder weniger ernüchternde Ergebnis muss der Vermittler in der Dokumentation des Beratungsgesprächs festhalten und sich vom Kunden unterschreiben lassen. Aber wie umfangreich sollte die abgeneigte Haltung des Kunden eigentlich dokumentiert werden? Reicht dafür lediglich ein Satz wie beispielsweise „Der Kunde wünscht über die Unfallversicherung hinaus keinerlei Beratung“?
„Grundsätzlich sollte das reichen. Ich kann dem Kunden schließlich eine Beratung nicht aufdrängen“, erklärt Norman Wirth, Fachanwalt für Versicherungsrecht, auf procontra-Nachfrage. Gleichzeitig merkt er an, dass es ein „komplett auf der rechtssicheren Seite“-Sein nie geben wird beziehungsweise, dass man das so pauschal nicht sagen kann.
Anlassbezogene Beratungspflicht beachten
Denn Vermittler müssen, so Wirth, auch fortlaufend darauf achten, ihre anlassbezogene Beratungspflicht zu erfüllen. Ein Beispiel dafür ist, wenn ein Kind des Kunden bald 18 Jahre alt wird, dann theoretisch das Familienauto allein fahren könnte und er somit in den Fahrerkreis der Kfz-Versicherung aufgenommen werden müsste. Wirth fügt ein weiteres Beispiel hinzu: „Am Haus des Kunden ist ein Baugerüst. Das wäre für die Hausratversicherung gefahrerheblich und müsste gemeldet werden.“ In solchen Fällen wird der Vermittler seiner anlassbezogenen Beratungspflicht nur gerecht, wenn er diese Punkte anspricht.
Doch was, wenn der Kunde den entsprechenden zusätzlichen Versicherungsschutz ablehnt beziehungsweise sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht damit befassen will? Schließlich kann sich der Vermittler haftbar machen, wenn der Kunde durch mangelnden Versicherungsschutz auf einem zukünftigen Schaden sitzen bleibt.
Jedes „Nein“ dokumentieren
„Ganz besonders wichtig zu dokumentieren sind die ‚Neins‘ der Kunden“, rät Wirth. Er empfiehlt, solche konkreten Anlässe zu dokumentieren und dazu die Ablehnung des Kunden, also dass dieser darüber nicht sprechen möchte. Das gelte zum Beispiel auch dafür, wenn der Kunde eine BU nicht abschließen will, weil sie ihm zu teuer ist. Laut Wirth könnte das wie folgt aussehen: „Kunde wurde auf die Notwendigkeit hingewiesen, über die Versicherung xy zu sprechen, da die Gefahr besteht, dass kein hinreichender Versicherungsschutz besteht. Damit bestünde das Risko, dass …. Kunde wünscht hierzu im Termin nicht weiter zu sprechen. Ein Folgetermin wurde angeregt. Kunde will sich dazu bis zum xy melden.“
Doch auch solche Termine muss der Vermittler auf dem Schirm behalten, um sich in alle Richtungen abzusichern. „Nach fruchtlosem Verstreichen des Termins, wie hier im Beispiel, sollte er dann aktiv auf den Kunden zugehen“, so Wirth.