Krankenkassen-Chef: „Die Hälfte der Anbieter reicht aus“
Im März wurden erste Details zum von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach initiierten GKV-Finanzstabilisierungsgesetz bekannt. Seitdem wird intensiv darüber diskutiert, wie die Finanzierungslücke in Höhe von rund 17 Milliarden Euro für 2023 gestopft werden kann und solche Lücken in Zukunft vermieden werden sollen. Eine vielfach vorgebrachte These ist die Reduzierung der aktuell 97 Krankenkassen. Dass sich viel Geld sparen ließe, wenn man die „Unmengen an Personal und Strukturen“ reduzieren würde, bestätigte in der Montagsausgabe der FAZ nun auch ein direkt Betroffener: Ralf Hermes, Vorstand der IKK – Die Innovationskasse in Lübeck.
„Deutschland hat fast 100 Krankenkassen, diese Menge braucht kein Mensch“, wird Hermes weiter zitiert. Er schätze, dass letztendlich die Hälfte davon ausreichen würde. Eine Konsolidierung, der auch seine IKK (rund 247.000 Versicherte) zum Opfer fallen würde, favorisiert er aber nicht. Vielmehr glaubt der Krankenkassen-Chef, dass es Unternehmen mit weniger als 100.000 Versicherten in den nächsten Jahren immer schwerer fallen wird, überhaupt noch am Markt zu bleiben, weil sie viele Dienstleistungen, vor allem digitale Services, extern zukaufen müssten. „Oft fehlt es an Geld, Personal, Know-how […] Die Kassen, die es nicht schaffen, müssen dann halt fusionieren oder gehen notfalls insolvent“, so Hermes.
…aber keine Monopolkasse
Eine einzige, dominante Krankenkasse lehnt er ab, weil das Gesundheitswesen sehr komplex sei und behördenartige Monopole zulasten aller Akteure gingen. Wie es in dem Zeitungsbericht heißt, befürworte der IKK-Vorstand aus Lübeck eine echte Konkurrenz unter den GKV-Anbietern. Diese könnte sich etwa durch echte Unterschiede im Kundenservice sowie durch zusätzliche Angebote zeigen. Auch bei den überall gleichen Regelleistungen könne sich Hermes ein Wetteifern der Kassen vorstellen, wenn diese eine größere Verhandlungsfreiheit gegenüber den Leistungserbringern hätten. Auf diesem Wege würde sich auch die Spreu vom Weizen trennen, schwach aufgestellte Krankenkassen also von allein verschwinden, glaubt er.
Interessanterweise wird in der Diskussion um die GKV-Finanzlücke häufig eine Reduzierung genau dieses Wettbewerbs unter den Kassen gefordert. Allein die hohen Werbeausgaben für zumeist winzige Leistungsunterschiede sind vielen Gegnern des Systems ein Dorn im Auge. Bei einer Monopolkasse würden zudem weitere Kostenpunkte wegfallen, zum Beispiel für Internetseiten, eigene Digitaldienste oder Mitgliederzeitschriften. Auch bei einem System mit nur noch 50 Krankenkassen wären diese deutlich häufiger als ein Mal vorhanden.