Unter Maklern hat die R+V-Tochter Condor einen hervorragenden Ruf. Insbesondere die Fondspolicen des Maklerversicherers genießen ein zum Teil hohes Ansehen unter Vermittlern – in Gesprächen fällt schon einmal das Wort „eierlegende Wollmilchsau“ für das eine oder andere Produkt – kostengünstige Produkte mit breiter Fondsauswahl für den Kunden, verhältnismäßig kurze Stornohaftungszeiten für den Makler.
Ein Blick in den aktuellen Geschäftsbericht unterstreicht, dass die Fondspolicen der Condor stark nachgefragt werden: Insgesamt 17.000 neue Verträge wurden im Jahr 2020 abgeschlossen – verglichen zu 11.700 im Jahr 2019 und 8.500 im Jahr 2018 stellt das eine deutliche Steigerung dar. Knapp 39 Prozent des Neuzugangs entfiel im vergangenen Jahr dabei auf Fondspolicen.
Geschäft gegen laufenden Beitrag wird eingestellt
Der positiven Entwicklung der vergangenen Jahre könnte demnächst ein jähes Ende bereitet werden. Denn laut Informationen, die procontra vorliegen, plant die Condor, das Fondspolicengeschäft im kommenden Jahr deutlich zusammenzustreichen. Künftig sollen Fondspolicen nur noch gegen Einmalbeitrag oder auf Honorarbasis vertrieben werden – das Geschäft gegen laufenden Beitrag wird hingegen komplett gestrichen.
Konfrontiert mit den Informationen bleibt ein Dementi der Condor aus. Stattdessen heißt es: „Ab 2022 werden fondsgebundene Rentenversicherungen auch weiterhin ein Schwerpunkt im Vertrieb bleiben. Der klare Fokus liegt künftig jedoch auf dem Einmalbeitragsgeschäft.“
Erst im November dieses Jahres waren die Tarife der Congenial-Produktlinie überarbeitet und die Kostenstrukturen angepasst worden. Nun, nicht einmal zwei Monate später, wird der Stecker gezogen – in der Branche brodelt deshalb die Gerüchteküche. Eine Theorie: Der bei der Condor-Mutter R+V traditionell starke Bankenvertrieb habe im boomenden Neugeschäft der Condor eine zunehmende Konkurrenz für sich selbst gesehen und entsprechend interveniert. Die R+V schweigt sich hingegen zu den Gründen aus, eine entsprechende Nachfrage bleibt unbeantwortet.
Laufender Beitrag nur noch gegen Honorar
Dafür betont der Versicherer, dass die Fondspolicen – auch gegen laufenden Beitrag – weiterhin auf Honorarbasis vertrieben werden können. „Im Vertrieb setzt die Condor Lebensversicherungs-AG zudem künftig noch stärker auf Nettotarife“, teilt der Versicherer gegenüber procontra mit. Damit würde die Honorarvermittlung gestützt, die auch die neue Bundesregierung stärken wolle, schreibt Condor.
Eine Stärkung der Honorarvermittlung war zwar von Seiten der Grünen und auch der SPD geplant, taucht aber im aktuellen Koalitionsvertrag nicht auf. Auf Nachfrage erklärte der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler knapp: „Das ist nicht vorgesehen.“
Nicht betroffen von der „Nachjustierung der Vertriebsausrichtung“ ist jedoch das Geschäft mit biometrischen Risiken, sprich BU- und Risikolebensversicherungen, sowie mit der betrieblichen Altersversorgung. Diese beiden Sparten seien weiterhin Vertriebsschwerpunkte, teilte ein Condor-Sprecher mit.
Verbunden ist die Entscheidung, den Fondspolicen-Vertrieb einzuschränken, offenbar auch mit personellen Konsequenzen. So soll ein großer Teil des Condor-Vertriebsteams laut procontra-Informationen entweder ihren Arbeitsplatz verlieren oder innerhalb des R+V-Konzerns anderweitig eingesetzt werden. Auf Nachfrage heißt es hierzu: „Die Nachjustierung in der Vertriebsausrichtung hat zur Folge, dass sich die Abläufe ändern. Die veränderte Fokussierung im Neugeschäft kann zu Verschiebungen in den Aufgabenfeldern von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern innerhalb der R+V-Gruppe führen.“ Unklar bleibt, ob hiermit auch Freistellungen beziehungsweise Kündigungen gemeint sein könnten.
Unter Maklern wächst der Unmut – auch aufgrund der Kommunikationspolitik des Versicherers. Bereits die Tarifanpassung aus dem November war aus Sicht einiger Makler sehr schlecht, da sie äußerst kurzfristig kommuniziert worden ist. Nun folgt offenbar die Einstellung des Tarifs – ein offizielles Statement des Versicherers steht allerdings weiterhin aus. „Das ist ein Schlag ins Gesicht der Makler“, heißt es von Vermittlern, die zuletzt große Anteile ihres Geschäfts über den Hamburger Versicherer zeichneten. Ob das auch in Zukunft der Fall sein wird, bleibt abzuwarten.
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