Maklervollmacht: Kann sie nach 24 Monaten verfallen?

Die Zurich verlangt eine Vollmacht jüngeren Datums. Dabei gelten Maklervollmachten unbefristet, so lange der Kunde keinen neuen Berater wählt. Wie Makler mit dem Problem, das ihnen auch manch anderer Versicherer stellt, umgehen sollten.

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09:03 Uhr | 04. März | 2020
Willenserklärungen des Kunden zu seinem Betreuer in Versicherungs-Angelegenheiten veralten nicht. Es bleibt ein Rätsel, warum manche Versicherer das anders sehen.

Willenserklärungen des Kunden zu seinem Betreuer in Versicherungs-Angelegenheiten veralten nicht. Es bleibt ein Rätsel, warum manche Versicherer das anders sehen. Bild: Pixabay

Maklervollmachten gelten unbefristet, solange der Kunde an der Betreuung festhält (procontra berichtete). Dennoch glauben offenbar mehrere Versicherer an ein Verfallsdatum von Maklervollmachten. Das ist rechtlich nicht haltbar, da Paragraf 170 BGB klar sagt: Wird die Vollmacht durch Erklärung gegenüber einem Dritten erteilt, so bleibt sie diesem gegenüber in Kraft, bis ihm das Erlöschen von dem Vollmachtgeber angezeigt wird. Einzig der Kunde kann also die Vollmacht zurückziehen.

Dennoch verlangen die Zurich Versicherungen von Maklern Vollmachten des Kunden, die nicht älter als 24 Monate sind. Dazu hat das Unternehmen sogar eine interne Arbeitsanweisung erstellt, berichtete der Branchendienst „Versicherungstip“. Das wirft die Frage nach dem Sinn auf. Dem Vernehmen nach hat der Zurich-Vertriebsvorstand Fragen von Versicherungstip nicht beantwortet.

Zurich weist ältere Maklermandate zurück

Betroffen von dem bürokratischen Akt ist auch Dirk Brüggenthies, Inhaber von Brüggenthies Versicherungsmakler. Ihm wurde bei Rückfrage zu einer Rechtsschutzpolice beschieden: „Gemäß interner Arbeitsanweisung sind Mandate, welche älter als 24 Monate sind, zurückzuweisen. Bitte reichen Sie uns eine Willenserklärung jüngeren Datums ein.“ Der Makler fragte die Zurich nach der Rechtsgrundlage dafür, bekam aber auch keine Antwort.

Unter Juristen ist die Sache klar. „Eine unbefristet erteilte Vollmacht erlischt nicht durch Zeitablauf, sondern ist so lange wirksam, bis sie widerrufen wird“, stellte Kathrin Pagel, Partnerin der Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte, im Versicherungstip klar. Elisabeth Stiller, Leiterin Vertrieb beim GDV, sieht es genauso: „Grundsätzlich ist eine unbefristete Vollmacht gültig, bis sie widerrufen wird.“ Auch Rechtsanwältin Angelika Römhild vom Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) erklärt: „Die Ansicht, eine Vollmacht sei nach zwei Jahren verfallen oder verjährt, ist schlichtweg unhaltbar.“

Dennoch glauben neben der Zurich noch andere Gesellschaften an ein Verfallsdatum von Maklervollmachten. Allein 2019 hatte Versicherungstip mit rechtlichen Falschauslegungen zu diesem Thema bei Arag, VHV und Universa aufgeräumt. Mit der aktuellen Arbeitsanweisung der Zurich geraten Makler unnötig auf haftungsrechtlich dünnes Eis. Die unberechtigte Zurückweisung einer gültigen Vollmacht kann für den Kunden zu Nachteilen führen, die dann womöglich sein Makler ausbaden muss.

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Keine Auskünfte am Telefon trotz Maklervollmacht

Das ist aber nicht die einzige merkwürdige Arbeitsanweisung bei der Zurich. So wurden telefonisch erbetene Auskünfte ohne Angabe der Agenturnummer trotz vorliegender Maklervollmacht verweigert. Ein Problem vor allem für Korrespondenzmakler, denn die besitzen keine Courtagezusage oder -vereinbarung und daher auch keine ‚Nummer‘ bei der Zurich.

Von solchen Behinderungen, die Makler stets sofort reklamieren und bei ausbleibender Abhilfe ihre Kooperation überdenken sollten, berichtet Jutta Reh, Inhaberin von Reh Versicherungsmakler. Wenn sie telefonisch Auskunft zu Verträgen haben will, scheitert sie nahezu regelmäßig trotz eingereichtem Maklermandat. „Ohne ‚Agenturnummer‘ bekomme ich keine Auskunft.“

Doch der Versicherer hätte ja drei Bausteine zur Authentifizierung: Den Anruf der Maklerin zu einem konkreten Kunden, zu einem konkreten Sachverhalt sowie die vorgelegte Maklervollmacht des Kunden. „Die Arbeitsanweisung ist nicht im Sinne des Verbraucherschutzes und erhöht meinen Aufwand als Sachwalter des Kunden unnötig“, ärgert sich Reh. Abgesehen davon sind Makler keine Agenten (Handelsvertreter).

Zurich bleibt hartleibig

procontra hakte bei der Zurich nach. Was bezweckt ein Versicherer, der doch auf Maklervertrieb setzt, mit diesem maklerunfreundlichen Vorgehen? Oder will man sich auf diese Weise vom Vertriebsweg Makler verabschieden? „Zurich setzt massiv und verstärkt auf den Maklerkanal“, antwortete ein Sprecher. Dabei wolle man vertriebsfreundlich, aber auch datenschutzrechtlich einwandfrei vorgehen. Man habe sich die Vorgehensweise noch einmal intensiv angeschaut.

Ergebnis: „Wir verlangen keine neuen Vollmachten und akzeptieren Maklervollmachten entsprechend der gesetzlichen Regelungen unabhängig von deren Alter.“ In der Lebensversicherung gebe es eine Ausnahme, mit der Zurich sich „auch gegen mögliche Folgen aufgrund der Besonderheiten in der Lebensversicherung (Paragraf 203 StGB) absichern will“, da in der Regel Vertragskopien erbeten werden. Hintergrund: Wer Privatgeheimnisse verrät, dem drohen bis zu ein Jahr Freiheitsstrafe.

Folge: „Ausschließlich wenn das Mandat nicht explizit auf Verträge ausgestellt wird – etwa „alle Sach- und Lebensversicherungen des Kunden“, akzeptiert Zurich - auch zur Wahrung der Kundeninteressen - zwar das Mandat, erbittet aber vor Herausgabe der Vertragskopien eine Bestätigung des Makler, dass ihm keine anderweitigen neueren Vollmachten bekannt sind, erklärte der Sprecher. Diese Erklärung wirft neue Fragen auf, denn es bedarf keiner Bestätigung des Makler, ihm seien keine neueren Vollmachten bekannt. 

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