Urteil

Tinnitus durch lautes Hupen – Schmerzensgeld?

Ein Feuerwehrmann warnte beim Parken des Feuerwehrautos seinen Kollegen durch das Betätigen des Signalhorns. Dieser erlitt einen Hörschaden und klagte auf Schadenersatz.

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08:03 Uhr | 27. März | 2023
Hupe wird an Ohr gehalten

Ein Feuerwehrmann erlitt durch Hupen eines Kollegen einen Hörschaden und verlangte daraufhin Schadenersatz. Ob ihm das zusteht, entschied nun ein Landgericht.

| Quelle: Thomas Vogel

Wer als Fußgänger schon einmal von einem Auto angehupt wurde, kennt denn Schrecken – und die Lautstärke. Im Vergleich zum potenziellen körperlichen Schaden durch einen Unfall ist das Lautsignal allerdings zu vernachlässigen. Könnte man meinen. Ein Feuerwehrmann, der von seinem Kollegen per Signalhorn aufmerksam gemacht worden ist, sah diesen Punkt nämlich anders.

Was war passiert?

Beim Einparken des Feuerwehrautos hupte der fahrende Feuerwehrmann seinen Kollegen, der mit dem Rücken zum sich nähernden Feuerwehrauto auf einem Bürgersteig stand, an. Tatsächlich tat er auch gut daran, denn bemerkt hatte sein Kollege das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt nämlich noch nicht.

Nachdem der Fahrzeugführer aus etwa vier Metern Entfernung das Signalhorn betätigt hatte, erlitt der Feuerwehrmann einen Hörschaden inklusive eines beidseitigen Tinnitus und war aufgrund dessen über 18 Monate arbeitsunfähig. Der Vorfall wurde als Arbeitsunfall anerkannt, dem Betroffenen wurde ein Behinderungsgrad von 30 Prozent attestiert.

Daraufhin verlangte der geschädigte Feuerwehrmann von seinem Kollegen ein Schmerzensgeld in Höhe von 16.800 Euro und zog vor Gericht. In erster Instanz scheiterte er, das Arbeitsgericht Nürnberg wies seine Klage ab. Die Begründung: Bei dem Betätigen des Signalhorns zur Warnung der umstehenden Personen handele es sich um eine betriebliche Tätigkeit. Zudem habe der Fahrzeugführer weder das Unfallereignis noch den Personenschaden des Klägers vorsätzlich herbeigeführt.

Der Kläger ging in Berufung. Doch das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg bestätigte das erstinstanzliche Urteil (Az. 7 Sa 243/22) und wies die Berufung zurück.

Die Begründung des Urteils

Demnach sind Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, nur dann zum Schadenersatz verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem versicherten Weg herbeigeführt haben (Haftungsausschluss nach § 105 Sozialgesetzbuch (SGB) VII).

Auch das LAG erklärte, dass die Betätigung des Signalhorns betrieblich veranlasst war. Denn das Hupen stehe in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Vorhaben, das Fahrzeug an seinen Abstellplatz zu bringen. Zur betrieblichen Veranlassung zählt auch die akustische Warnung anderer Mitarbeiter vor einer gefahrenträchtigen Situation beim Rangieren mit einem schweren Fahrzeug.

Für die Annahme einer vorsätzlichen Herbeiführung eines Versicherungsfalls sei ein „doppelter Vorsatz“ erforderlich, der die Verletzungshandlung und den Verletzungserfolg betrifft. Der warnende Feuerwehrmann habe den Verletzungserfolg aber nicht gebilligt. „Es ging ihm nicht darum, den Kläger zu verletzen“, so das Landgericht.