Anpassung von Betriebsrenten

bAV: „Dann entfällt die Anpassungsprüfung“

Interview mit Anja Sprick, Rechtsanwältin und bAV-Expertin bei Longial, einem Serviceanbieter für Lösungen rund um die betriebliche Altersversorgung von Unternehmen.

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10:01 Uhr | 18. Januar | 2024
Anja Sprick, Rechtsanwälten und bAV-Expertin bei Longial

Anja Sprick, Rechtsanwälten und bAV-Expertin bei Longial

| Quelle: Longial

procontra: Arbeitgeber müssen alle drei Jahre eine Anpassung der Betriebsrenten an die Inflation prüfen. Gibt es dafür einen Stichtag?

Anja Sprick: Generell gilt für jede Betriebsrente ein individueller Stichtag, ab dem der Anpassungsbedarf ermittelt wird. Weil das sehr aufwendig ist, können die Starttermine zur Vereinfachung auf einen einheitlichen Stichtag im Jahr oder im dreijährigen Turnus gebündelt werden. Als Maßstab dient der Verbraucherpreisindex oder die Entwicklung der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen im Unternehmen.

procontra: Was gilt, wenn die Versorgungsordnung nichts regelt?

Sprick: Tatsächlich beinhalten viele Versorgungsordnungen keine entsprechende Regelungen oder verweisen auf das Gesetz. Dann legt grundsätzlich der Arbeitgeber den Maßstab im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten fest. Ein Wechsel von einer Anpassungsmethode zu einer anderen kann zu jedem Stichtag durchgeführt werden. Wird der Prüfungsmaßstab gewechselt, ist immer von Rentenbeginn an zu prüfen. Diese Ausgangsrente ist allerdings oftmals gar nicht mehr bekannt. Auch die Bestimmung vergleichbarer Arbeitnehmergruppen und die Definition des zu vergleichenden Nettolohns kann schwierig sein – allein schon, weil alte Unterlagen fehlen.

procontra: Was kann der Arbeitgeber tun?

Sprick: Bei versicherungsförmigen Durchführungswegen Direktversicherung und Pensionskasse entfällt nach der gesetzlichen Regelung die Anpassungsprüfung, wenn ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallende Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden. Auch bei einer Beitragszusage mit Mindestleistung muss keine Anpassungsprüfung erfolgen. Und bei Versorgungszusagen nach 1999 besteht die Option, eine Steigerung der laufendenden Renten von mindestens einem Prozent jährlich zu versprechen. Dann entfällt die Prüfung. Bei neu zu erteilenden Zusagen kann letztere Möglichkeit von Anfang an genutzt werden.

procontra: Gerade viele mittelständische Arbeitgeber beschäftigen sich zum ersten Mal intensiv mit dem Thema. Was empfehlen Sie ihnen?

Sprick: Bei der Anpassungsprüfung gilt es, einige grundlegende Voraussetzungen wie beispielsweise den Rentnerbestand, die Durchführungswege sowie die Lohnentwicklung im Verhältnis zur Teuerung genau zu analysieren. Bei der Abwägung, welcher Anpassungsmaßstab für den Arbeitgeber tatsächlich finanziell vorteilhafter ist, kann die Hilfe eines versicherungsmathematischen Beraters empfehlenswert sein.

Dieses Interview entstand als Ergänzung zum Haupttext "Inflation: Alternativen zur Anpassung von Betriebsrenten".