PKV: Mitversicherte Ehefrau betrügt – darf auch dem Mann gekündigt werden?

Darf ein Krankenversicherer auch dem Ehemann kündigen, wenn dessen Frau mehrfach falsche Abrechnungen eingereicht hat? Wie diese Frage zu beantworten ist und worauf es dabei ankommt, stellte das Oberlandesgericht Nürnberg fest.

13:08 Uhr | 12. August | 2020
PKV: Frau betrügt - war die Kündigung wirksam?

Falsche Abrechnungen der Frau mit der Krankenversicherung: Muss sich der Ehemann dieses Verhalten zurechnen lassen? Bild: pixabay

Muss sich ein Ehemann das betrügerische Verhalten seiner Ehefrau zurechnen lassen? Diese Frage stand im Zentrum eines Rechtsstreits in Nürnberg. Konkret ging es dabei um einen seit 1984 bestehenden Krankenversicherungsvertrag. Die Ehefrau war mitversicherte Person in der privaten Krankenversicherung ihres Mannes. Zwischen 2010 und 2018 reichte die Frau insgesamt 16 falsche Rechnungen zur Erstattung ein. Tatsächliche Aufwendungen oder Behandlungen gab es in diesen Fällen nicht. Der Versicherer erstattete insgesamt 2.114,05 Euro aufgrund der Täuschungen unrechtmäßig. Zudem beantragte der Mann selbst die Kostenerstattung für die Anschaffung einer Brille. Die private Krankenversicherung leistete auch in diesem Fall 155,- Euro. Der Mann gab die Brille später beim Optiker zurück und ihm wurde der Kaufpreis erstattet (631,50 Euro). Allerdings unterließ er es, die Krankenversicherung darüber zu informieren.

Als der Versicherer die Täuschungen aufdeckte, kündigte er den gesamten Versicherungsvertrag (außer der Pflegeversicherung). Dagegen richtete sich die Klage des Mannes, der sich das Verhalten seiner Frau nicht zurechnen lassen wollte. Er argumentierte, dass er nicht an den gefälschten Rechnungen seiner Frau beteiligt gewesen sei und keine Kenntnis davon gehabt habe. Im Fall mit der Brille treffe ihn allenfalls der Vorwurf von Fahrlässigkeit – die Kündigung auch seines Vertrags sei nicht wirksam.

In einem ersten Verfahren vor dem Landgericht Nürnberg war dem Mann folgten die Richter der Argumentation des Mannes. Dagegen richtete sich die Berufungsklage der Versicherung, die vor dem Oberlandesgericht Nürnberg verhandelt wurde (Az: 8 U 49/20). Die PKV vertrat die Ansicht, dass die Frau durch das eigenständige Einreichen von Arztrechnungen Rechte und Pflichten des Mannes wahrgenommen habe und dadurch zu seiner Repräsentantin geworden sei und sich der Mann deshalb das Verhalten zuschreiben lassen müsse.

Wer ist „Repräsentant“?

Das OLG führte aus, wer Repräsentant ist: Dabei handelt es sich um Personen, die in jenem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder sonstigen Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist. Repräsentant kann nur sein, wer bei Würdigung der Gesamtumstände befugt ist, selbstständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln (Risikoverwaltung). Übt der Dritte aufgrund eines Vertrags- oder ähnlichen Verhältnisses die Verwaltung des Versicherungsvertrages eigenverantwortlich aus, kann dies für seine Repräsentantenstellung sprechen (Vertragsverwaltung). Allerdings seien diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt gewesen, so die Nürnberger Richter. Denn der Mann habe sich um die Erstattungsanträge seiner Frau nicht gekümmert, diesbezügliche Rechnungseinreichung nicht mit seiner Frau besprochen und eingehende Erstattungsbeträge nicht hinterfragt. Die Frau handelte also nicht für ihren Mann, den Versicherungsnehmer, sondern für sich selbst. Es existierten abgrenzbare Geschäftsbereiche, hieß es im Richterspruch.

Die eigenständig von dem Mann begangene Pflichtverletzung bestand darin, dass er die Versicherung nicht darüber in Kenntnis gesetzt hat, dass er den Kauf der Brille rückabgewickelt hat. Diese Pflichtverletzung rechtfertige allerdings keine Kündigung des Vertrags. Dafür hätte der Versicherer lediglich eine Abmahnung erteilen dürfen, stellten die Richter ferst.

Eine Revision wurde nicht zugelassen.