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Tarif-Wirrwarr in der Unfallversicherung: Franke und Bornberg schlägt Alarm

In einem neuen Rating attestiert Franke und Bornberg Unfallpolicen zwar Fortschritte bei der Qualität, kritisiert aber die wachsende Intransparenz der Tarife. Eine Entwicklung, die sich noch einmal rächen könnte.

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13:08 Uhr | 19. August | 2025
Mann mit Gipsbein

Mann mit Gipsbein: Die private Unfallversicherung leistet bei Unfällen in der Freizeit oder im häuslichen Umfeld.

| Quelle: Tom Merton

Was Sie erfahren werden

  • Warum die Ratingagentur Franke und Bornberg die Zukunft der privaten Unfallversicherung in Gefahr sieht

  • Wie Intransparenz in Bedingungswerken die Analyse erschwert

  • Woran schwache Tarife scheitern

Mit einer Schaden-Kosten-Quote von 76 Prozent ist die private Unfallversicherung ein verlässlicher Ertragsbringer im Kompositgeschäft. Doch hinter der stabilen Fassade brodelt es: Komplizierte Bedingungswerke, intransparente Leistungskataloge und eine Marktkommunikation, die gerade bei jungen Kunden nicht mehr verfängt. Das Analysehaus Franke und Bornberg sorgt sich deshalb trotz verbesserter Tarifqualität im aktuellen Rating um die Zukunft der privaten Unfallversicherung.

„Die GDV-Musterbedingungen für die private Unfallversicherung dienen heute für viele Versicherer bestenfalls als grobes Raster“, kritisiert Geschäftsführer Michael Franke. Insbesondere durch die vielfältigen Erweiterungen des Unfallbegriffs drifteten die Unfallbedingungen immer weiter auseinander – in der Struktur ebenso wie beim Wording.

Identische Sachverhalte würden unterschiedlich benannt, fachlich zusammengehörende Passagen wirkten eher zufällig platziert oder würden thematisch vermischt. So könne sich beispielsweise der Einschluss von Vergiftungen je nach Anbieter sowohl bei den Erweiterungen des Unfallbegriffs als auch als Ausnahme bei den Ausschlüssen wiederfinden.

Kein Wachstum, alternde Bestände 

„Dieser Flickenteppich macht die Analyse von Unfall-Tarifen extrem aufwändig und zeitintensiv – sogar für unsere versierten Analysten“, so Franke. Das erschwere einen objektiven Vergleich und verwässere den Leistungskern der privaten Unfallversicherung, was sich in Zukunft rächen könne.

Laut GDV gebe es zwar noch rund 24,8 Millionen Unfallverträge, aber das Neugeschäft stagniere seit Jahren und die Versicherten würden immer älter. Wenn es nicht gelinge, das Leistungsprofil zu schärfen und jüngere Zielgruppen besser zu erreichen, werde die Unfallversicherung daher mittelfristig Marktanteile verlieren, glaubt Franke. Großer Nachholbedarf bestehe auch noch in puncto nachhaltiger Versicherungsschutz. Gerade auf dem Feld der Prävention seien neue Ideen gefragt.

Das Unfall-Rating im Detail

Das aktuelle Rating von Franke und Bornberg bewertet insgesamt 486 Tarife von 93 Gesellschaften. Das Ergebnis: Fast 12 Prozent der Tarife schaffen es 2025 in die absolute Spitze („hervorragend“) – ein leichtes Plus gegenüber dem Vorjahr (10 Prozent). Mehr als jeder vierte Tarif (26 Prozent) erhält ein „sehr gut“. Hier zeigt sich ebenfalls ein moderater Fortschritt. Ebenso viele Tarife wie die Spitzenklasse weist das untere Ende der Qualitätsskala auf: Gut 12 Prozent aller Tarife sind 2025 mangelhaft oder ungenügend.

>> Alle Ergebnisse auf Tarifebene können Sie hier einsehen.

Daran scheitern schwächere Unfall-Tarife

Der „erweiterte Unfallbegriff“ benennt Ereignisse, die bedingungsgemäß einem Unfall gleichgestellt werden, etwa Schäden durch Infektionen. „Weniger gute Tarife scheitern, weil sie in diesen Fällen nicht zahlen“, heißt es bei Franke und Bornberg. Und weiter: „Gibt es kein Geld, wenn der Unfall durch Herzinfarkt, Schlaganfall und Krampfanfälle oder die Einnahme von Medikamenten ausgelöst wurde, schafft es ein Tarif ebenfalls nicht ganz nach oben.“ Andere Tarife scheiterten an einer höheren Bewertung, weil Assistanceleistungen oder die Einmalzahlung bei schweren Verletzungen (Soforthilfe) im Leistungskatalog fehlten.

So viel kostet guter Unfallschutz

Ein leistungsstarker Tarif mit 100.000 Euro Versicherungssumme und 500 Prozent Progression ist für 30-jährige Büroangestellte laut Franke und Bornberg ab etwa 120 Euro pro Jahr erhältlich. Für körperlich tätige Personen liege die Bandbreite bei 200 bis 400 Euro. Besonders wichtig bei der Tarifauswahl sei eine hohe Grundversicherungssumme. Der Grund: Tarife mit hohen Progressionen weisen zwar bei hohen Invaliditätsgraden teils beeindruckende Summen aus, schwächeln jedoch bei weniger gravierenden Unfallfolgen.