Reform der privaten Altersvorsorge

„Wir befürchten mehr eine ideologische als eine sinnvolle Lösung“

Seit Januar arbeitet eine Fokusgruppe der Bundesregierung an Reformvorschlägen für die private Altersvorsorge. Das IVFP sieht die bisherige Entwicklung kritisch und hat nun ein eigenes Reformkonzept vorgelegt. Doch in welcher Rolle agiert die Ratingagentur hier?

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09:03 Uhr | 29. März | 2023
Fokusgruppe private Altersvorsorge

Von der Arbeit der „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ erhoffen sich die Menschen einen vollen Geldbeutel im Ruhestand. Beim IVFP sieht man die Arbeit der Expertenrunde hingegen kritisch.

| Quelle: eclipse_images

Die Rente ist sicher – solange man privat etwas dafür tut. Dieser Ansicht ist längst auch die Bundesregierung und hat deshalb Anfang des Jahres die „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ auf ihre Mission geschickt, konkrete Verbesserungsvorschläge für eben diesen Bereich zu erarbeiten.

Dass diese neue Expertengruppe aber mit einem unvoreingenommenen Brainstorming an ihre Aufgabe herangeht, ist unwahrscheinlich. Die Teilnehmer stammen aus verschiedenen Interessenbereichen, von denen einige bereits vor dem Start der Fokusgruppe eigene Reformkonzepte beworben oder zumindest entwickelt haben – zum Beispiel der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mit seiner „Extrarente“ oder der GDV mit seiner „Bürgerrente“. Dazu kommen noch Vertreter aus der Politik, die sich beispielsweise Ende 2021 mit einem damals von Olaf Scholz geführten Bundesfinanzministerium nicht um einen weiterhin profitablen Vertrieb der Riester-Rente eingesetzt hatten und sich damit indirekt in die Karten schauen ließen. Vielmehr stehen dafür die Themen öffentlich-verwaltete Fonds und generell das verstärkte fondsbasierte Sparen auf der Agenda.  

Dass es bei einem solchen Gemenge von Interessenvertretern schwierig werden dürfte, allgemeindienliche Vorschläge zu erarbeiten, glaubt man auch beim Institut für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP). „Die Sorge besteht tatsächlich, dass das Ergebnis der Fokusgruppe mehr eine ideologische Lösung wird als eine sinnvolle Lösung für die breite Masse der Menschen“, sagte dessen Marketingleiterin Tatjana Schmid auf procontra-Nachfrage. Dass die Fokusgruppe die Optionen für die private Altersvorsorge zu sehr einschränken und gleichschalten könnte, wodurch Ratingagenturen wie das IVFP weniger zu tun hätten, sei dabei nicht ihr Antrieb. „Die Erfahrungen der letzten 20 Jahre zeigen, dass bei jeder Änderung noch mehr Arbeit auf uns zukommt. Der Bedarf an Information und Beratung ist aufgrund der Komplexität des Themas per se vorhanden“, sagte Schmid.

Basisrente und Riester erhalten

Damit die Arbeit der Fokusgruppe aus seiner Sicht nicht in die falsche Richtung steuert, hat das IVFP kürzlich eigene Vorschläge gemacht und adressiert diese auch konkret an den neuen Expertenrat und die Bundesregierung. Im Kern geht es um den Erhalt von Basis- und Riester-Rente, allerdings zu geänderten Förderbedingungen. Beispielsweise sollen die Leistungen aus der neuen Zulagenrente komplett steuerfrei sein, jeder soll Zulagen erhalten können und als zusätzliche staatliche Förderung zu den pauschalen Zulagen sollen pauschal 50 Cent on top zu jedem selbst gezahlten Euro kommen. Auf diesem Wege sollen neben Geringverdienern und kinderreichen Familien auch alle anderen angesprochen werden.

Dieses Fördersystem sowie die 30-prozentige Kapitalisierbarkeit sollen nach dem Willen des IVFP auch auf die Basisrente angewandt werden. Zudem sollen Altersvorsorgeprodukte der 3. Schicht in der Auszahlungsphase pro Jahr Steuerfreiheit für drei Prozent des Kapitalvermögens erhalten. Dies solle die Menschen dazu bewegen, nicht übereilt die Kapitalauszahlung ihrer Altersvorsorge zu wählen und dann in die Langlebigkeitsfalle zu tappen. Das vollständige Konzeptpapier des IVFP gibt es hier nachzulesen.

„Natürlich erhoffen wir auch jetzt, dass die Fokusgruppe und dann die Regierung die aus unserer Sicht sehr vernünftigen Vorschläge aufgreift“, betonte Schmid. Man sitze zwar bei der Fokusgruppe nicht mit am Tisch, beanspruche aber für sich, die Systematik und Problematik der privaten Altersvorsorge sehr gut zu kennen. Die Ratingagentur vertrete nicht die Meinung einer bestimmten Partei oder eines Verbandes. Man wolle lediglich erreichen, dass vernünftige Reformvorschläge zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger entwickelt werden.