Politischer Diskurs

Dürfen Versicherungsvermittler „schwierige Kunden“ ablehnen?

Ob Rechtsextrem oder Ampel-Fan – die aufgeheizte politische Diskussion findet immer mehr ihren Weg über Social Media in das berufliche Umfeld. Aber darf ich als Berater Kunden ablehnen, deren Gesinnung ich nicht teilen kann? Eine rechtliche Einschätzung von Fachanwalt Norman Wirth.

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14:01 Uhr | 25. Januar | 2024
Norman Wirth

Rechtsanwalt und AfW-Vorstandsmitglied Norman Wirth

| Quelle: AfW

Der Business Knigge hat es jahrelang vorgegeben: Politik, Religion und Sex haben im Arbeitskontext nichts verloren. Doch diese Regel scheint an Bedeutung zu verlieren. Social Media sorgt für Sichtbarkeit und befeuert immer aufgeheiztere Diskussionen, die inzwischen auch im Business-Umfeld geführt werden. Das wirkt sich auf Geschäftsbeziehungen aus.

Die „Bild“-Zeitung berichtete unlängst von einem Zahnarzt, der sich aus Solidarität mit den Landwirten weigerte, Ampel-Fans noch weiter zu behandeln. Die nötigen Informationen sind schnell gefunden: Die Einstellung von Freunden, Verwandten und eben auch Kunden lässt sich heutzutage leicht im WhatsApp-Status, bei LinkedIn, Facebook und Co. nachvollziehen. Dabei kann es um politische Vorstellungen gehen, aber auch um Religion oder Gendern. Und es kann ­– wie bei dem Zahnarzt - so weit gehen, dass die Kundebeziehung plötzlich so gestört ist, dass sie nicht mehr erwünscht ist.

Doch wie sähe so ein Fall in der Versicherungsvermittlung aus? Laut Norman Wirth, Fachanwalt für Versicherungsrecht, gilt: Wir haben Vertragsfreiheit. „Eine Maklerin oder ein Makler können ohne weiteres die vertragliche Zusammenarbeit mit potenziellen Kunden von vornherein ablehnen, aus welchen Gründen auch immer. Ob nun wegen rechtsextremer oder auch sozialdemokratischer Äußerungen oder weil es Katzenliebhaber sind - die Gründe für die Ablehnung eines Mandats können vielfältig sein“, so Wirth.

Geht es dabei um Neukunden ist die rechtliche Lage demnach noch einfach: „Wenn ein Makler der Meinung ist, dass er aufgrund der politischen, religiösen oder sonstigen Überzeugungen eines potenziellen Kunden mit diesem nicht zusammenarbeiten will, vor allem, weil dann kein – notwendiges - Vertrauensverhältnis entstehen kann, kann ihm ein Maklervertrag nicht aufgedrängt werden“, so Wirth.

Berufliche Sorgfaltspflicht darf nicht vernachlässigt werden

Wenn zwischen dem Makler und der betreffenden Person bereits ein Maklervertrag besteht, müsste dieser allerdings gekündigt werden. Dabei gilt es jedoch zu beachten, welche vertraglichen Pflichten dennoch seitens des Vermittlers eingehalten werden müssen, wie etwa das Jahresgespräch. Laut Wirth gibt es allerdings keine gesetzliche Pflicht, ein Jahresgespräch durchzuführen, es sei denn, der Makler hat sich vertraglich dazu verpflichtet. „Hat er dies getan, muss er seinen vereinbarten Pflichten auch nachkommen. Ansonsten bleibt ihm nichts anderes, als den Maklervertrag zu beenden und auch dann gelten die allgemeinen Regeln“, so Wirth.

Vertragliche Verpflichtungen: Der Makler muss die Bedingungen des Maklervertrags beachten. In der Regel enthält der Vertrag Regelungen zur Kündigung der Zusammenarbeit. Die Kündigungsfristen und -bedingungen müssen eingehalten werden.

Berufliche Sorgfaltspflicht: Der Makler ist verpflichtet, die Interessen seines Kunden bis zum Ende der Vertragsbeziehung gewissenhaft zu vertreten. Dies bedeutet, dass er bis zum Ende der Zusammenarbeit alle laufenden Angelegenheiten korrekt und professionell handhaben muss und den Kunden über wichtige Angelegenheiten, die dessen Versicherungsschutz betreffen, bis zum Ende der Zusammenarbeit informiert.

Datenschutz und Vertraulichkeit: Der Makler muss sicherstellen, dass alle Kundendaten und vertraulichen Informationen auch nach Beendigung der Zusammenarbeit geschützt bleiben. Dies steht im Einklang mit den Datenschutzgesetzen wie der DSGVO.

Kommunikation mit dem Kunden: Die Entscheidung, die Zusammenarbeit zu beenden, sollte klar und professionell mitgeteilt werden. Es ist ratsam, dies schriftlich zu tun, um Missverständnisse zu vermeiden und eine Dokumentation zu haben.

Übergabe laufender Angelegenheiten: Falls es laufende Versicherungsangelegenheiten gibt, sollte der Makler für eine ordnungsgemäße Übergabe an den Kunden oder einen neuen Makler sorgen.

Beachtung der Haftungsrisiken: Der Makler sollte eventuelle Haftungsrisiken bedenken, die aus der Beendigung des Vertragsverhältnisses resultieren könnten, insbesondere wenn dies zu Nachteilen für den Kunden führen.