Wie Makler ihre Bestände jetzt noch aufpolieren können
54 Jahre. Das ist laut AfW-Vermittlerbarometer das durchschnittliche Alter eines Versicherungsvermittlers. Zwei Drittel sind über 50 Jahre alt und jeder dritte plant, seine Tätigkeit innerhalb der nächsten 15 Jahre einzustellen. Doch die wenigsten haben einen Fahrplan oder eine klare Vorstellung vom Übergang in den Ruhestand. Nicht selten unterliegen Makler auch falschen Einschätzungen über ihre Verhandlungsposition und den Kaufpreis. Dabei geht es um ihr Lebenswerk.
Wer aktuell seinen Maklerbestand (Asset Deal) oder sein Unternehmen (Share Deal) veräußern möchte, trifft auf paradiesische Zustände: Der Markt ist noch immer in der Konsolidierungsphase und damit voll von kaufwilligen Interessenten. Die von procontra befragten Experten sprechen von einem Verkäufermarkt mit hoher Nachfrage und Höchstpreisen – im Vergleich zu vor zehn Jahren können Verkäufer locker das Doppelte erzielen. Doch nur, wenn für die Vorbereitung genügend Zeit eingeplant und die richtigen Schritte gegangen werden.
Aktuell Spitzenpreise möglich
Insbesondere größere Maklerunternehmen befinden sich aktuell im Visier von Markt-Konsolidierern. Laut Dr. Adams & Associates differieren die für die Bewertung entscheidenden EBITDA-Faktoren – das heißt, der Multiplikator für den Gewinn vor Zinsen, Steuern und zuzüglich der Abschreibungen – je nach Größenordnung der Maklerunternehmen signifikant. Für Unternehmen mit einer Bewertung von bis 250.000 Euro liegen die EBITDA-Faktoren meist unter dem 4,5-fachen, bei Einnahmen über 2 Millionen Euro können die Faktoren auch deutlich über dem 10-fachen liegen. „Innerhalb dieses Intervalls steigen die Kaufpreise sukzessive je nach Größenordnung exponentiell an. Spezialisierungen auf attraktive Gewerbebranchen führen meist zu den jeweiligen Spitzenbewertungen“, so Stefan Adams. Allerdings gelingt es nur den wenigsten Maklern, den Wert seines Bestandes richtig einzuschätzen (siehe dazu Interview mit Thomas Öchsner vom Resultate Institut).
Kleinere Maklerfirmen mit geringerer Bewertung befinden sich noch nicht im Fokus der Konsolidierer, so dass sich die Kaufpreise hier wenig bewegt haben. „Wir gehen aber davon aus, dass auch kleine Maklerunternehmen im Laufe der nächsten Jahre für Konsolidierer peu à peu an Attraktivität zunehmen“, so Adams. Ein wichtiges Signal für Makler! Stark zunehmen wird allerdings auch das Angebot. Der Markt kann daher schneller als erwartet zum Käufermarkt drehen. Zudem kann jederzeit eine ungeplante Nachfolge durch Krankheit, Unfall oder Tod den gesamten Vermögenswert eines Maklerlebens zerstören. Daher empfehlen Experten und der gesunde Menschenverstand, frühzeitig zu handeln und mit hochwertiger Politur an den richtigen Stellen die Voraussetzungen zu schaffen, um auf den Tag X gut vorbereitet zu sein.
Grundsatzfragen klären
Am Anfang der Planung stehen wichtige Grundsatzfragen: Asset oder Share Deal? Steht der maximale Ertrag oder die Gewährleistung der Kundenbetreuung und der eigenen Reputation im Vordergrund? Soll es ein weicher Übergang werden, bei dem auch nach dem Verkauf noch Kunden betreut werden? Kommt vielleicht eine Maklerrente als Alternative in Frage? Laut AfW-Vermittlerbarometer haben Makler klare Vorstellungen davon, wie die Nachfolge ablaufen soll: vorrangig durch Bestandsverkauf, gefolgt von einer Maklerrente, dem Unternehmensverkauf und einer internen Nachfolgelösung.
Faktor Pflege
Oftmals steht für die Nachfolgeregelung zu wenig Zeit zur Verfügung. Dann gilt es, an den wichtigsten Stellen nachzujustieren, um den Wert zu schützen, bestenfalls „die Braut noch aufzuhübschen“. Grundsätzlich sollte ein Bestand natürlich gepflegt sein, keine ungeklärten Rechtsstreitigkeiten mit Kunden und möglichst vollständige Maklervollmachten enthalten. „Kompliziert wird eine Maklernachfolge immer dann, wenn keine Maklervollmachten dokumentiert sind, Kunden – aus welchen Gründen auch immer – nicht zustimmen oder wenn die Bestände schlecht gepflegt sind“, bestätigt Sebastian Grabmaier, Vorstandsvorsitzender der Jung, DMS & Cie. AG.
Kompliziert wird eine Maklernachfolge immer dann, wenn keine Maklervollmachten dokumentiert sind, Kunden nicht zustimmen oder wenn die Bestände schlecht gepflegt sind.Sebastian Grabmaier, JDC
Faktor Kundenbeziehungen
Die Qualität der Kundenbeziehungen ist ein Erfolgsfaktor, bei dem nicht mit Politur gespart werden sollte. Denn wenn Kunden nicht mitziehen, verliert ein Bestand an Wert. Sie sollten daher rechtzeitig auf eine kommende Übergabe vorbereitet werden, sonst drohen erhebliche Abschläge. „Wir sehen als Gutachter immer wieder Asset Deals, bei denen am Ende nur 30 bis 60 Prozent des Bestands tatsächlich übertragbar sind, weil Produktgeber mangels Kundenzustimmung die Übertragung ablehnen“, berichtet Andreas Grimm, Vorstandskollege von Thomas Öchsner beim Resultate Institut. Dem Käufer kann das egal sein, denn er zahlt nur für die Verträge, die er courtagewirksam übernehmen kann. Den Schaden hat der verkaufende Makler.
Faktor Digitalisierung
Ein häufig genannter Faktor ist zudem die Zeit. Bereits fünf Jahre vor dem avisierten Übergang sollte ein Nachfolge-Check des Bestandes beginnen. „In dieser Phase ist es entscheidend, Bestandsdaten zu bereinigen und in einem modernen Maklerverwaltungsprogramm zu konsolidieren. So entsteht ein digitaler, einheitlicher Datenbestand, der aussagekräftige Auswertungen ermöglicht und die Güte des Bestands transparent gegenüber potenziellen Käufern darzustellen“, empfiehlt Franziska Geusen, Vorständin des AfW.
Über die Frage, wie digital ein Maklerbestand sein sollte, gibt es indes unterschiedliche Ansichten. Klar ist, dass Maßnahmen in letzter Minute oft kontraproduktiv ausfallen können. „Wir raten Maklern, die noch kein Maklerverwaltungsprogramm im Einsatz haben in aller Regel davon ab, kurz vor der Übergabe noch Geld in ein neu einzuführendes MVP zu investieren, da die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass der übernehmende Makler ein anderes Programm im Einsatz hat und dann wieder eine Datenmigration nötig ist“, unterstreicht Oliver Petersen, Vorstand des Makler Nachfolge Club, der bereits 350 Bestandsübergange begleitet hat.
Faktor Direktanbindungen
Ein weiterer Ansatzpunkt für die Politur ist die Begrenzung der Zahl von Direktanbindungen pro Sparte. Sie sollten auf wenige, verlässliche Produktgeber gebündelt werden. Denn oftmals unterschätzen Makler die Relevanz der rechtlichen Struktur. „Problematisch sind unklare Eigentumsverhältnisse – etwa, wenn Bestände über mehrere Plattformen laufen, aber kein klares Verwertungsrecht dokumentiert ist. Streubestände haben zudem den Nachteil, dass die Übertragung sehr viel mehr Zeit in Anspruch nimmt“, betont Karsten Allesch, Geschäftsführer Deutscher Maklerverbund DEMV.
Faktor Zeit
Wie dringlich eine Vorbereitung für die Maklernachfolge ist, gerade auch schon zu Beginn einer Maklerlaufbahn, ordnet Experte Öchsner im Interview ein: Jede siebte Übergabe findet ungeplant statt. Wenn keine Vorsorge getroffen wurde, besteht die Gefahr, dass sich bei plötzlichem Maklertod das Lebenswerk in Luft auflöst und die Bestände an die Versicherungsgesellschaften fallen. Denn selten verfügen die Erben über eine Erlaubnis zur Versicherungsvermittlung. Bei Krankheit oder Unfall ist ein Notverkauf weit unter Wert nicht selten.
Fazit: Die Uhr tickt. Makler sollten jetzt handeln, bevor der Markt dreht und ihren Bestand entsprechend aufpolieren. Zum einen sind die Bedingungen für Verkäufer gerade sehr attraktiv, zum anderen, weil eine ungeplante und plötzlich notwendige Nachfolge oft wenig Zeit lässt. Das erhöht nicht nur die Fehlerquote in der kurzfristigen Durchführung, sondern mindert meist auch den Wert des eigenen Lebenswerkes empfindlich.
Lesen Sie in der aktuellen procontra Printausgabe 05/25 außerdem, welche Unterstützung Pools und Verbünde zur Bestandsübertragung liefern und ob eine Maklerrente eine echte Alternative sein kann.