Vor- und Nachteile des Trends

Kann jeder Makler einfach einen Assekuradeur gründen?

Gründungen, Kooperationen, Übernahmen – vieles dreht sich gerade um Assekuradeure. Können Makler in Krisenzeiten einfach auf diesen Zug aufspringen? Oder ist es kein Business für jedermann?

Author_image
15:12 Uhr | 19. Dezember | 2024
Mann am Routieren

Die Gründung eines Assekuradeurs ist mit vielen Anforderungen und Aufgaben verbunden.

| Quelle: invincible_bulldog

Assekuradeure stehen hoch im Kurs. Immer mehr der „Halb Vermittler, halb Versicherer“-Firmen werden gegründet oder weiten ihre Angebote aus. Zudem betonen Versicherer, aber auch Investoren aus dem Ausland ihr Interesse am Ausbau einer Zusammenarbeit mit Assekuradeuren. Mit Konzept & Marketing wurde kürzlich einer der größten und bekanntesten Assekuradeure auf dem deutschen Markt von dem internationalen Investor Oakley Capital übernommen. Die Investoren sehen offenbar großes Potenzial in dieser Geschäftsform – auch wenn diese nicht unfehlbar ist, wie die kürzliche Cogitanda-Insolvenz belegt.

Besser fahren mit eigenem Deckungskonzept

Den Trend hin zum Assekuradeur bemerken auch die Versicherer. „Die Anzahl der Anfragen [Anm. d. Red.: für solche Partnerschaften] hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht“, sagte eine Ergo-Sprecherin auf procontra-Nachfrage. Herzstück der Assekuradeure sind eigene Deckungskonzepte, die sie unter neuen Marken beziehungsweise Produktnamen anbieten. Doch dafür brauchen sie ganz klassische Versicherungsunternehmen mit BaFin-Lizenz als Risikoträger. Einen immerhin leichten Zuwachs in den letzten Jahren nimmt man auch bei Hiscox wahr. Allerdings ist der Spezialversicherer auch in einem weitaus kleineren Geschäftsfeld aktiv als die Ergo. „Wir sind in regelmäßigem Austausch mit einer Vielzahl von Assekuradeuren“, erklärt Tobias Wenhart, Director Marketing, Product & Digital Channels bei Hiscox Deutschland. Dabei gehe es auch um den Ausbau von Kollaborationsmöglichkeiten mit bestehenden Partnern.

Pluspunkt: Eigene Abwicklungsprozesse

Doch was motiviert eigentlich die zahlreichen Gründer dazu, Assekuradeure zu betreiben? Hört man sich im Markt um, stößt man ganz überwiegend auf die Kernidee, eine spezielle Zielgruppe optimal zu versichern. „Die Entwicklung und Preisgestaltung von eigenen Deckungskonzepten bieten uns dafür die notwendige Flexibilität“, sagt Marcel Neumann, Chief Sales & Product Officer bei der auf Oldtimer-Schutz spezialisierten OCC Assekuradeur GmbH.

Neben dem Angebot eigener Versicherungsprodukte übernehmen die Assekuradeure auch die meisten Service-Aufgaben der Versicherer. Underwriting, Inkasso, Schadenregulierung, Vertragsverwaltung. „Eigene Abwicklungsprozesse stärken die Bindung zu unseren Kunden und sind ein weiterer Vorteil auch in herausfordernden Zeiten“, weiß Neumann. Sicherlich ist das auch ganz aktuell ein Pluspunkt, da vor allem zahlreiche Schadenversicherer derzeit intensiv ihre Bestände aussortieren, um sich von den stark gestiegenen Material- und Personalkosten zu sanieren.

Voraussetzungen für die Gründung

Die Kernidee der Assekuradeure vertritt auch Ingolf Putzbach. „Makler verfügen oft über das nötige Knowhow und sind so in der Lage, ihren Kunden passgenaue Lösungen zu bieten“, betont der Geschäftsführer des auf Tierversicherungen spezialisierten Assekuradeurs Cleos Welt. Aber sollte deshalb nun jeder Makler mit Spezialgebiet einen Assekuradeur gründen, um in diesen schwierigen Zeiten seine Kunden an sich zu binden und neue zu gewinnen? Grundsätzlich könne das jeder tun und benötige dafür nur eine Gesellschaft mit dem Status eines gebundenen Vermittlers, weiß Putzbach. Aus seiner Sicht besteht die größte Herausforderung darin, einen geeigneten Risikoträger zu finden. Hier empfiehlt er Gesellschaften, zu denen bereits eine langjährige Geschäftsbeziehung besteht. „Zudem gibt es im Ausland Spezialversicherer, die über das Assekuradeurmodell Risiken in Deutschland zeichnen können“, so Putzbach.

Ressourcen und stabile IT-Infrastruktur

Doch über Status und Risikoträger hinaus müssen Vermittler noch deutlich mehr Anforderungen erfüllen. „Die Geschäftsprozesse und die Technik müssen compliant gestaltet werden, da sie der Überprüfung durch interne Revision oder Wirtschaftsprüfer des Risikoträgers standhalten müssen“, erklärt der Chef von Cleos Welt. Zudem werde der Assekuradeur in der Regel am Erfolg oder Misserfolg eines Portfolios beteiligt. Neumann nennt weitere Voraussetzungen für die Gründung: „Zunächst sollte ein Businessplan erstellt werden, der Produkte, Zielgruppen und Finanzplanung definiert.“ Überall seien Ressourcen notwendig, auch eine stabile IT-Infrastruktur müsse aufgebaut werden und nach dem Markteintritt müsse das Geschäft kontinuierlich optimiert und skaliert werden.

Darauf schauen Versicherer

Dazu kommen die Anforderungen der Risikoträger an ihre Partner. Von hoher Expertise für die jeweilige Zielgruppe spricht man bei Ergo und Hiscox unisono. Beide würden die Kooperationen mit neuen Assekuradeuren sehr genau selektieren. Darüber hinaus müsse auch insgesamt Professionalität vorhanden sein, etwa in den Bereichen Pricing, Schadenbearbeitung, Vertragsverwaltung und Compliance. Natürlich ist das Engagement der Versicherer als Risikoträger kein Good-Will-Geschäft. Ihnen winkt dadurch der Zugang zu Verträgen und ganzen Zielgruppen, die sie normalerweise nicht erreichen würden. Dies hänge auch mit der Schnelligkeit zusammen, mit der Assekuradeure neue Ideen umsetzen würden, meinen die Versicherer.  

Dies deutet darauf hin, dass Assekuradeure hierzulande noch eine große Zukunft haben. Als schnelle Sofortmaßnahme für jedermann, um in Krisenzeiten Kundenbindung zu betreiben und Neuabschlüsse zu erzielen, ist es aber eher nicht.