Reiserücktrittspolicen, Handyschutz und Co.

Von diesen Versicherungen raten Verbraucherschützer ab

Verbraucherschützer raten regelmäßig von einer Vielzahl von Versicherungen ab. Welche das sind und aus welchem Grund sie nicht sinnvoll sein sollen

Author_image
13:04 Uhr | 21. April | 2023
Ablehnung

Nicht jede Versicherung ist sinnvoll. Verbraucherschützer raten von diversen Produkten ab.

| Quelle: takasuu

Durchschnittlich fünf Versicherungen besaßen die Deutschen im Jahr 2021. Dafür griffen sie tief in die Tasche: Stolze 2.700 Euro kamen auf das Jahr gerechnet zusammen. Aber sind die Menschen hierzulande auch gut versichert? Der Bund der Versicherten (BdV) fällt ein klares Urteil: Nein. Demnach sind weder die Anzahl der Versicherungen noch die gezahlten Beiträge ein Indiz für einen guten Versicherungsschutz. „Entweder haben viele Haushalte zu teure Verträge, überflüssige Policen oder keinen ausreichenden Versicherungsschutz“, monieren die Verbraucherschützer.

Von diesen 10 Policen raten Verbraucherschützer ab

Auf dem 10. Platz landen Reiserücktrittsversicherungen. Diese seien aufgrund der Vertragsbedingungen „fraglich – schlechtestenfalls sogar nutzlos“. Der Grund: Sagt ein Versicherungsnehmer eine Reise aus Krankheitsgründen ab, zahlen Versicherer nur dann, wenn die vertraglich definierte Risikoperson „unerwartet schwer“ erkrankt ist. Der Versicherer prüft erst im Leistungsfall, ob eine Erkrankung schwer und unvorhersehbar war. Inwiefern der eigene Gesundheitszustand dann abgedeckt ist, bleibe für Versicherungsnehmer unklar, kritisiert der BdV.

Auch von sogenannten „Kleinst-Versicherungen“ wie Brillen-, Ticket- oder Sportgerätepolicen raten die Verbraucherschützer ab. Das Verhältnis zwischen Versicherungsbeiträgen und der tatsächlichen Leistung sei nicht angemessen. So werden die Kosten für eine neue Sehhilfe nur dann ganz oder teilweise übernommen, wenn die vorhandene mindestens zwei Jahre alt ist oder sich die Sehstärke verändert hat. Eine Ticketversicherung wiederum greift nur bei schweren Unfallverletzungen, unerwartet schweren Erkrankungen oder erheblichen Schäden am Eigentum, wie es bei einem Brand der Fall ist. Sportgeräte seien oft bereits über eine Hausratversicherung abgedeckt.

Die Leistungen, die mit einer Krankenhaustagegeldversicherung versprochen werden, seien „fraglich“, moniert der BdV. Zumal das Produkt kein Risiko abdecke, das den Lebensstandard gefährde. Ist das nicht der Fall, raten die Verbraucherschützer generell von einer Versicherung ab.

Häufig schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis

Auf dem 7. Platz rangiert die Reisegepäckversicherung: Sie übernimmt die Kosten für das verlorene Gepäck jedoch nur dann, wenn kein „grob fahrlässiges Verhalten“ vorliegt. Das allerdings müssen Versicherungsnehmer erst einmal nachweisen. Zumal Wertsachen, um deren Schutz es den meisten Menschen vorrangig ja gerade gehe, nur unzureichend mitversichert seien. Mit dem Reisegepäck verhält es sich ohnehin ähnlich wie mit Sportgeräten: Sie sind oft bereits mit der Hausratpolice abgedeckt.

Viele Angebote für Elektronikversicherungen beispielsweise Policen für ein Handy oder für Haushaltsgeräte weisen laut BdV ein schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis auf und übernehmen nur eingeschränkt die Kosten im Schadenfall. Bei Diebstahl oder Verschleiß müssen die Kunden meist selbst in die Tasche greifen. Und: Häufig wird nur der Zeitwert entschädigt – unter eine Selbstbeteiligung gefordert.

Unfallversicherung: Minusgeschäft für Versicherungsnehmer

An Unfallversicherungen mit Prämienrückgewähr lassen die Verbraucherschützer kein gutes Haar. Der Unfallschutz mit Sparvertrag sei ein „Nullsummenspiel“ oder sogar ein Verlustgeschäft für Versicherungsnehmer. Nur mäßig verzinst seien die Beiträge, die Kunden zusätzlich einzahlen, die Leistungen oft schlechter als bei herkömmlichen Unfallpolicen. Doch generell von einer Unfallversicherung abzuraten, wäre ein Fehler, schließlich deckt sie einen plötzlichen Kapitalbedarf im Falle eines Unfalls, durch den auch mal der Umbau des Hauses notwendig werden kann. Stichwort: Barrierefreiheit. „Zudem gibt es auch Unfälle, die Menschen zwar in den Rollstuhl zwingen, sie aber nicht mindestens 50 Prozent berufsunfähig werden lassen. Dann zahlt die BU nicht, die Unfall aber schon“, sagt Makler Stefan Bierl. Doch einen Unfallschutz mit Beitragsrückgewähr (UBR) lehnt auch der Makler komplett ab. „Das sind für uns versteckte Rentenpolicen. Der Sparanteil macht häufig mehr als die Hälfte des Beitrags aus.“ Er ist  diesem Geld macht man mit Fonds oder ETFs auf lange Sicht deutlich mehr Rendite als in der genannten Sparform.

Auch die Vertragsbedingungen bei Restschuldversicherungen seien derart schlecht, dass der BdV von dem Schutz abrät. Umfangreiche Ausschlussklauseln und Wartezeiten würden die Policen, deren Beiträge bemängelt werden, wenig sinnvoll machen.

Die 3 "unsinnigsten" Policen

Den dritten Platz der unsinnigsten Versicherungen belegt die Ausbildungsversicherung. Fazit: „zu teuer, unrentabel und unflexibel“. Der Aufbau eines Vermögens sei mit ihnen nicht möglich, ein ETF-Sparplan die bessere Alternative.

Silber im Negativ-Ranking erhält die „geldaufzehrende Kapitallebensversicherung“ namens Sterbegeldversicherung. Die Kritik der Verbraucherschützer: Oft werde mehr eingezahlt, als am Ende die Hinterbliebenen bekommen.

Den ersten Platz belegen – was abzusehen war – kapitalbildende Versicherungen wie Riester oder Rürup. „Intransparente und überteuerte Kostenstrukturen sowie überzogene Langlebigkeitsberechnungen (bei Rentenversicherungen) führen dazu, dass die versicherten garantierten Leistungen geringer sind als das, was an Prämien eingezahlt wurde“, lautet die deutliche Kritik. Zumal bei neueren Tarifen die Konditionen oft erst mit Rentenbeginn mitgeteilt werden würden. Hier spielen die Verbraucherschützer augenscheinlich auf die Tatsache an, dass einige Versicherer nachträglich den Rentenfaktor anpassten. Eine Praxis, die unlängst im Fall der Zurich vom Landgericht Köln für ungültig erklärt worden war. Allerdings hat der Versicherer Berufung gegen das Urteil eingelegt.