Huk-Coburg-Chef Heitmann

„Wir haben zum Jahreswechsel mehr als 100.000 Kunden verloren“

In klaren Worten beschreibt der Chef der Huk-Coburg im Interview mit der Börsen-Zeitung die schlechte Lage der Autoversicherer und räumt dabei eigene Fehleinschätzungen ein. Vor 2026 mache die Branche wohl keine Gewinne mehr.

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14:01 Uhr | 10. Januar | 2024
"Wir haben zum Jahreswechsel 2023/2024 mehr als 100.000 Kunden verloren."

Klaus-Jürgen Heitmann, Vorstandsvorsitzender der Huk-Coburg-Gruppe, nahm im Interview mit der Börsen-Zeitung bezüglich der Krise in der Kfz-Versicherung kein Blatt vor den Mund.

| Quelle: Huk-Coburg

Es sieht nicht gut aus, für viele Autoversicherer. Inflation, Schadenhäufung und Servicestau führen zu Verlusten bei den Anbietern, zwingen zu Beitragserhöhungen und nerven die Kunden. In einem Interview mit der Börsen-Zeitung vom 10. Januar fand Klaus-Jürgen Heitmann, der Vorstandssprecher des dominierenden Kfz-Versicherers Huk-Coburg, klare Worte.

Tief in den roten Zahlen

Den Ausführungen Heitmanns zufolge hat die Branche das Ausmaß der Inflation unterschätzt. Gemeint sind hier die Preissteigerungen in den Autowerkstätten für Ersatzteile, aber auch Lohnkosten. Hinzu gekommen sei die Steigerung der Schadenhäufigkeit. Es gebe mehr Unfälle. Weil die Beitragserhöhungen zum Jahreswechsel 2022/2023 die Durchschnittsbeiträge nicht in dem Maße gesteigert haben, wie die Branche oder auch Huk-Coburg gedacht habe, schrieben die Autoversicherer jetzt tiefrote Zahlen. Die Branche schätze die Schaden-Kosten-Quote 2023 auf 110 Prozent.

Laut Heitmann kann die Relation noch schlechter ausfallen. „Wir erwarten für die Huk-Coburg 114 bis 115 Prozent„, sagte der Vorstandssprecher und ergänzte: „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir dies im Kraftfahrt-Segment jemals gehabt hätten“. Er räumte ein, dass sein Unternehmen das zweite Jahr in Folge schlechter als der Schnitt der Konkurrenz abschneiden könnte. „Ich bin damit nicht zufrieden.„ Er betonte aber auch, dass jeder Versicherer die Verluste ein paar Jahre lang durch die Nutzung von Reserven mindern könne. „Dies tun wir nicht, wir kaschieren nichts.“

Falscher Vertriebskanal kann wehtun

Die Lage in der Branche sei so kritisch, dass die Finanzaufsicht BaFin die Autoversicherer unter die Lupe nähme. Heitmann zufolge gibt es Anbieter, die die Belastungen unterschätzen. „Wenn ein neuer Player mit wenig Policen-Bestand mit den zu niedrigen Preisen und vielleicht auch noch über den falschen Vertriebskanal richtig viel Geschäft hereinholt, kann das auch mal sehr wehtun.“

Im Verlauf des Jahres 2023 habe der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit seine Preise mehrmals spürbar heraufgesetzt. Im Schnitt lande der Versicherer bei einer durchschnittlichen Erhöhung von fünf bis sechs Prozent. Der Markt ohne die Huk dürfte um rund vier Prozent erhöht haben, berichtet Heitmann. Wörtlich sagt er: „Natürlich halten wir das Marktversprechen aufrecht, der preisgünstigste Autoversicherer zu sein. Aber im Gegensatz zu vielen Konkurrenten stellt die Autoversicherung einen großen Teil unseres Gesamtgeschäfts. Entsprechend genau schauen wir dort auch hin.„ Bei vielen Kunden kam das nicht gut an: „Wir haben zum Jahreswechsel 2023/2024 mehr als 100.000 Kunden verloren.“ Normalerweise gehöre Huk-Coburg zu den Siegern; jetzt habe man Marktanteile verloren.

Sanierung dauert wohl bis 2026

Die Sanierung der eigenen Autosparte sei nicht einfach. Vermutlich 2024 und 2025 werde HUK-Coburg und wohl auch die Branche noch eine nennenswerte rote Schaden-Kosten-Quote melden müssen. „2026 sollte die Huk-Coburg wieder unter 100 Prozent liegen“, gab Heitmann als Ziel vor.

Probleme gebe es auch beim Service. Im Schaden- und Leistungsbereich müssten Kunden „teilweise deutlich mehr als zwei Wochen auf eine Antwort warten. Derart lange Zeiten akzeptieren die Leute heute überhaupt nicht mehr. Wir arbeiten uns gerade wieder in die Größenordnung von zwei Wochen zurück“, räumte der Vorstandschef im Interview mit der Börsen-Zeitung ein. Die geleisteten Überstunden kosteten viel Geld. Man sei von der Steigerung der Schäden überrascht worden. Zudem erreiche die Huk mit mobilem Arbeiten und Homeoffice nicht überall die früheren Produktivitätswerte. Auch wetterbedingte Arbeitsspitzen kämen häufiger vor – Stichwort: Hagelschäden.