PKV-Maklerin klärt auf

Prädiktive Krebstests: Wann müssen Kunden ihrem Versicherer das Ergebnis mitteilen?

Krebserkrankungen sind zum Teil erblich bedingt. Prädiktive Krebstests können Aufschluss über das Erkrankungsrisiko geben. Müssen Kunden ihren Versicherer über das Ergebnis informieren?

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11:10 Uhr | 02. Oktober | 2023
Anja Glorius

Anja Glorius ist Geschäftsführerin der KVoptimal.de GmbH.

| Quelle: KVoptimal & Getty Images/Spiderstock

procontra:

Angenommen ein PKV-Interessent hat einen prädiktiven Gentest gemacht, um herauszufinden, wie hoch sein erblich bedingtes Krebsrisiko ist: Muss er das Ergebnis in der Risikovoranfrage dem Versicherer mitteilen?

Anja Glorius:

Wenn der Test tatsächlich aufgrund einer familiären Disposition und somit prädiktiv durchgeführt wurde, besteht keine Anzeigepflicht. Viele Gentests werden jedoch diagnostisch vorgenommen, das heißt, es liegen bereits Beschwerden oder Behandlungen vor und der Test dient der Klärung der Diagnose. In diesem Fall ist er anzeigepflichtig. Im Gendiagnostikgesetz steht klar und eindeutig: „Der Versicherer darf von Versicherten weder vor noch nach Abschluss des Versicherungsvertrages die Vornahme genetischer Untersuchungen oder Analysen verlangen oder die Mitteilung von Ergebnissen oder Daten aus bereits vorgenommenen genetischen Untersuchungen oder Analysen verlangen oder solche Ergebnisse oder Daten entgegennehmen oder verwenden.“

procontra:

Gibt es Ausnahmen und dürfen Versicherer einen solchen prädiktiven Krebstest vorab verlangen?

Glorius:

Bei keiner Versicherung muss dies angezeigt werden, solange es sich nicht um Erkrankungen oder Beschwerden handelt. In der Lebens-, der Berufsunfähigkeits-, der Erwerbsunfähigkeits- und Pflegeversicherung ändert sich diese Regelung jedoch ab einer Versicherungssumme von 300.000 Euro oder einer Jahresrente von 30.000 Euro. Dann dürfen Versicherer die Vorlage von Testergebnissen verlangen. Das ist einer der Gründe, warum die BU-Absicherung oder Risikolebensversicherung bei hohen Summen auf verschiedene Risikoträger beziehungsweise Versicherer verteilt wird.

procontra:

Was, wenn tatsächlich ein erblich bedingtes Krebsrisiko besteht: Müssen Versicherte damit rechnen, dass ihnen die PKV gekündigt wird?

Glorius:

Ein erbliches Risiko muss nicht angezeigt werden, solange es keine Erkrankung oder Beschwerden gibt. Oft dient das prädiktive Gentestergebnis dazu, Wahrscheinlichkeiten zu ermitteln, also herauszufinden, wie groß eine genetische Vorbelastung ist.

procontra:

Führt eine fehlende Angabe im schlimmsten Fall zu einem Leistungsausschluss oder eine Kündigung?

Glorius:

Wenn es sich um einen diagnostischen Gentest handelt, könnte dies durchaus zu einem Rücktritt oder einer Kündigung führen. Bei einem prädiktiven Test ist das jedoch nicht der Fall.

procontra:

Gibt es Anbieter, die die Kosten eines solchen Tests für ihre Neu- und Bestandskunden übernehmen?

Glorius:

Da prädiktive Gentests grundsätzlich nicht medizinisch notwendig sind, also weder eine Erkrankung noch Beschwerden vorliegen, werden sie von der PKV in der Regel nicht erstattet. Es kann jedoch vorkommen, dass es aus Kulanz zu Erstattungen kommt. Diagnostische Gentests hingegen sind erstattungsfähig, sofern sie für die Diagnosestellung notwendig sind. Innerhalb des PKV-Verbandes gibt es jedoch auch Vereinbarungen, die konkrete prädiktive Gentests abdecken, wie zum Beispiel der Test auf Brust- und Eierstockkrebs.

procontra:

Richten Versicherer mittlerweile mehr auf den Blick in die Zukunft und nehmen Abstand von den Gesundheitsfragen mit Fokus auf die Vergangenheit?

Glorius:

Versicherer bleiben im Großen und Ganzen ihrer Linie treu. Sie leiten die Zukunft aus der Vergangenheit ab. Wer bereits erkrankt ist, kann mit einem Risikozuschlag belegt oder teilweise sogar mit einem Leistungsausschluss, wie es bei Sehhilfen oder Zahnersatz der Fall sein kann, konfrontiert werden. Der Zugang zur Versicherung wird also erschwert. Auch im Leistungsfall bleibt man konsequent. Gemäß den Musterbedingungen der Krankenversicherung werden Leistungen nur dann erstattet, wenn gesundheitliche Einschränkungen vorliegen. Das bedeutet, präventive Maßnahmen wie traditionelle chinesische Medizin oder prädiktive Gentests bleiben weiterhin ein privates Vergnügen für PKV-Versicherte.

Anja Glorius ist PKV-Spezialmaklerin und schreibt in ihrem Blog über Entwicklungen rund um private Kranken- und Berufsunfähigkeitsversicherung.