Vergleichsportale: Oft illegale Versicherungsvermittlung

Zahlreiche Vergleichsportale im Internet bedienen auch das Thema Versicherungen. Das Bundeskartellamt schaut jetzt genauer hin, erkennt aber das dringendste Problem noch nicht. Deswegen müssen sich Makler selbst gegen Wettbewerbsverstöße wehren.

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12:04 Uhr | 16. April | 2019
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Es häufen sich die Fälle, in denen Vergleichsportale keine Zulassung als Versicherungsvermittler besitzen und demnach illegal arbeiten. Sie riskieren hohe Bußgelder, warnt Wilfried E. Simon. Bild: IGVM

Das Bundeskartellamt hat den Abschlussbericht einer Untersuchung zu Vergleichsportalen in den Branchen Reisen, Energie, Versicherungen, Telekommunikation und Finanzen vorgelegt. Dabei wurden sieben Problemfelder erkannt, von denen zwei typisch für die Versicherungsbranche seien, die aber nicht wirklich neu sind (procontra berichtete).

Teilweise wichtige Anbieter sind nicht in den Vergleich mit einbezogen, zudem bestünden Kooperationen zwischen verschiedenen Vergleichsportalen bei Datenbasis und Tarifrechner, was „zu verbraucherschädigenden Irreführungen, Transparenzverstößen oder Schleichwerbung“ führen kann. Hinweise der Portale auf Knappheit, Vorteile oder Exklusivangebote seien ebenfalls missverständlich formuliert und könnten falsche Erwartungen wecken. Bewertungen stammen in der Regel nur von Nutzern, die erfolgreich über das Portal einen Abschluss getätigt haben, sodass die Bewertungsbreite eingeschränkt ist.

Zu den 17 Versicherungsvergleichern gehört auch Versicherungsvergleich.org aus der Unternehmensgruppe Finanzen.de Vermittlungsgesellschaft für Verbraucherverträge GmbH. Dieses Portal und auch die Gruppe sind Vermittlerverbänden unangenehm aufgefallen. So gibt das Portal zahlreiche Informationen zu einzelnen Sparten und vergleicht Angebote, doch Finanzen.de ist laut Impressum gar nicht als Versicherungsvermittler zugelassen. Erst weiter unten wird in Bezug auf Versicherungen die Finanzen.de Maklerservice GmbH mit 34d-Zulassung erwähnt.

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Seite 2: Nicht untersucht: Zulassung als Versicherungsvermittler
Seite 3: Tchibo-Entscheidung kippte Tippgeber-Argument

Nicht untersucht: Zulassung als Versicherungsvermittler

Wilfried E. Simon, Vorstandsvorsitzender der IGVM – Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler, sieht solche Seiten im Trend, Versicherungsvermittlung zu betreiben, ohne dass der Betreiber dafür eine ordnungsgemäße Erlaubnis oder Registrierung besitzt. Das sei nicht nur unlauterer Wettbewerb, sondern ein gravierender Gesetzesverstoß.

Durch die IDD wurde die Erweiterung des Vermittlungsbegriffs gefordert und durch das IDD-Umsetzungsgesetz auch ab 23. Februar 2018 durchgesetzt, um den Verbraucherschutz zu stärken. „Demnach ist auch Versicherungsvermittler (nach Paragraf 59 Absatz 1, Satz 3 VVG), wer eine Vertriebstätigkeit im Sinne von Paragraf 1a Absatz 2 VVG ausführt, ohne dass die Voraussetzungen der Absätze 2 oder 3 vorliegen“, erklärt Simon.

Mit anderen Worten: Schon die Bereitstellung von Informationen zu Versicherungen auf einer Webseite sowie die Möglichkeit, mittelbar einen Versicherungsvertrag abschließen zu können (Paragraf 34d Absatz 1 Satz. 4 GewO), begründet den Vermittlerstatus und geht über die Tippgeberfunktion hinaus. Das gilt laut Simon auch für den Fall, dass der Nutzer zum Abschluss einer Versicherung auf eine andere Webseite weitergeleitet wird, deren Betreiber eine Zulassung besitzt – wie im Fall von Versicherungsvergleich.org.

IHK muss aktiv werden, sonst bleibt Maklern nur Selbsthilfe

Hier müssen die zuständigen Industrie- und Handelskammern aktiv werden, sonst bleibt Maklern nur die Selbsthilfe, fordert die IGVM von den Aufsichtsbehörden. Der Verband hat zwischenzeitlich mit Erfolg mehrere Webseitenbetreiber aufgefordert, sich entweder registrieren zu lassen und damit auch die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten oder die Webseite vom Netz zu nehmen. Einige Betreiber sind dem gefolgt, andere zieren sich noch. „Wir wünschen uns eine verstärkte Kontrolle durch die zuständigen Industrie- und Handelskammern als Aufsichtsbehörden“, sagt Simon.

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Seite 3: Tchibo-Entscheidung kippte Tippgeber-Argument

Schon die sogenannte Tchibo-Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) kippte die Tippgeber-Argumentation. Somit hatte ein IGVM-Vorstandsmitglied bereits in einem anderen Fall Erfolg: Das Portal Versicherungscheck24.de (nicht zu verwechseln mit CHECK24.de), dessen Betreiber sich ebenfalls nur als Tippgeber sah, wurde vom Landgericht Dresden verpflichtet, seine Vermittlungstätigkeit ohne Zulassung aufzugeben oder eine Zulassung nachzuweisen (Az.: 11 O 2394/17 – rechtskräftig). Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Versicherungsvermittlung betrieben wurde, ohne die Zulassung nach Paragraf 34d Gewerbeordnung (GewO) zu besitzen. Der Portalbetreiber hat inzwischen gewechselt und ist im Besitz einer 34d-Zulassung bei der IHK Leipzig.

Schon Tchibo-Entscheidung kippte Tippgeber-Argument

Die Richter knüpften damit an die Entscheidung des BGH an, der bereits 2013 den illegalen Versicherungsvertrieb von Tchibo gestoppt hatte (Az.: I ZR 7/13). Auf der Tchibo-Homepage waren neben klassischen Versicherungen auch Finanzprodukte per Mausklick offeriert wurden, ohne dass hierfür eine gesetzliche Genehmigung vorlag. Der Kaffeeröster hatte sich selbst nur als Tippgeber betrachtet und als solcher von einer Genehmigungspflicht befreit gesehen. Laut BGH gingen die Tchibo-Aktivitäten für einen reinen Tippgeber zu weit, da nicht nur Kontaktdetails weitergegeben, sondern dem Kunden die Möglichkeiten zu einem Online-Abschluss für konkrete Produkte offeriert wurden.

Betreiber derartiger Webseiten sollten sich schleunigst eine Zulassung beschaffen oder die Webseite vom Netz nehmen, denn niemand könne sich nunmehr aufgrund des IDD-Umsetzungsgesetztes auf die Funktion eines bloßen Tippgebers herausreden, sofern er eine Webseite mit Vergleichsrechner betreibt. Dennoch tummeln sich zahlreiche Webseitenbetreiber im Netz, die offenbar noch nicht mitbekommen haben, dass sie illegal arbeiten. Daher empfiehlt Simon Webseitenbetreibern, sich entweder schnellstens eine Zulassung nach Paragraf 34d Absatz 1 Gewerbeordnung (GewO) zu beschaffen – samt Sachkundeprüfung, Vermögenschaden-Haftpflichtversicherung und regelmäßiger Weiterbildung - oder Vergleichsinhalte zu Versicherungen offline zu stellen.

Betreiber sollten Zulassung schleunigst beschaffen

Die Verletzung von Vorschriften über erlaubnisbedürftige Gewerbe stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann durch die IHK mit einer Geldbuße bis zu 5.000 Euro geahndet werden (nach Paragraf 144 GewO) oder mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft werden (nach Paragraf 148 GewO). Zusätzlich steht jedem Marktteilnehmer eine Wettbewerbsklage wegen illegaler Versicherungsvermittlung zu, da es sich bei § 34d GewO um ein Schutzgesetz handelt und vom Betreiber unlauterer Wettbewerb stattfindet (nach Paragrafen 3, 3a UWG).

In seinem Urteil vom 31. Mai 2018 führte der Europäische Gerichtshof (EuGH) aus, dass die den Abschluss eines Versicherungsvertrages betreffenden Vorbereitungsarbeiten auch dann unter den Begriff der Versicherungsvermittlung fallen, wenn der betreffende Versicherungsvermittler nicht die Absicht hat, einen tatsächlichen Versicherungsvertrag abzuschließen (Az.: C-542/16).

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