Nachfolge: Was ist der Bestand tatsächlich wert?

Die Bestandsübertragung ist für Makler, die in den Ruhestand gehen, eine maßgebliche Altersversorgung. Doch zu Berechnung und tatsächlichen Erlösen herrscht wenig Sicherheit. Unternehmensberater und Nachfolge-Experte Peter Schmidt gibt Einblicke in die Praxis.

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08:01 Uhr | 14. Januar | 2022
Nachfolgeregelungen für Maklerfirmen sind kompliziert. Daher widmet sich Unternehmensberater Peter Schmidt diesem Thema intensiv. Bild: Consulting & Coaching

Nachfolgeregelungen für Maklerfirmen sind kompliziert. Daher widmet sich Unternehmensberater Peter Schmidt diesem Thema intensiv. Bild: Consulting & Coaching

Die Unternehmensnachfolge im Vermittlerbetrieb ist angesichts der alternden Maklerschaft ein strategisches Thema, das heute rund zwei Drittel der Makler für relevant halten. Allerdings ist es für viele noch ein Buch mit sieben Siegeln, wenn es um konkrete Überlegungen und Fakten geht.

Wer als Makler seinen Bestand im Rentenalter unbetreut auslaufen lässt und nur auf Anfrage berät, verliert auch Kunden und damit Bestandscourtage. Makler, die bisher weit unter Wert verkaufen mussten, können mit dem Know-how mehrerer Pools bessere Erlöse erzielen. Möglichkeiten dazu zeigt „Die BÜ-Fibel“ von Blau Direkt auf. Der Pool bietet inzwischen Bestandsübertragungen per Mausklick an, sofern der Bestand digitalisiert ist.

Papierordner sind Erlös-Killer

„Digitalisierung führt zu mehr Effizienz“, bestätigt Peter Schmidt, Inhaber der Unternehmensberatung Consulting & Coaching in Bernau bei Berlin. In seinem Buch „Neuer Kurs für Maklerunternehmen" zeigt er Maklern auch, wie die Nachfolge im Unternehmen vernünftig geregelt werden kann. Zwischen 2023 und 2027 erwartet er die Spitze der Nachfolgen in Maklerbetrieben, deren Inhaber in den Ruhestand gehen.

In seinem älteren Buch „Nachfolge – gewusst wie“, das in neuer Auflage vorliegt, geht Schmidt zum Thema Bestandsbewertung und Verkaufserlös ins Detail. „Verkäufer von Maklerfirmen oder Kundenbeständen sind immer wieder erstaunt, welche Anforderungen Interessenten, die von ihrem Geschäft etwas verstehen, für einen erfolgreichen Kauf stellen“, berichtet Schmidt. Ordentliche Maklerverträge, Digitalisierung oder günstige Kostensituation gehören zu den wichtigsten Themen, die dann auf den Tisch kämen.

Preisfindung richtet sich nach zahlreichen Kriterien

„Aus Sicht des Käufers kommt es auf weitere Faktoren an“, weiß Schmidt aus Erfahrung. So spiele es durchaus eine Rolle, bei welchen Versicherern oder Pools die Bestände liegen oder verwaltet werden. „Versicherer haben immer die Möglichkeit, einen Bestand nicht zu übertragen oder die Zusammenarbeit mit einem Makler abzulehnen“, stellt Schmidt klar. Geschehe dies, wird ein Teil des erworbenen Kundenbestandes sehr schnell wertlos. „Die vorgefundene Situation vor einem Bestandsverkauf wird so zum Knackpunkt für die Preisfindung“, sagt Schmidt.

Bei der Wertermittlung seien simple Online-Rechner und Kurzchecks nicht ausreichend. Die Faustformel „Bestandscourtage mal Faktor X“ genüge nicht. Häufig werde mit Faktor 2 kalkuliert. Eine solche Wertermittlung komme schnell ins Wanken, wenn Kumulrisiken, Dokumentationsmängel oder der länger zurückliegende Verkauf von Produkten einiger Versicherer, die sich inzwischen als großes Haftungsrisiko erweisen, nicht untersucht werden, warnt Schmidt.

Wertermittlung nach Faustformel reicht nicht

„Für die Ermittlung der qualitativen und quantitativen Parameter eines Bestandes oder Unternehmens muss der Verkäufer investieren“, rät der Nachfolge-Experte. Die Kosten dafür hielten sich in Grenzen. Wichtige Maßnahme zur Wertsteigerung vor dem Verkauf sei insbesondere die Modernisierung der eigenen Kundenverwaltung über ein eigenes MVP oder das eines Pools.

Seite 1: Welche Faktoren den verkaufserlös beeinflussenSeite 2: Wie der Bestandserlös für die Erben geichert werden kann

Bei renditeorientierten Käufern spielt der Ertrag eine entscheidende Rolle, berichtet Schmidt. Gewinn, Ertrag und Marge seien deshalb intensiver zu betrachten. Beispiel: Wenn Makler „A“ 100.000 Euro Gewinn bei einer Million Euro Umsatz (etwa aus Courtagen) erwirtschaftet, Makler „B“ aber mit dem gleichen Reingewinn lediglich 300.000 Euro Umsatz verbucht, wird Makler „B“ deutlich effizienter arbeiten und wahrscheinlich auch als profitabler bewertet werden, da er 30 Prozent Gewinnmarge erzielt, während Makler „A“ nur zehn Prozent schafft, erklärt Schmidt.

Die individuelle Qualität des Bestandes aufwerten

Mehr als die Hälfte der Makler in Deutschland hat weniger als 50.000 Euro Jahresumsatz vor Steuern. Selbst bei gut digitalisiertem Bestand und Faktor 2 für Bestandscourtagen von Sachversicherungen wären dies nach landläufigem Überschlag nur 100.000 Euro Verkaufserlös. Schmidt berücksichtigt jedoch über 200 Einzelkriterien, aus denen er einen erzielbaren Wert für den Maklerbestand ermittelt. „Nur wer eine hohe Qualität des Kundenbestandes sichert, wird einen guten Verkaufspreis erzielen“, ist er sich sicher. Ein pauschaler Faktor 3,0 sei möglich.

Schmidt weiß aber auch: Diverse Plattformen zur Vermittlung von Maklerbeständen wie der „Marktplatz für Maklerbestände“ können die Nachfrage nach Kaufbeständen kaum befriedigen. Folge: Die Wartelisten für erfolgreichen Verkauf werden länger. Da helfe auch eine Leibrente statt des einmaligen Verkaufspreises nicht.

Maklerrente kein Allheilmittel

Die sogenannte Maklerrente verspreche bis zu 100 Prozent Bestandscourtage, meist zwischen 70 bis 90 Prozent, als Leibrente auf Basis des heutigen Bestandes – ohne weitere Verantwortung, Haftung und Betreuung. Leider werde die Übertragungsquote oft zu optimistisch angesetzt, meint Schmidt. Das Gleiche gelte für die Bestandsstabilität/Stornoquote.

Und so schön die Angebote auch klingen: In Wahrheit fallen mitunter hohe Gebühren an, gilt die „Garantie“ nur für einige Jahre und Dynamiken werden meist nicht angerechnet. Abzüge drohten auch wegen jeder nicht begründeten Kundenreklamation.

So retten Sie das Lebenswerk für die Erben

Ein letztes Problem, das Schmidt anspricht: Tausende Makler haben bisher nichts getan, um das eigene Lebenswerk für die Erben sicher zu machen. „Ohne entsprechende Vorsorgemaßnahmen droht der Totalverlust der Courtageansprüche“, so der Nachfolge-Experte. Wenn zwischen Kunde und Makler keine andere Regelung getroffen wurde, erlischt im Todesfall das Vertragsverhältnis zwischen beiden, das auch den Courtageanspruch begründet hatte.

Ausweg für Einzelunternehmer: mit jedem Kunden einen Maklervertrag mit einer Nachfolgeklausel inklusive der entsprechenden Datenschutzvereinbarung abschließen. „Denkbar wäre auch eine ergänzende Vereinbarung zum bestehenden Maklervertrag, der explizit eine solche Nachfolgeregelung transparent enthält und von beiden Seiten unterzeichnet wird“, so Schmidt. Bei einer Kapitalgesellschaft sei es einfacher: Da können die Anteile vererbt oder verkauft werden. „Am Verhältnis der Kunden zur Maklerfirma ändert sich ebenso wenig wie am Courtageanspruch“ weiß Schmidt.

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