BU-Versicherung

Keine spontane Anzeige bei Parkinson-Erkrankung

Bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen kommt es immer wieder zu Streit zwischen Versicherer und Kunden. Das OLG Dresden setzte der spontanen Anzeigepflicht nun enge Grenzen. Dennoch musste der Versicherer am Ende nicht zahlen.

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12:04 Uhr | 30. April | 2024
Richter schlägt mit Hammer auf den Tisch

Das OLG Dresden hatte unlängst über die spontane Anzeigepflicht in der BU-Versicherung zu entscheiden.

| Quelle: gorodenkoff

Versicherungsnehmer, die im Antragsformular zur Berufsunfähigkeitsversicherung nicht nach neurologischen Krankheiten gefragt werden, müssen gegenüber dem BU-Versicherer auch keine ihm bekannte Parkinson-Erkrankung „spontan“ angeben. Das sagt Rechtsanwalt Tobias Strübing (Kanzlei Wirth Rechtsanwälte) und weist auf einen aktuellen Beschluss (Az: 4 U 1975/23; Beschluss vom 21. März 2024) des Oberlandesgericht Dresden hin.

In dem verhandelten Fall war die Ausgangslage die folgende: Ein Autoverkäufer hatte im Juli 2015 eine BU-Versicherung abgeschlossen. Kurze Zeit hatte das Universitätsklinikum Leipzig bei ihm eine Parkinson-Erkrankung diagnostiziert, nachdem er in den Jahren zuvor unter Beweglichkeitsstörungen im rechten Arm und Bein zu leiden hatte. In seinem Antrag hatte er diese jedoch nicht angegeben.

Er wurde jedoch auch nicht danach gefragt. Im Versicherungsantrag musste der Mann lediglich erklären,

„dass in diesem Zeitraum auch keine der folgenden Erkrankungen bei mir festgestellt oder behandelt wurde: Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs, Schlaganfall, Nierenversagen, Zucker und Lebererkrankungen, psychische Erkrankungen, HIV-Infektion/Aids, Erkrankungen oder Beschwerden des Bewegungsapparats (z.B. Rücken, Knie, Hüfte)…“

Als der Mann schließlich 2022 Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung beantragte, verweigerte der Versicherer die Leistung, nachdem er von der Parkinson-Erkrankung seines Kunden erfahren hatte.

Das Oberlandesgericht Dresden gab nun jedoch dem Versicherungsnehmer recht. Zwar müsse der Versicherungsnehmer die in einem Versicherungsformular gestellten Gesundheitsfragen grundsätzlich erschöpfend beantworten. Weder dürfe er seine Antworten auf bestimmte Krankheiten oder Schäden beschränkenden noch anderweitig eine wertende Aussage treffen.

Allerdings gilt das nur für die Gesundheitsfragen, nach denen die Berufsunfähigkeitsversicherung in Textform gefragt hat. Ist, wie im vorliegenden Fall, nicht nach neurologischen Krankheiten gefragt, muss sich der Versicherungsnehmer darauf verlassen können, nicht ungefragt bzw. spontan auf solche Krankheiten hinweisen zu müssen. „Eine spontane Anzeigepflicht besteht nur bei Umständen, die zwar offensichtlich gefahrerheblich, aber so ungewöhnlich sind, dass eine auf sie abzielende Frage nicht erwartet werden kann“, stellten die Dresdener Richter klar. Neurologische Krankheiten fallen jedoch nicht darunter, da diese nicht ungewöhnlich sind.

Die Versicherung konnte den Vertrag somit nicht wegen der verschwiegenen Parkison-Erkrankung anfechten. Dennoch stellte das Gericht fest, dass der Mann seine Offenbarungspflichten arglistig verletzt habe – schließlich hatte der Versicherer den Mann auch über „Erkrankungen oder Beschwerden des Bewegungsapparats“ innerhalb der vergangenen zwei Jahre gefragt. Diese waren so heftig gewesen, dass der Mann diese nicht nur bei seinem Hausarzt und einem Neurologen, sondern auch von der Uniklinik Leipzig hatte abklären lassen. Das Gericht riet darum dem Versicherungsnehmer, seine Berufung gegen das vorausgegangene Urteil zurückzuziehen. 

Für Rechtsanwalt Strübing ist der Dresdener Richterspruch aus Kundensicht dennoch von Bedeutung. „Die richtige Beantwortung von Gesundheitsfragen ist immer wieder Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzung. Daher ist es gut, dass das OLG Dresden einerseits zwar die Bedeutung einer richtigen Beantwortung betont, andererseits aber auch klare Grenzen aufzeigt“, teilt Strübing mit.