PRO ELTIFs für Privatanleger
Privatmarktinvestments sind langfristige Anlageoptionen und bieten grundsätzlich stabile Renditen. Damit wären sie wunderbar geeignet, um auch für die Altersvorsorge in Deutschland eine geeignete Diversifikation zu bieten.Sonja Knorr, Head of Alternative Investment Funds und Head of Alternative Investments bei Scope
Privatmarktinvestments helfen bei der Finanzierung von Unternehmen und Projekten und tragen zur nachhaltigen Entwicklung und Transformation der Wirtschaft bei. Besonders für das Segment Infrastruktur sind im In- und Ausland riesige Investitionen erforderlich.
Allein für Deutschland wird der Investitionsbedarf in den kommenden zehn Jahren vom Institut der deutschen Wirtschaft mit 600 Mrd. Euro beziffert, um Verkehrs-, Energie-, Telekommunikations-, Bildungsinfrastruktur, Klimaschutz, Verteidigung und Zivilschutz sowie sozialen Wohnungsbau voranzutreiben.
Mit Infrastrukturinvestments lassen sich grundsätzlich gut prognostizierbare und stabile Erträge erzielen. Besonders institutionelle Anleger spielen bei der Kapitalbereitstellung eine wichtige Rolle, aber auch privaten Investoren wird der Zugang beispielsweise durch ELTIFs erleichtert. Der ELTIF bietet flexible Möglichkeiten für Investments in verschiedene Privatmarktsegmente – fokussiert oder diversifiziert mit verschiedensten Produktausgestaltungen über alle Anlegerschichten hinweg.
Eine Branchenumfrage von Scope im Oktober hat ergeben, dass mehr als die Hälfte der Teilnehmer mindestens mit einer Verdoppelung des ELTIF-Volumens bis Ende 2027 rechnet. Der Einstieg von Onlinebrokern wie Trade Republic oder Scalable Capital hat dem Markt einen deutlichen Schub gegeben. Eine Dynamik getrieben von einem bequemem Einstieg mit Kleinbeträgen und dem Versprechen flexibler Liquidität.
Eine Abkühlung der aktuell hoch bewerteten Aktienmärkte würde das Interesse an unkorrelierten Investments beflügeln und das Argument der Verbesserung des Rendite-Risiko-Profils des Portfolios nach vorne rücken.
Für Privatanleger trifft der ELTIF besonders in Deutschland jedoch auf eine schwierige Ausgangssituation. Mangelnde Finanzbildung, geringe Finanzmarktaffinität und diverse Finanzmarktskandale treffen auf ein Rentensystem an der Überlastungsgrenze. Die Assetklassen, die mit ELTIFs abgedeckt werden, sind komplex, nicht risikolos und oft nur eingeschränkt transparent. Besonders die Kritik an der Liquidität, die ELTIFs in den neu aufgelegten Evergreen-Strukturen bieten möchten, ist berechtigt. Hier werden langfristige Investments, teils noch langfristigere als Immobilieninvestments, vermeintlich liquide verpackt. Ein immanentes Risiko, das in schwierigeren Marktphasen zum Problem werden kann. Denn Unternehmen, Stromnetze, Datacenter oder Häfen sind nicht kurzfristig veräußerbar. Die Regulierung begegnet dem zwar mit einem sinnvollen Werkzeugkasten, um dieses Risiko zu abzumildern, ausschließen lässt es sich jedoch nicht.
Es wäre daher ein sehr sinnvoller, strategisch intelligenter Weg, langfristige cashflow-orientierte Investitionen mit langfristigem Altersvorsorgekapital zu kombinieren. So ergäbe sich die Möglichkeit, Privatmarktanlagen als einen zu den öffentlichen Märkten unkorrelierten Baustein für eine kapitalgedeckte Altersvorsorge aufzubauen.
Die USA gehen hier in eine vergleichbare Richtung. Eine erlassene Anordnung der US-Regierung erlaubt es Arbeitnehmern, alternative Anlagen wie Private Equity in ihre 401(k)-Pläne aufzunehmen, was zuvor nur vermögenden Anlegern vorbehalten war.
Damit steigt das Interesse von US-Häusern an Infrastruktur- und Unternehmensinvestments auch in Deutschland weiter. Investitionen in kritische Infrastruktur und tragende Säulen der heimischen Wirtschaft sollten aber nicht gänzlich aus der Hand gegeben werden.
Wichtig aber ist:
Produktanbieter dürfen das zarte Vertrauen der Anleger nicht leichtfertig durch zu hohe Fees und zweite Klasse Deals in den Fondsportfolios verspielen!
CONTRA ELTIFs für Privatanleger
ELTIF sind aufgrund der hohen Kosten und Risiken für Privatanleger nicht geeignet.Stephanie Heise, Verbraucherzentrale NRW
Seit 2024 sind ELTIF für Kleinanleger deutlich leichter zugänglich. Seitdem trommeln Banken bei Anlegern massiv für Sachwerte-Investments wie Infrastrukturprojekte oder Private Equity schon mit kleinem Geld. Der Markt boomt: Mitte November waren bei der EU-Finanzaufsicht ESMA bereits 247 Europäische Langfrist-Fonds registriert. Doch es gibt diverse Haken, die ELTIF aus Sicht der Verbraucherzentrale NRW für Privatanleger ungeeignet machen.
Risiko:
Trotz des Verlustrisikos, falls Projekte schiefgehen, müssen ELTIF ihre Anlagen nur über mindestens fünf Objekte streuen. In der Regel werden es zwar mehr sein. Dennoch sind ELTIF weit weniger breit gestreut als Aktien-ETF, also börsengehandelte Indexfonds, die in hunderte oder sogar mehrere tausend Unternehmen investieren.
Haltefrist:
ELTIF sind als Langfristanlage konzipiert. Geschlossene ELTIF laufen bis zu 30 Jahre, bei offenen gilt meist eine Mindesthaltedauer von 24 Monaten und eine einjährige Kündigungsfrist. Anleger können also in der Regel nicht kurzfristig im Krisenfall oder bei Geldbedarf verkaufen. ELTIF werden nicht an der Börse gehandelt. Und ob man Anteile vorzeitig an den Anbieter zurückgeben kann, hängt von den Bedingungen jedes ELTIF ab.
Rendite:
Wer mit unternehmerischen Beteiligungen höhere Risiken eingeht, will mehr verdienen als mit sicheren Geldanlagen. Hier bieten ELTIF Potenzial: Anbieter stellen oft zweistellige jährliche Renditen in Aussicht. Aber dies sind nur unverbindliche Prognosen. Zudem fehlt Privatanlegern das Fachwissen, um die Erfolgsaussichten der Projekte beurteilen zu können, insbesondere bei Private-Equity-Investments in noch nicht börsennotierte Unternehmen. Auch die Qualität des ELTIF-Managements einzuschätzen ist für unerfahrene Anleger kaum möglich. Sich rein auf die Empfehlung eines Vermittlers zu verlassen, löst dieses Dilemma nicht: Denn der verdient in der Regel am Verkauf der Produkte mit.
Kosten:
Die jährlichen Managementgebühren liegen im Schnitt bei 1,9 Prozent, so das Analysehaus Scope, bei Private-Equity-ELTIFs können es auch drei Prozent und mehr sein. Zusätzlich berechnen viele Fonds eine Erfolgsgebühr und einen Ausgabeaufschlag von bis zu fünf Prozent. Die Kostenbelastung liegt bei Private-Equity-ELTIF etwa zehnmal so hoch wie bei Aktien-ETF. Das schmälert die Rendite.
Negativ-Auslese:
Es besteht generell die Gefahr, dass Privatanlegern in ELTIF nur solche Objekte angeboten werden, an denen sich professionelle Investoren wegen eines wenig attraktiven Chance-Risiko-Profils nicht beteiligen möchten.
Fazit:
ELTIF eignen sich nach Auffassung der Verbraucherzentrale NRW nur für erfahrene und vermögendere Anleger, die sich die damit verbundenen hohen Risiken leisten können und wollen. Sie sind nicht geeignet für Privatanleger. Für diese sind bei Sachwertinvestments breit gestreute Aktien-ETF die bessere Alternative.

