BRSG II

„Wir müssen die bAV von Anfang bis Ende einfacher machen“

Per Protoschill, Geschäftsführer der Stuttgarter Vorsorgemanagement, sieht die Probleme der betrieblichen Altersversorgung (bAV) in immer komplexeren gesetzlichen Regeln – und nicht bei den Produktgebern. Mit procontra spricht er über fehlende Spielräume für höhere Erträge, die Grenzen der Produktgestaltung und einen wichtigen Hebel für eine höhere bAV-Teilnahmequote.

Per Protoschill, Geschäftsführer der Stuttgarter Vorsorgemanagement

Per Protoschill, Geschäftsführer der Stuttgarter Vorsorgemanagement, über Hebel, die bAV auch unabhängig des Gesetzgebers nach vorn zu bringen. | Quelle: Per Protoschill, Geschäftsführer der Stuttgarter Vorsorgemanagement, Stuttgarter

Was Sie erfahren werden:

  • Warum die betriebliche Altersversorgung (bAV) immer komplexer wird

  • Wo Erträge, Prozesse und Verständlichkeit verbessert werden können

  • Wie digitale Tools bAV-Beratung und Verwaltung erleichtern sollen

 

procontra: Das BRSG II ist noch gar nicht in Kraft getreten, wird aber schon als zu klein und nicht mutig genug kritisiert. Doch warum trifft die Kritik nie die Produktgeber? Wo tragen Sie selbst dazu bei, dass die betriebliche Altersversorgung auf der Stelle tritt – und was würden Sie sich ehrlich ankreiden?

Per Protoschill: Zunächst einmal sehe ich generell keine schwache Performance der bAV. Für Die Stuttgarter kann ich sagen, dass die betriebliche Altersversorgung in den letzten Jahren sehr deutlich gewachsen ist. Die Direktversicherung, einer der wichtigsten Durchführungswege der bAV, ist hoch attraktiv. Arbeitgeber und Arbeitnehmer profitieren von einem hohen Maß an Planbarkeit und Sicherheit. Die Performance ist gut.

procontra: Leider ist das bei der Entgeltumwandlung ganz anders: Die aktuelle Deloitte-Studie zur bAV zeigt, dass die Teilnahmequote seit Jahren bei rund 40 Prozent vor sich hindümpelt. Was können die Produktgeber da besser machen?

Protoschill: In der Branche arbeiten wir alle daran, Produkte und Leistungen so einfach und attraktiv wie nur möglich zu gestalten. Dabei müssen wir aber immer die gesetzlichen Rahmenbedingungen beachten. Gerade wenn es um eine höhere Teilnahmequote geht, stoßen wir schnell an Grenzen, die außerhalb der Einflussmöglichkeiten der Produktgeber liegen. Im Rückspiegel betrachtet hat die Komplexität der Produkte sicher zugenommen. Wir haben immer mehr Durchführungswege zur betrieblichen Altersversorgung und es gibt immer neue steuer- und sozialversicherungsrechtliche Regelungen, die wir als Produktgeber beachten müssen – um nur einige Veränderungen der vergangenen zehn bis 15 Jahre zu nennen.

Kurz gesagt: Es ist viel an Komplexität hinzugekommen, und die war regelmäßig vom Gesetzgeber initiiert. Für uns bleibt es eine Daueraufgabe, trotz dieser wachsenden Komplexität möglichst verständliche und zugängliche Angebote zu machen. Wir als Branche haben uns vom BRSG II deutlich mehr Vereinfachung erhofft.

procontra: Auch die Beschäftigten erhoffen sich mehr von der bAV, insbesondere was die Höhe der späteren Leistungen angeht. Trotz aller gesetzlichen Vorgaben: Wo sind auf Seiten der Produktgeber Spielräume für höhere Erträge, um die Attraktivität zu verbessern?

Protoschill: Wir stehen immer vor der Frage, wie wir Produkte so gestalten können, dass sie einerseits attraktive Erträge bringen und gleichzeitig den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Da liegt ein Problem, und ich muss sagen: Leider hat der Gesetzgeber beim BRSG II die Chance vertan, Klarheit darüber zu schaffen, welche Garantiehöhe bei einer beitragsorientierten Leistungszusage zu erfüllen ist. Das hätte er ja festlegen können. Die Branche hätte das sehr begrüßt, weil dann Klarheit darüber bestünde, wie Produkte zu konstruieren sind und Renditehebel optimal eingesetzt werden können.

Leider hat der Gesetzgeber beim BRSG II die Chance vertan, Klarheit darüber zu schaffen, welche Garantiehöhe bei einer beitragsorientierten Leistungszusage zu erfüllen ist.
Per Protschill

procontra: Und deshalb ist der Ertrag so bescheiden?

Protoschill: Wenn ich mir die bAV-Produkte am Markt ansehe, haben wir regelmäßig Renditen, die deutlich über der Inflationsrate liegen. Das gilt beispielsweise für die Direktversicherung. Rechnet man noch die steuerlichen Effekte mit ein, kommen wir teilweise auf zweistellige Renditen. Aber die Branche muss die Produkte letztlich immer auf Basis von Garantien konstruieren. Dazu zählt unter anderem die Ausfinanzierbarkeit zum Laufzeitende. Aber auch während der Laufzeit, falls ein Störfall eintritt, zum Beispiel, wenn ein Beschäftigter ausscheidet. Wir müssen Ertrag und Sicherheit gut ausbalancieren, um die erforderlichen Garantieleistungen jederzeit sicherstellen zu können.

procontra: Das klingt so, als würden Sie keine Stellschrauben für sich sehen, Produkte besser und attraktiver zu machen...

Protoschill: Ich sehe die Stellschrauben gar nicht so sehr bei den eigentlichen Produkten als vielmehr in den Prozessen, also den Abläufen rund um die Produkte. Wir müssen stärker aus Sicht der Arbeitgeber und Arbeitnehmer denken und die bAV von Anfang bis Ende einfacher machen.

procontra: Nur sind die Produkte komplex und alles andere als einfach. Kunden und Vermittler haben damit zu kämpfen.

Protoschill: Da muss die Branche noch besser werden. Ein Ansatz zu mehr Einfachheit und Transparenz sind digitale Plattformen, auf denen Arbeitgeber Förderfähigkeit prüfen, Förderquoten berechnen und Anträge direkt digital einreichen können. Ist die Versorgung dort einmal eingerichtet, können alle Vorgänge schnell und effizient digital gemanagt werden. Ein Beispiel ist unser Betriebsrentenmanager. Er ist vor allem für KMU eine Hilfe, die anders als Großunternehmen keinen internen Overhead für bAV-Themen haben. Einfache Prozesse sind mit entscheidend für die weitere Verbreitung der Betriebsrente.

procontra: Doch digitale Tools ersetzen keine kompetente Beratung. Wer hilft den bAV-Vermittlern bei ihrer komplexen Arbeit?

Protoschill: Vermittler bleiben die zentralen Akteure der bAV. Sie begleiten Unternehmen bei der Einrichtung und Optimierung ihrer Versorgung, insbesondere für Anbieterauswahl und der passenden tariflichen Eindeckung. Digitale Tools wie der Betriebsrentenmanager unterstützen sie in Akquise, Beratung und Verwaltung. So greifen persönliche Beratung und digitale Prozesse ineinander. Das macht die betriebliche Altersversorgung für alle Seiten einfacher – und noch attraktiver.