Riester: Kundenfrust bei Debeka, Proxalto & Co.

Die Riester-Rente ist 20 Jahre alt und hat akuten Reformbedarf. Geändert hat die alte Regierung nichts. Gerade bei den Kosten müssen die Versicherer mehr Fairness walten lassen, wie Beispiele von Finanztest zeigen.

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14:01 Uhr | 25. Januar | 2022
Die Riester-Kosten sind mitunter intransparent. Hier sollten Vermittler für Klarheit beim Kunden sorgen. Bild: Pixabay/Michael Schwarzenberger

Die Riester-Kosten sind mitunter intransparent. Hier sollten Vermittler für Klarheit beim Kunden sorgen. Bild: Pixabay/Michael Schwarzenberger

20 Jahre nach ihrer Einführung ist die Riester-Rente hinsichtlich Rentabilität, Marktdurchdringung, gewünschter Kundengruppen sowie Verbreitung ein Erfolg. Zu diesem Schluss kommt die Studie „Die Riester-Rente: ‚Abwracken‘ oder ‚Aufrüsten‘?“. Die durchschnittliche Nettorendite nach Kosten, Förderung und Besteuerung betrug demnach 3,4 Prozent für das Jahr 2018.

Dennoch müssten Fördersystematik und laufende Verwaltung  deutlich vereinfacht werden. Ebenso sollte die obligatorische Beitragsgarantie flexibilisiert und den Kunden die Wahlmöglichkeit gegeben werden, in chancenreichere Produkte zu investieren. Die Riester-Rente soll einfacher, billiger und effizienter werden. Dies bestätigt auch eine Umfrage der Stiftung Warentest, veröffentlicht in der Februar-Ausgabe von Finanztest.

Danach gibt es laut Finanztest-Übersicht derzeit für Neukunden nur noch einen einzigen Fondssparplan-Anbieter, keinen Anbieter für einen Banksparplan, sechs Anbieter für Wohn-Riester und 35 Versicherer, die Riester-Tarife anbieten. 17 dieser Versicherer haben einen Tarif mit Garantiezins.

Weniger Garantiezins bei erhöhtem Eigenbeitrag

Kritik gibt es in einer parallelen Leser-Umfrage vor allem zu hohen Kosten bei Riester-Rentenversicherungen und neuerdings auch zu Problemen mit der bisherigen Garantiehöhe bei Gehaltserhöhung. So reklamierte ein Kunde mit bisher 2,25 Prozent Garantiezins seiner Riester-Rentenversicherung bei der Debeka, dass der Versicherer für den Teil des erhöhten Eigenbeitrags nach einer Gehaltserhöhung nun nur noch 0,25 Prozent Garantie gibt. Das Problem ist auch in der bAV-Entgeltumwandlung mit dem AG-Zuschuss in Bestandsverträgen bekannt.

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„Es geht womöglich nicht ohne Anwalt“, schreibt Finanztest, denn die Debeka weise Kunden ab und habe in der Sache schon vor mehreren Land- und Amtsgerichten Recht bekommen. Andererseits gibt es auch anders lautende Urteile. Das OLG Koblenz hatte im letzten Sommer einen Vergleich vorgeschlagen, den beide Seiten angenommen haben (Az.: 10 U 1500/20). Demnach bleibt es bei dem ursprünglich vereinbarten Rechnungszins, solange der Kunde im vereinbarten Versicherungstarif verbleibt.

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Das Problem am Beispiel der Debeka

„Dennoch bleibt die Debeka grundsätzlich bei ihrer Rechtsauffassung und spricht von einer Einzelfallentscheidung“, sagt Rechtsanwalt Dr. Udo Ostermann aus Bamberg, der den Kunden vor dem OLG vertreten hat. Auch andere Kunden, die den alten Zins bei einer Eigenbeitragserhöhung behalten wollten, seien vom Versicherer abgewimmelt worden. „Wenn allerdings dieselben Versicherungsnehmer unsere Kanzlei beauftragen, lenkt der Versicherer ein“, so Ostermann weiter.

Die Debeka war bereits früher unangenehm aufgefallen, als sie bei Verträgen mit Dynamik für den Erhöhungsbeitrag einen deutlich niedrigen Garantiezins gewährte als bei Vertragsabschluss vereinbart. Als der Kunde klagte, lenkte der Versicherer im Einzelfall ein.

Erneute Abschluss- und Vertriebskosten?

Ein anderes sind Ärgernis sind wiederholte Abschlusskosten bei Riester-Verträgen. So wurde vielfach lange Zeit jede Erhöhung des Beitrags wie ein Neuabschluss des Vertrags behandelt und führte zu neuen Kosten. Der Branchenverband GDV hatte seine Mitglieder daraufhin zu individuellen Lösungen auf dem Kulanzweg aufgefordert. Seither scheint das Problem gelöst. Vereinzelt wurden jedoch Riester-Kunden nach Senkung des Eigenbeitrags weiterhin nicht die Abschluss- und Vertriebskosten reduziert, darunter auch beim Volkswohl Bund und der Allianz.

Im Jahr 2019 wies das Bundes-Finanzministerium laut Finanztest die Versicherer darauf hin, dass diese überhöhten Abschlusskosten unzulässig sind (BMF-Schreiben vom 14. März 2019; Randziffer 29). Folge: Die Courtage für Vermittler muss ebenfalls etwas nach unten korrigiert werden. „Das BMF-Schreiben gibt uns keine Handhabe für eine Reduzierung der Abschlussvergütung“, hieß es seinerzeit auf Nachfrage von procontra beim Volkswohl Bund. Grund: Die Courtage war komplett nach den ersten fünf Jahren Beitragszahlung verdient.

Das Problem am Beispiel der Proxalto

Aktuell beschäftigt den Versicherungsombudsmann ein anderes Problem: Wenn ein Kunde zu Jahresbeginn die Beitragszahlung zunächst aussetzt und fehlende Beiträge dann am Jahresende mit einer größeren Sonderzahlung ausgleicht, dürften keine erneuten Abschlusskosten anfallen, fordert Wilhelm Schluckebier gegenüber Finanztest.

Der Versicherer Proxalto (früher Generali Leben), dessen Bestände nun von Viridium verwaltet werden, sieht das offenbar anders. Neue Abschlusskosten entfielen dann, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Änderung der Zulage und Änderung des Eigenbeitrags bestehe. Schluckebier bat das BMF inzwischen um Klarstellung, denn für ihn ist es grundsätzlich unzulässig, erneute Abschluss- oder Vertriebskosten zu verlangen. Die Antwort des BMF steht aus. Allerdings hat inzwischen das OLG Dresden eine Belastung auch der Riester-Zulagen mit solchen Kosten für unwirksam erklärt (Az.: 4 U 2159/20 – nicht rechtskräftig).

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