Internet: Vom Bestandsräuber zur Kundenquelle

Vor ein paar Jahren drohten InsurTechs, Makler überflüssig zu machen. Das hat sich mittlerweile als unrealistisch herausgestellt. Vielmehr gehört die Zukunft dem hybriden Vermittler. Wie dieser aussehen kann, zeigen verschiedene Erfolgskonzepte.

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15:01 Uhr | 13. Januar | 2020
Der hybride Makler kennt viele Wege, ist dabei aber immer so persönlich wie nötig.

Der hybride Makler kennt viele Wege, ist dabei aber immer so persönlich wie nötig. Bild: Adobe Stock/pressmaster

Es ist keine fünf Jahre her, da wurde der Abgesang auf die persönlichen Versicherungsvermittler eingeläutet. Damals enterten zahlreiche InsurTechs wie Clark und Knip den deutschen Markt und versprachen eine Revolution: Den besten Schutz zum besten Preis – schnell, digital und bequem von Zuhause aus. Das Potenzial der Kunden, die sich lieber per App als von einem Menschen in ihrem Wohnzimmer beraten lassen wollen, wurde als riesig eingeschätzt. Dem klassischen, persönlichen Vermittler wurde hingegen eine düstere Zukunft prophezeit.

Nachvollziehbar also, falls unter Maklern einige Zeit lang die Angst umging, von InsurTechs ersetzt zu werden. Die Sorge war auch nicht ganz unbegründet. Schließlich konnten die „Bestandsräuber“ – bei Knip wurde zeitweise mit der App-Nutzung nicht ganz offensichtlich eine Maklervollmacht erteilt – zu Beginn schnell wachsende Zahlen vermelden. So brachte es Knip nach drei Monaten bereits auf ein verwaltetes Prämienvolumen von rund 25 Millionen Euro. Auch Clark, mit demselben Geschäftsmodell unterwegs, konnte nach rund einem Jahr etwa 30 Millionen Euro vorweisen.

Empathie wiegt schwer

Mittlerweile hat sich die Verdrängung der persönlichen Vermittler durch InsurTechs aber als unrealistisch herausgestellt. Zu schwer wiegen ganz offenbar die Empathie des persönlichen Gesprächs oder die Begleitung im Schadenfall, um sie so einfach zu ersetzen. Das belegt auch die Anzahl der Makler im DIHK-Vermittlerregister. Sie verbleibt nun schon seit längerem bei etwa 46.000 und hat seit dem Einstieg der InsurTechs keinen signifikanten Einbruch erlebt.

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Möglicherweise haben also manche InsurTechs ihre Bedeutung ein wenig überschätzt. Doch das ist vermutlich nur die halbe Wahrheit. Großen Anteil am Fortbestand der Makler hatte auch deren Erkenntnis, das Internet und seine Möglichkeiten als Kundenquelle zu betrachten (siehe dazu Interview mit Wladimir Simonov). So nutzen, laut „Maklers Lieblinge 2019“, mittlerweile 80 Prozent der Makler die technische Unterstützung von Maklerpools, zum Beispiel deren Maklerverwaltungsprogramme und Tools wie etwa Software-Baukästen für die eigene Internetseite oder Erstinformation.

Seite 1: Haben sich die InsurTechs überschätzt? Seite 2: 20 Millionen BauFi-Summe im Homeoffice Seite 3: Jeder vierte Neukunde kommt über Instagram

Aber nicht nur die Angebote der Pools helfen Vermittlern bei der Transformation zum hybriden Makler. Auch einige Experten, die die Zeichen der Zeit schon früh erkannt haben, geben ihr Wissen in Form von Schulungen weiter. Zu ihnen zählt Jan Helmut Hönle. Im Jahr 2001 hatte er sich auf das Thema Baufinanzierung spezialisiert. Über eine eigene Internetseite gewann er Leads, die er dann bevorzugt telefonisch bearbeitete. Im Jahr 2004 lernte er ein, aus heutiger Sicht, simples Tool kennen, mit dem man seinen Bildschirm auf den PC des Kunden übertragen konnte. „Für mich war das damals ein Quantensprung. Denn so konnte ich von Nürnberg aus die Kunden bundesweit mit dem Thema Baufinanzierung beraten und in deren Wohnzimmer kommen, ohne tatsächlich vor Ort anwesend und tausende von Kilometer in Deutschland unterwegs zu sein“, erzählt er procontra.

Das enorme Potenzial der Online-Beratung erkannte Hönle, als er nur drei Jahre später in einem Jahr 20 Millionen Euro Baufinanzierungssumme vermittelte – als Einzelkämpfer aus dem Homeoffice heraus. Direkt vor Ort berät er heute gar nicht mehr. Laut Hönle sind über 90 Prozent der Anfragen mit dem Weg der Online-Beratung einverstanden und werden dann auch Kunde. Sein System gibt er als Trainer über seine Deutsche Akademie für Video- und Online-Beratung und als profino-Dozent auch an andere Vermittler weiter. Seinen sogenannten „Führerschein zur Online-Beratung“ kann man schon in einem vierstündigen Workshop absolvieren.

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Hybride Makler holen also mehr aus ihrem größten Trumpf – der persönlichen Beratungskompetenz – heraus, indem sie sich von den Möglichkeiten des Internets Unterstützung einholen. Das geht zum Beispiel auch über soziale Netzwerke, allen voran Facebook und Instagram. Auf letzterem ist die Maklerin Franziska Zepf erfolgreich unterwegs. Unter anderem durch ihr Social Media-Konzept wurde sie im vergangenen Jahr Dritte beim Jungmakler Award und wurde auch beim OMGV-Award 2019 in der Kategorie „Neue Medien. Neue Wege.“ ausgezeichnet.

Auf Instagram (@franziska_zepf) postet sie eine Mischung aus privaten und beruflichen Inhalten – und das ganz bewusst. Denn anhand der Nutzer-Reaktionen merkte sie schnell, dass die Menschen, die ihr zuvor wegen den ausschließlich privaten Posts gefolgt waren, auch an den Einblicken in ihr Berufsleben Interesse zeigten. In ihrem Fall sind das hauptsächlich junge Frauen. Durch regelmäßigen Austausch über Instagram ergaben sich dann nach und nach auch Kundenbeziehungen. Ihre Inhalte teilt sie aber nicht einfach aus dem Bauch heraus. Ich habe einen ganz genauen Plan, was ich tun will. Ich schreibe meine Postings eine Woche im Voraus“, so Zepf. Dafür braucht sie etwa zwei Stunden. Ungeübte sollten am Anfang eher mit dem doppelten Zeitaufwand rechnen. Doch der kann sich lohnen. Wie sie procontra verrät, bezieht die Maklerin heute etwa 25 Prozent ihrer Neukunden über Instagram.

2-3 Arbeitstage für den Blog

Über ihre Online-Präsenz erhalten auch die Brüder Stefan und Tobias Bierl „eine nicht gerade geringe Anzahl an Neuanfragen“, wie sie procontra auf Nachfrage mitteilen. Seit 2013 verfügt ihre gemeinsame Finanzberatung Bierl über eine eigene Internetseite, zwei Jahre später kam noch ein Blog dazu. Über diesen geben die beiden jungen Makler Einblicke in ihre tägliche Arbeit und zeigen potenziellen Kunden „wie wir ticken“, so Tobias Bierl. In ihren Beiträgen setzen sie sich – fachlich und humorvoll zugleich – mit Missständen der Branche auseinander. Auch dies wurde beim OMGV-Award gewürdigt und die Bierl-Brüder in der Kategorie „Social Media & Content Marketing“ ausgezeichnet. Doch der Erfolg ist kein Selbstläufer. Durchschnittlich 20 bis 25 Stunden Arbeitsaufwand pro Monat für die Erstellung neuer und die Überarbeitung bestehender Inhalte stecken sie in Internetseite und Blog.

Alles in allem ergibt sich der Eindruck, dass der Abgesang auf die persönlichen Berater vorschnell erfolgt ist. Viele Beispiele zeigen, dass Makler die Trends erkannt haben und ihren Nutzen aus den Vorstößen der InsurTechs gezogen haben. Aus der vermeintlichen Revolution zu Lasten der Vermittler ist eine Evolution eben dieser geworden.

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