Verbraucherschützer warnen vor zu hohen „Durchführungsentgelten“
In der eigenen Immobilie weiter wohnen, sie vermieten oder vererben und trotzdem über liquides Vermögen verfügen: Dieses Prinzip verfolgt der Teilverkauf von Immobilien. Nach Angaben von Anbietern hat er in den vergangenen Jahren zunehmend Anhänger gefunden. Vor allem Rentner nutzen die Möglichkeit, Vermögen aus dem eigenen Haus oder der eigenen Wohnung in Bargeld umzuwandeln. Doch nun sehen Verbraucherschützer in dem Verkaufsmodell fatale Lücken – ein aktueller Hinweis der Verbraucherzentrale Hamburg macht auf folgenden Missstand aufmerksam: Die Durchführungsentgelte beim Teilverkauf seien häufig unangemessen hoch, Verbraucher würden benachteiligt. Die Politik müsse für bessere Rahmenbedingungen sorgen, einen Kostendeckel und mehr Kostentransparenz einführen, lautet der Appell.
Durchführungsentgelt auf 87.000 Euro beziffert
Dabei untermauern die Verbraucherschützer ihre Kritik mit folgendem konkreten Fall: Eine Verbraucherin hatte von ihrer Immobilie einen Anteil von knapp vier Prozent im Wert von 100.000 Euro an einen großen Teilverkauf-Anbieter aus Hamburg verkauft, 2021 bewertete dieser die Immobilie mit 2,5 Millionen Euro. Als zwei Jahre später die Verkäuferin starb und die erbende Enkelin sich für einen Rückkauf des Anteils entschied, reduzierte der Anbieter das Durchführungsentgelt zwar von 4,5 auf drei Prozent – allerdings berechnete er die Reduzierung nicht auf den Verkaufspreis des Anteils, sondern auf den Gesamtwert der Immobilie. Damit lag das Durchführungsentgelt für den Rückkauf des 100.000-Euro-Anteils bei 87.000 Euro.
„Das Unternehmen bereichert sich hier auf unmoralische Weise“, kritisiert nun Alexander Krolzik von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Auf die im Verhältnis zum Kaufpreis unangemessene Höhe des Entgeltes hätte die Teilverkäuferin hingewiesen werden müssen. Der Wert des verkauften Anteils und die Kosten des Rückkaufs stehen in keinem Verhältnis.“
Zwar gelang es der Erbin nach langen Verhandlungen und einer anderslautenden Werteinschätzung, sich mit dem Anbieter auf ein Durchführungsentgelt von 60.000 Euro zu einigen – zwei Jahre nach dem Verkauf des 100.000-Anteils lag der Gesamtrückkaufpreis damit aber immer noch bei rund 160.000 Euro.
Es gibt bessere, aber keine gute, verbraucherfreundliche Lösung am Markt.Alexander Krolzik, Verbraucherzentrale Hamburg
„Alteigentümer tragen bei einem Teilverkauf aufgrund der Wertsicherungsklausel das finanzielle Risiko eines Wertverlustes ohnehin allein“, erläutert Verbraucherschützer Krolzik weiter. Diese Situation werde verschärft, wenn „Anbieter darüber hinaus ein unmoralisch hohes Durchführungsentgelt berechnen und darauf nicht einmal transparent hinweisen.“ Krolzik appelliert daher an die Politik, für ausgewogenere Bedingungen für Verbraucher zu sorgen. Bei anderen Unternehmen würden sich die Kosten beim Gesamtverkauf nur auf den verkauften Anteil beziehen. „Es gibt bessere, aber keine gute, verbraucherfreundliche Lösung am Markt“, sagt er.
Wie das Verbraucherschutzministerium auf procontra-Anfrage mitteilte, seien Fragen und Problemstellungen, die mit Immobilien-Teilverkäufen einhergehen, auf der letzten Verbraucherschutzministerkonferenz bereits erörtert wurden, dabei habe auch das kritisierte Durchführungsentgelt auf der Agenda gestanden. „Derzeit arbeiten wir an einer umfassenden Bewertung, bei der alle rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte, die Verbraucherinnen und Verbraucher betreffen können, miteinbezogen werden“, teilte ein Sprecher auf Nachfrage mit. Konkrete Maßnahmen zum Schutz von Verbrauchern sind aktuell (noch) nicht geplant.
Nach einer Musterberechnung der BaFin liegen die Kosten für den Rückkauf eines teilverkauften Anteils einer Immobilie im Schnitt zwischen 30 und 35 Prozent des Verkaufspreises.