Geldanlage

Preis-Leistung ist nicht der einzige Nutzen für Kunden

Wie lässt sich das Preis-Leistungs-Verhältnis von Geldanlageprodukten messen und wie sinnvoll ist das überhaupt? Diesen Fragen geht Maximilian Happacher, Vorsitzender der Deutschen Aktuarvereinigung, in seiner aktuellen procontra-Kolumne nach.

12:01 Uhr | 23. Januar | 2024
Max Happacher

Dr. Max Happacher, Vorsitzender der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. (DAV)

| Quelle: DAV

Derzeit liegt ein starker Fokus des Europäischen Gesetzgebers sowie der internationalen und nationalen Aufsichtsbehörden auf dem Thema „Value for Money„, auf Deutsch „Preis-Leistungs-Verhältnis“. Dahinter verbirgt sich im Kern die Frage, wie sich Letzteres im Fall von Anlageprodukten feststellen beziehungsweise messen lässt.

Unbestritten ist: Produkte müssen ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis besitzen und die Bedürfnisse und Ziele der Verbraucherinnen und Verbraucher erfüllen. Anders als ein Auto oder ein Mobiltelefon ist es bei einem Anlageprodukt allerdings schwieriger, diesen Nutzen zu bestimmen. Man kann es ja nicht „ausprobieren“ oder eine Testfahrt damit machen. Außerdem fehlt es vielen Laien schlicht an Erfahrung und Kenntnis, die man nicht einfach voraussetzen kann. Daher wird auf EU-Ebene aktuell nach einer Regelungsmöglichkeit hierfür gesucht, insbesondere bei der Frage nach der Messbarkeit des Preis-Leistungs-Verhältnisses. Keine einfache Aufgabe.

Kosten oder Performance-Potenzial betrachten?

Klar, man könnte Kostenkennziffern heranziehen. Am weitesten verbreitet ist die Kennzahl „Reduction in Yield“, die alle Kosten eines Produktes in eine jährliche Renditeminderung umrechnet. Mithilfe dieser Kennzahl ist ein Vergleich von Kosten verschiedener Produkte trotz zahlreicher Detailfragen relativ gut möglich.

Viel facettenreicher als ein Vergleich von Kosten ist jedoch die Frage, wie man das Performance-Potenzial eines Produktes sinnvoll einschätzen kann. Der Blick in die Vergangenheit liegt nahe, kann aber trügerisch sein. Frühere gute oder schlechte Performance muss nicht in der Zukunft fortgeschrieben werden. Eine alternative Herangehensweise ist die Einschätzung des Performance-Potenzials auf Basis von stochastischen Simulationen. Das bedeutet, dass anhand möglichst realitätsnaher Modelle eine Vielzahl möglicher zukünftiger Entwicklungen betrachtet wird. Diese Modelle müssen dann aber auf die individuellen Produkte und ihre Besonderheiten zugeschnitten werden.

Kundennutzen vs. Kennzahlen

Noch schwieriger wird es bei der Einschätzung des Risiko-/Renditeprofils. Hat ein Produkt mit höherer Rendite bei hohem Risiko einen höheren Kundennutzen als eines mit geringerer Rendite bei geringem Risiko? Dies wird sich auch künftig nur vor dem Hintergrund der individuellen Situation des Kunden beantworten lassen und erfordert entsprechende Vorkenntnisse des Kunden bzw. eine gute Beratung.

Was ist abschließend zu Kennzahlen zu sagen: Ja, sie sind ein sehr gutes Experten-Tool, um Anlageprodukte zu prüfen. Allerdings, und das ist entscheidend, sind nicht alle Produkteigenschaften auf diese Weise darstellbar. Dazu gehören etwa für Altersvorsorgeprodukte so relevante Eigenschaften wie die Absicherung biometrischer Risiken oder Ausgleichsmechanismen im Sicherungsvermögen. Eine abschließende Beurteilung eines angemessenen Kundenutzens für Verbraucherinnern und Verbraucher ist allein auf Basis von Kennzahlen nicht möglich.