Schadenfall der Woche

Wenn freiwillige Pannenhilfe plötzlich fast 800 Euro kostet

Als ein paar Feuerwehrleute ihr auf der Landstraße Hilfe beim Reifenwechsel anboten, wähnte eine Frau schon ihr Glück im Unglück. Doch auf die freundliche Hilfe folgte eine saftige Rechnung.

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10:05 Uhr | 17. Mai | 2023
Wenn freiwillige Pannenhilfe plötzlich fast 800 Euro kostet

Als ein paar Feuerwehrleute ihr auf der Landstraße Hilfe beim Reifenwechsel anboten, wähnte eine Frau schon ihr Glück im Unglück. Doch auf die freundliche Hilfe folgte eine saftige Rechnung.

| Quelle: procontra

Eine Reifenpanne ist gefährlich und zudem auch immer ärgerlich. Vorausgesetzt es ist nichts Schlimmeres passiert, steht man irgendwo in der Pampa am Straßenrand und wartet auf Hilfe. Wer einen Schutzbrief hat oder Mitglied in einem Automobilclub ist, hat Glück im Unglück und kann darüber Hilfe anfordern.

So tat es im Dezember 2022 auch eine Frau in Hessen. Während sie auf den bestellten Pannenhelfer wartete, kamen plötzlich sechs Fahrzeuge einer freiwilligen Feuerwehr vorbei, besetzt mit 17 Einsatzkräften. Diese waren eigentlich zur Entfernung eines auf die Straße gestürzten Baumes gerufen worden, fanden diesen aber nirgends – ein Umstand, der für sich schon eine Geschichte wert wäre.

Erst freundliche Hilfe, dann saftige Rechnung

Da sie unerwartet nichts zu tun hatten, boten die Einsatzkräfte der Frau ihre Hilfe an und wechselten ihr den Reifen, noch bevor die Pannenhilfe eintraf. Die Autofahrerin freute sich, allerdings nicht lange. Denn kurz darauf meldete sich die Stadt Kirtorf mit einem Schreiben bei ihr, in dem sie 784,20 Euro für die Arbeit ihrer freiwilligen Feuerwehr verlangte. Eigentlich seien durch die Pannenhilfe sogar Kosten von über 1.000 Euro angefallen, hieß es weiter. Ein Stundensatz von dem Kfz-Mechaniker und nahezu alle anderen Berufsgruppen nur träumen können. Man habe den Betrag aber „aus Billigkeitsgründen“ um ein Viertel reduziert.

Das wollte die Frau auf keinen Fall akzeptieren und wandte sich mit einem Eilantrag vor dem Gießener Verwaltungsgericht gegen den Bescheid. Dieses gab der Frau Recht und erklärte per Beschluss vom 15.05.2023 (Az. 2 L 260/23.Gl), dass hier keine Rechtsgrundlage vorliege, auf die sich die Forderung der Stadt stützen könne. Ein pauschaler Verweis auf die Feuerwehrgebührensatzung reiche nicht aus und zudem habe auch keine „unaufschiebbare Gefahrenlage" bestanden, die ein Eingreifen der Feuerwehr erforderlich gemacht hätte. Vielmehr hätte die Frau von kostenloser Hilfe ausgehen können, so das Gericht. Schließlich habe sie die Feuerwehr gar nicht angefordert und sei von den Einsatzkräften vor Ort auch nicht auf die Entstehung von Gebühren in Verbindung mit der Pannenhilfe hingewiesen worden.

Die Autofahrerin musste also nichts bezahlen. Jedoch kann gegen den Beschluss noch Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt werden.