Warum viele Indexpolicen keine Rendite erzielen
„Das Börsenjahr 2023 war eigentlich ein sehr gutes“, findet Michael Hauer, Geschäftsführer der Institut für Vorsorge und Finanzplanung GmbH (IVFP). Da kann man ihm Recht geben, blickt man zum Beispiel auf einige große Aktienindizes wie den Dax, den Dow Jones oder den Nikkei 225. Alle drei konnten im vergangenen Kalenderjahr kräftige Renditen von weit über 10 Prozent erzielen. Auch viele andere Indizes landeten deutlich im Plus. Wer hier investiert war, müsste eigentlich glücklich sein.
Doch auf die meisten Inhaber von indexgebundenen Rentenversicherungen dürfte das nicht zutreffen. Laut Hauer gab es, bezogen auf das Kalenderjahr 2023, nur für etwa 40 Prozent von ihnen eine Renditegutschrift. Das hat sein IVFP anhand einer Analyse herausgefunden, für die die Produkte aller 16 Lebensversicherer untersucht wurden, die derzeit eine Indexpolice anbieten.
Dass so viele Kunden eine Nullrunde verkraften mussten, hängt zum einen damit zusammen, dass von den insgesamt 36 untersuchten Produkten 19 keine Rendite erzielen konnten. Ein weiterer Faktor liegt darin, dass sich unter diesen 19 Produkten, die komplett seitwärts performten, alle vier Indexpolicen der Allianz befinden. Diese ist nicht nur mit großem Abstand Marktführer in der Lebensversicherung, sondern beispielsweise auch Maklers Liebling, wenn es um die Vermittlung von Indexpolicen geht.
Allianz hofft auf langfristigen Effekt
Die Allianz Leben erklärt die Nullrendite ihrer Produkte – diese setzen auf den Euro Stoxx 50 und den S&P 500, die in 2023 ebenfalls beide kräftig im Plus landeten – mit dem Grundkonzept der Indexpolicen. „Durch die Indexpartizipation konnten in der Vergangenheit attraktive Wertentwicklungen erzielt werden, zugleich gleicht der Mechanismus Schwankungen an den Kapitalmärkten aus, wie wir sie gerade in den ersten Jahren dieses Jahrzehnt gesehen haben“, erklärte ein Allianz-Sprecher auf procontra-Nachfrage.
Ärgerlich für die Kunden, dass es speziell in 2023 einige kräftige Schwankungen am Aktienmarkt gab. Denn bei Indexpolicen werden die Gewinn- und Verlust-Stichtage innerhalb eines Indexjahres (dieses kann auch über den Jahreswechsel hinausgehen) zusammengewürfelt und daraus eine Gesamtrendite gebildet. „Da kann bereits ein schlechter Monat das ganze Indexjahr zunichtemachen“, erklärt Hauer. Besonders schwer hatten es zuletzt aufgrund der großen Schwankungen auf den Kapitalmärkten solche Indexmodelle, die eine Obergrenze (Cap) besitzen. „Positive Monatsrenditen werden oben abgeschnitten, negative Ausschläge hingegen voll bei der Berechnung der Renditegutschrift berücksichtigt“, so der IVFP-Chef. Beispielsweise haben alle vier Index-Varianten der Allianz einen solchen Cap.
Barmenia rechnet mit weiterer Nullrunde
Zwar haben die Kunden die Sicherheit, dass ihre Indexpolice auch bei einem katastrophalen Börsenjahr keinen Verlust macht – dieses Sicherheitsnetz kaufen sie sich mit dem Verzicht auf die laufende Verzinsung ihres Vertragsguthabens. Jedoch braucht es schon lange, relativ ereignisarme Phasen, um wirklich einmal gute Renditen einzufahren. Das bestätigen auch die anderen von uns angefragten Indexpolicen-Anbieter. Die Barmenia (drei Produkte mit Nullrendite) verweist für das Indexjahr April 2022 bis März 2023 auf die Folgen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs sowie globale Lieferengpässe, steigende Energiekosten und eine allgemein hohe Inflationsrate. Im noch laufenden Indexjahr April 2023 bis März 2024 kamen im Zuge multipler Krisen auch noch die Terroranschläge der Hamas auf Israel und der Krieg in Gaza dazu, lautet die Analyse. Trotz zweier noch ausstehender Monatsperformances geht man bei der Barmenia davon aus, auch im laufenden Indexjahr keine Renditen zu erzielen.
Württembergische und R+V sind optimistisch
Auch die Württembergische (ein Produkt mit Nullrendite) verweist auf Kriege, Inflation und Zinswende als entscheidende Faktoren für die Nullrunde. Auch ihre beiden Indexstichtage im April und Oktober 2023 seien rückblickend ungünstige Startpunkte gewesen. Auf lange Sicht würden sich solche Effekte aber ausgleichen, betonte ein Sprecher, gab sich aber auch optimistisch. Man arbeite derzeit an einer Optimierung des Indexmodells, um die Renditechancen zu verbessern. Für das Gesamtjahr 2024 sei man bei der Württembergischen zuversichtlich, eine gute positive Kundenrendite zu erzielen.
Die R+V betonte auf procontra-Nachfrage, dass die vom IVFP veröffentlichten Indexrenditen manche Stichtage ausgelassen hätten. So seien die Stichtage 1. Mai und 1. August 2023 für die Indexpolice „SOMAS“ der R+V nicht erfasst worden. Diese hätten Renditen von 0,1 Prozent und 1,8 Prozent ausgewiesen. Letztendlich hätten die volatilen Kapitalmärkte aber insgesamt eine Nullrendite für „SOMAS“ bedeutet. Letztendlich macht die Indexpolice so besonders, dass Sparer ohne Risiko an den Kapitalmärkten partizipieren können, sagte der Sprecher. Und: „Unsere erhöhte Überschussbeteiligung zum 01.01.2024 und der positive Marktausblick auf die Kapitalmärkte stimmen uns für 2024 optimistisch.“
IVFP sieht Positivtrend
procontra hatte bei den sechs Lebensversicherern angefragt, bei denen laut IVFP-Analyse sämtliche Index-Produkte an allen im Jahr 2023 gelegenen Stichtagen eine Nullrendite ausgewiesen haben. Dazu gehören auch die Nürnberger, von der bis zu unserem Redaktionsschluss keine Antwort vorlag und die VGH, die in einer Beantwortung unserer Fragen keinen Mehrwert für Makler sieht, da sie ihre Produkte nur über eigene Vertreter und Sparkassen vertreibt.
Laut IVFP kamen die Indexpolicen mit Cap im Jahr 2023 auf eine durchschnittliche Rendite von 0,2 Prozent. Die anderen Modelle auf Basis einer jährlichen Beteiligungsquote hingegen haben zum Teil hohe Gutschriften erwirtschaften können, beispielsweise ein Dax-Produkt des Volkswohl Bund mit 6,28 Prozent zum 1. August 2023, und landeten im Durchschnitt bei einer Rendite von 1,6 Prozent. Für 2024 gibt sich Hauer optimistisch: „Mittelfristig können Indexpolicenbesitzer:innen von den gestiegenen Marktzinsen profitieren.“ Damit sind auch die gestiegenen Überschussbeteiligungen bei fast allen Lebensversicherern gemeint. Dadurch steht den Anbietern mehr Geld zur Verfügung, das per Indexbeteiligung bessere Konditionen für die Cap- und Quotenprodukte herausholen kann. Unter dem Strich erhöht das die Renditechancen. Noch besser wären aber möglichst ereignisarme Börsenjahre.