Das Jahr 2022 aus Sicht der Versicherer

Riester-Neugeschäft bricht um knapp 60 Prozent ein

Das Jahr 2022 war aus Sicht der deutschen Versicherungswirtschaft ein durchwachsenes. In welchen Sparten es kriselte und welche boomten, wurde nun auf der Jahresmedienkonferenz des GDV publik.

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14:01 Uhr | 26. Januar | 2023
Norbert Rollinger, Daniela Werner und Jörg Asmussen

Fassten das Jahr 2022 aus Sicht der Versicherungswirtschaft zusammen (von links): GDV-Präsident Norbert Rollinger, Kommunikationschefin Daniela Werner und GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.

| Quelle: GDV

2022 war nicht nur gesamtgesellschaftlich ein von Umbrüchen geprägtes Jahr – Hashtag Zeitenwende. Auch die Versicherer stellten die vergangenen zwölf Monate vor manche Herausforderung.

Negativ: Riester-Neugeschäft bricht ein

Vor allem in der Lebensversicherung machten sich der Ukraine-Krieg, die hohe Inflation und die Verängstigung weiter Teile der Gesellschaft bemerkbar. So gingen die Beitragseinnahmen im Bereich der Lebensversicherungen, Pensionskassen und -fonds im vergangenen Jahr um sechs Prozent zurück, berichtete GDV-Präsident Norbert Rollinger auf der diesjährigen Jahresmedienkonferenz des Versichererverbands.

Insbesondere beim Einmalbeitragsgeschäft mussten die Versicherer Federn lassen. Hier verzeichneten die Unternehmen 2022 einen Rückgang von knapp 18 Prozent. Bereits im Vorfeld hatten mehrere Versicherer über ein deutlich schwindendes Einmalbeitragsgeschäft berichtet. Für Rollinger ist das schwierige Geschäft der Lebensversicherer – auch das Geschäft gegen laufenden Beitrag wuchs nur um 0,6 Prozent an – maßgeblich auf zwei Gründe zurückzuführen. „Zum einen bringt die Normalisierung des Zinsniveaus für die Kundinnen und Kunden wieder mehr Anlagenalternativen zurück ins Spiel. Zum anderen führen die gestiegenen Lebenserhaltungskosten dazu, dass viele Menschen weniger Geld für ihre Altersvorsorge übrig haben“, so der GDV-Präsident.

Ein rabenschwarzes Jahr erlebte auch die Riester-Versicherung. Hier brach das Neugeschäft 2022 um 60 Prozent auf nur noch 124,7 Millionen Euro regelrecht ein, nachdem es 2021 noch 311,4 Millionen Euro betragen hatte. Auch der Vertragsbestand sank weiter von 10,4 auf nun noch 10,2 Millionen Verträge. Die verheerenden Zahlen kommen allerdings auch nicht wirklich überraschend – schließlich hat ein Großteil der Versicherer ihr Riester-Geschäft aufgrund der derzeitigen Rahmenbedinungen – einem Garantiezins von 0,25 Prozent und einer hundertprozentigen Beitragsgarantie – eingestellt. Entsprechend groß ist daher der Wunsch der Versicherungswirtschaft, dass die in dieser Woche gestartete Fokusgruppe private Altersvorsorge einen Neustart bei der geförderten Altersvorsorge in die Wege leitet.

Positiv: Basisrenten legen zu

Im Bereich der Lebensversicherungen gab es jedoch auch positive Entwicklungen zu verzeichnen. So konnten die Versicherer beim Geschäft mit Basis-Renten deutlich zulegen. Das Neugeschäft wuchs hier um knapp 16 Prozent auf 117 Millionen Euro. 2021 lag es noch bei 101,1, 2020 bei 85,1 Millionen. Der Vertragsbestand wuchs um 4,1 Prozent auf nun 2,6 Millionen Verträge.

Erfreulich ist aus Sicht des GDV auch die Entwicklung in der betrieblichen Altersversorgung. „Die Reformen der letzten Jahre fangen an zu wirken“, bemerkte Rollinger. „Unter dem Strich konnten die Versicherer bei den bAV-Beiträgen im vergangenen Jahr ein Plus von 3,7 Prozent verbuchen.“ Besonders das Geschäft mit Direktversicherungen legte zu, ihr Neugeschäft stieg um 13 Prozent auf gut 650.000 Verträge.

Negativ: In diesen Sparten machten die Versicherer Verlust

In der Schaden-Unfallleistung sanken die Leistungen der Versicherer zwar gegenüber dem Vorjahr um 5,6 Prozent auf 59,9 Milliarden Euro. Allerdings war 2021 dank des verheerenden Unwettertiefs Bernd auch ein Rekordjahr im Hinblick auf die Leistungen. Zum Vergleich: 2020 zahlten die Versicherer nur 51,8 Milliarden Euro für entstandene Schäden.

Grund für den vergleichsweise geringen Rückgang der Leistungsausgaben ist die hohe Inflation. „Die höheren Preise schlagen in so gut wie allen Sparten der Schaden- und Unfallversicherung auf die Ausgaben durch“, bemerkte Rollinger. So stiegen die Leistungsausgaben in der Kfz-Versicherungen gegenüber 2021 um 7,6 Prozent. Grund dafür sind unter anderem höhere Preise für Auto-Ersatzteile.

Die Kraftfahrtversicherung gehörte mit einer Combined-Ratio von 101 Prozent somit auch zu den Verlustbringern im vergangenen Jahr – ursächlich hierfür waren vor allem das Geschäft mit Vollkaskoversicherungen (Combined Ratio: 107 Prozent) sowie Flottenversicherungen (103)

Auch das Geschäft mit Wohngebäudeversicherungen bleibt für die Versicherer weiter ein Verlustgeschäft. Hier betrug die Schaden-Kosten-Quote 106 Prozent – das war jedoch deutlich niedriger als noch im Bernd-Jahr 2021 (139 Prozent).

Positiv: Die Sparten mit dem höchsten Beitragswachstum

Rechnet man alle Sparten der Schaden- und Unfallversicherung zusammen, stand für die Versicherer 2022 wieder ein Gewinn zu Buche. Die Combined-Ratio sank auf 95 Prozent, nachdem sie 2021 noch bei 102,3 Prozent notierte.

Maßgeblich dafür ist ein Wachstum bei den Beitragseinnahmen in nahezu jeder Sparte. Besonders stark stiegen die gebuchten Bruttobeiträge in der Transport- und Luftfahrtversicherung (+12,0 Prozent), beim Geschäft mit Gewerbeversicherungen (+9,0) sowie in der Wohngebäudeversicherung (+8,0). Die geringsten Beitragszuwächse verzeichneten die Versicherer hingegen in der privaten Unfallversicherung (+0,5 Prozent), der Kfz-Versicherung (+1,0 Prozent) sowie der Hausratversicherung (+2,0 Prozent).

Negativ: Vollversicherungsbestand weiter rückläufig

In der privaten Krankenversicherung schmilzt der Bestand an Vollversicherungen weiter ab – 2022 änderte an dieser Entwicklung nichts, der Vertragsbestand sank jedoch nur geringfügig um 0,16 Prozent und liegt weiterhin bei rund 8,7 Millionen Verträgen.

Positiv: Zusatzversicherungen sehr beliebt

Deutlich besser läuft indes das Geschäft mit dem Zusatzschutz. Die Zahl der Zusatzversicherungen stieg um 2,1 Prozent auf 29,1 Millionen – vor allem das Geschäft mit Zahnzusatzversicherungen sowie zunehmend die betriebliche Krankenversicherung sind für die Versicherer hier ein Grund zur Freude.

Und die Zukunft?

Auch 2023 werden laut Prognose des GDV die Beiträge in der Schaden-/Unfallversicherung weiter steigen – dafür sorgt allein schon die weiterhin hohe Inflation. Das größte Beitragsplus (16 Prozent) erwarten die Versicherer dabei in der Wohngebäudeversicherung, in der sich die steigenden Material- und Handwerkerkosten zunehmend bemerkbar machen.

Bei Lebensversicherungen geht der GDV hingegen von einer stagnierenden Beitragsentwicklung aus. Während für das Einmalbeitragsgeschäft eine gewisse Stabilisierung erwartet wird, wird das Geschäft gegen laufenden Beitrag laut Prognose um 0,3 Prozent zulegen. Vor allem fondsgebundene Lebensversicherungen werden ihren Anteil am Neugeschäft ausweiten, erwartet der GDV.

In der privaten Krankenversicherung gehen die Versicherer von einem Beitragsplus in Höhe von 3,5 Prozent aus. Grund dafür sind nicht nur Beitragserhöhungen bei gut einem Drittel der Krankenvollversicherten zum 1. Januar. Auch beim Geschäft mit Zusatzversicherungen sieht man weiter eine positive Entwicklung voraus.