Sinnvolle Alternative zu Riester?

Versicherer fordern „Bürgerrente“

Die Versicherungswirtschaft präsentiert eine mögliche Alternative zum Riester-System: die „Bürgerrente“. Diese staatliche geförderte Altersvorsorge solle einfach aufgebaut sein und vor allem Geringverdiener überzeugen. procontra nennt die 3 Kernpunkte aus dem Papier.

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11:01 Uhr | 05. Januar | 2023
Könnte die Bürgerrente eine sinnvolle Alternative zu Riester sein?

Könnte eine neu aufgesetzte, staatlich geförderte Rente das Problem der Altersvorsorge lösen?

| Quelle: TommL

Eine simple, rentable und zugleich staatlich geförderte Altersvorsorge scheint in weiter Ferne. Der Bestand der Riesterverträge war zuletzt abermals gesunken und liegt mittlerweile unter 16 Millionen, die Aktienrente entpuppt sich – in ihrer jetzigen Form – immer mehr als heiße Luft. Was wäre mit einer Altersvorsorge, bei der Arbeitnehmer mit jedem eingezahlten Euro eine zusätzliche staatliche Förderung von 50 Cent bekämen?

Genau diesen Vorschlag hat offenbar der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) gemacht, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Unter Federführung von Katja de la Viña, Vorstandsvorsitzende der Allianz Lebensversicherung, habe eine GDV-Arbeitsgruppe diesen Vorschlag ausgearbeitet. Am 19. Januar soll er im GDV-Präsidium diskutiert werden soll.

Die private Altersvorsorge mit dem Namen „Bürgerrente“ solle gerade Geringverdienern, die wenig Steuern zahlen, zugutekommen. „Für sie bietet ein einfaches, standardisiertes Altersvorsorgeprodukt – die Bürgerrente – mit leicht verständlicher attraktiver Förderung einen echten Mehrwert“, heißt es in dem Papier, das der Versicherungsmonitor veröffentlicht hat.

Damit verfolgt die Arbeitsgruppe ein Ziel, das der Staat auch mit der Riester-Rente im Blick hatte. Doch blieb dieses Unterfangen uneingelöst, Riester ist überaus reformbedürftig, wird mittlerweile kaum noch nachgefragt, ist bei Verbraucherschützern höchst unbeliebt und wird schon mal als „müffelnder Ladenhüter“ verunglimpft. Dagegen setzt der GDV nun sein Konzept der Bürgerrente, mit dem die Branche drei konkrete Ziele erreichen will:

1. Einfache Förderung für Geringverdiener

„Auf jeden Euro, der in die Bürgerrente eingezahlt wird, kommen jeweils 50 Cent Förderung“, heißt es in dem Papier. Erst bei der Auszahlung sollen die Leistungen besteuert werden, die Einzahlungen hingegen sollen steuerfrei sein. „Doppelbesteuerungen werden durch die Günstigerprüfung vermieden.“ Die Zulagenförderung entspreche in etwa der heutigen Förderung, solle aber einfacher sein und für den Staat „kaum Zusatzaufwand“ bedeuten. Damit die Bürgerrente vor allem Geringverdienende anspricht, sollen die förderfähigen Beiträge auf vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung begrenzt werden.

2. Rendite erhöhen durch Absenkung des Garantieniveaus

Stabilisierungsmechanismen und Mindestgarantien sollen gesetzlich verankert werden, damit Verbraucher gegen Totalverlustrisiken geschützt sind. Um die Rendite im Vergleich zu Riester zu steigern, wolle man das 100-prozentige Garantieniveau, das eine Riester-Rente verspricht, auf 80 Prozent reduzieren. Das würde den Weg hin zu riskanteren, aber auch renditeträchtigeren Investments ebnen.

Der Fokus solle zwar auf nachhaltige Kapitalanlagen gesetzt werden, doch: „Ganz ohne werthaltige Mindestsicherheiten kommen Standardprodukte nicht aus, wenn sie für breite Bevölkerungsschichten geeignet sein sollen, d.h. unabhängig von der individuellen Risikotoleranz. Sicherheit gegen Kapitalmarktrisiken ist vielen Deutschen weiterhin wichtig“, schreiben die Autoren.

3. Lebenslange Leistungen inklusive Vererbung

Da nach wie vor viele Menschen die Lebenserwartung unterschätzen, sei es wichtig, dass mit dem gesetzlichen Renteneintritt die Leistungsphase der Bürgerrente beginne. Die Ansprüche könnten teilweise vererbt werden: Demnach solle die Rente mindestens zehn Jahre und im Todesfall an die Hinterbliebenen weitergezahlt werden. Beginnt die Auszahlungsphase sollen Kunden sich auch einen Teil ihres Vorsorge-Kapitals auszahlen lassen können.

Angepeilter digitaler Vertrieb bringt Makler in Bedrängnis

Besonders interessant für Berater und Makler wird es noch einmal am Ende des Papiers: So soll das Produkt besonders kostengünstig sein und „natürlich auch digital vertrieben werden“. Wenn die Bürgerrente tatsächlich leicht verständlich und nachvollziehbar aufgebaut sein sollte, könnte sich ihr Vertriebsweg in der Tat absetzen zu Riester und ähnlichen Instrumenten. Sie machen schließlich vor dem Hintergrund der komplexen Gestaltung tatsächlich eine profunde Beratung notwendig.

Kritik von Vermittlerseite dürfte allerdings vorprogrammiert sein. Im Jahr 2021 hatte eine Aussage von GDV-Geschäftsführer Jörg Asmussen anlässlich des zwanzigsten Geburtstags der Riester-Rente für heftige Reaktionen gesorgt. Asmussen hatte sich damals für ein „kostengünstiges, digital vertriebenes und kostengünstiges Standardprodukt“ ausgesprochen. BVK-Präsident Michael Heinz hatte diese Aussage als Kampfansage aufgefasst. Insbesondere die Aussage, dass das neue Produkt digital, sprich ohne Vermittlerkosten, vertrieben werden solle, missfiel Heinz.

Viele Wege führen nach Rom (offenbar)

Mit dem neuen Konzept kommt nun also wieder mehr Bewegung in das Thema Altersvorsorge, zu dem eine Ende vergangenes Jahres von der Bundesregierung ins Leben gerufene Fokusgruppe dieses Jahr erste Ergebnisse liefern will. Geprüft werden soll dabei auch die Einführung eines Bürgerfonds als Alternative zum bestehenden Riester-System.

Auch die gesetzliche Rente steht weiter im Fokus, schließlich ist auch die Aktien-Rente, für die das Finanzministerium bislang schlappe zehn Milliarden Euro bereitgestellt hat, auf eine Unterstützung der gesetzlichen Rente runtergedampft worden. Denn im Unterschied zu den ursprünglichen Plänen der Liberalen zur Aktienrente soll der Kapitalstock nicht direkt zusätzliche Rentenansprüche der einzelnen Versicherten begründen. Vielmehr sollen die Erträge wie ein weiterer Bundeszuschuss an die Rentenkasse fließen. Allerdings halten Experten den eingeplanten Kapitalstock von zehn Milliarden als viel zu niedrig, um die Rentenversicherung zu entlasten.