Sorge um Standort Deutschland

Munich-Re-Chef würde Arbeitnehmerrechte am liebsten radikal abbauen

Geringes Wachstum, marode Infrastruktur, ausbleibende Investitionen: Munich-Re-Chef Joachim Wenning sorgt sich um den Standort Deutschland und fordert eine Wende. Seine Vorschläge dürften nicht jedem gefallen.

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11:08 Uhr | 14. August | 2024
Joachim Wenning, Vorstandsvorsitzender der Münchener Rückversicherung

Sorgt sich um den Standort Deutschland: Joachim Wenning, Vorstandsvorsitzender der Münchener Rückversicherung

| Quelle: Munich Re

In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung und dem Versicherungsmonitor fährt der Münchner-Rückversicherung-Chefs Joachim Wenning schwere Geschütze gegen den Sozialstaat auf. Er sieht Deutschland im Abstieg begriffen, möchte deshalb, dass die Menschen wieder mehr arbeiten und später in Rente gehen. "Sonst gehen die Produktionsstätten ins Ausland", befürchtet Wenning. Das Wachstum und die Investitionen aus dem Ausland gingen zurück, die Infrastruktur sei marode. „Wir brauchen eine Wende. Wir brauchen eine neue Agenda.“

"Mehr arbeiten kommt nie gut an", gibt Wenning zu. „Aber es wäre ein Beitrag zu der Lösung und hätte eine starke Signalwirkung. Und warum können Deutsche nicht später in Rente gehen? Sie leben doch auch länger.“

Weniger Feiertage und weniger Kündigungsschutz

Damit aber nicht genug der radikalen Vorschläge: Der Versicherungs-Boss spricht sich in dem Interview auch für eine Streichung von Feiertagen, die Abschaffung von Altersteilzeitregelungen sowie eine Lockerung des Kündigungsschutzes aus.

"Wofür brauchen wir eigentlich bei nicht vorhandener Arbeitslosigkeit noch den Kündigungsschutz von vor 50 Jahren?" fragt er. De facto würden Unternehmen so gezwungen, Mitarbeiter zu beschäftigen, mit denen sie nicht weiterarbeiten wollten. „Wie absurd ist das? In der Schweiz gibt es solche wettbewerbsbehindernden und den Status quo zementierenden Regeln nicht und auf dem Arbeitsmarkt geht es sehr gesittet zu.“

Schuldenbremse sollte gelockert werden

Um Investitionen in Deutschland anzukurbeln, zeigt sich Wenning auch offen für eine Lockerung der Schuldenbremse: „Ich würde eine höhere Verschuldung jetzt in Kauf nehmen, aber unter strengen Auflagen: Investive, intelligente Verwendung, das würde Deutschland guttun.“

Von der Ampelkoalition erwartet er für den Rest der Legislaturperiode nicht mehr viel. "Diese Bundesregierung ist offensichtlich dysfunktional", so Wenning. „Sie bekommt für die schwierigen Entscheidungen die Mehrheiten untereinander nicht hin. Große Sprünge werden nicht mehr gelingen.“