Urteil

Kleiner Fehler kommt Makler (wohl) teuer zu stehen

Ein kleiner Fehler könnte schwerwiegende Konsequenzen für einen Versicherungsmakler haben. Dies zeigt ein aktueller Fall aus Hessen, bei dem ein Gericht den Begriff der Arglist sehr weit definierte.

Author_image
11:05 Uhr | 02. Mai | 2023
Stephan Michaelis

Weist Versicherungsmakler auf ein aktuelles Urteil des OLG Frankfurt am Main hin: Rechtsanwalt Stephan Michaelis

| Quelle: Kanzlei Michaelis

„Kleiner Fehler, große Wirkung“ – so betitelt Rechtsanwalt Stephan Michaelis seinen neuesten Newsletter, in dem er über ein Ende vergangenes Jahr erfolgtes Urteil des OLG Frankfurt am Main (Az: 3 U 205/22, Urteil vom 7. Dezember 2022) informiert.

In diesem geht es – der Newsletter-Titel kündigt es an – um einen Fehler, der einem Makler widerfahren war. Nichts Schwerwiegendes, eher ein kleinerer Lapsus, der jedoch wieder einmal verdeutlicht, wie weit die Beratungspflichten des Maklers reichen.

Was war passiert?

Der Sachverhalt ist wie folgt: Ein Kunde, der einen Schaden an seinem Haus erlitten hatte, beauftragte seinen Makler mit der Schadenabwicklung. Hierfür schickte der Kunde diverse Kostenvoranschläge für die Sanierung des Schadens an seinen Makler.

Dieser beging nun einen Fehler. Er leitete die Kostenvoranschläge zwar an den Wohngebäudeversicherer weiter, gab jedoch an, dass es sich um Rechnungen handele. Wenige Tage später wies der Kunde den Makler auf den Fehler hin, doch dieser versäumte es, den Fehler gegenüber der Versicherung richtigzustellen.

Dieser Fehler hatte schwerwiegende Konsequenzen: Denn der Versicherer verweigerte aufgrund einer arglisten Obliegenheitsverletzung des Versicherungsmaklers die Leistung. Laut Versicherungsbedingungen trug nämlich der Versicherungsnehmer die Pflicht, jede Auskunft, die zur Feststellung des Umfangs der Leistungspflicht erforderlich gewesen ist, unverzüglich zu kommunizieren. 

Das Landgericht Gießen hatte im vorliegenden Fall keine arglistige Obliegenheitsverletzung erkennen können. Zwar habe der Makler falsch angegeben, dass es sich bei den Kostenvoranschlägen um Rechnungen handele. Entscheidend sei jedoch nicht die Mail, sondern deren Anhang, sprich die Kostenvoranschläge, gewesen. Diese seien erkennbar keine Rechnungen gewesen.

Das OLG Frankfurt wertete den Fall jedoch anders. Der Makler hatte es versäumt, nachdem er von seinem Kunden auf die falschen Angaben aufmerksam gemacht worden war, den Fehler gegenüber dem Versicherer zu korrigieren. Mit der falschen Bezeichnung der eingereichten Unterlagen habe der Makler Einfluss auf die Regulierungsentscheidung des Versicherers genommen, so das OLG.

Weite Definition von Arglist

Nun könnte man einwenden, dass weder Versicherungsnehmer noch -makler sich durch die Falschangaben bereichern wollten. Dennoch wertete das Gericht das Verhalten des Maklers als arglistig: „In subjektiver Hinsicht ist für eine arglistige Täuschung nicht erforderlich, dass der Versicherungsnehmer sich bereichern will und Tatsachen vortäuscht, die zu einer höheren als der geschuldeten Entschädigung führen würden, oder Tatsachen verschweigt, die eine niedrigere Entschädigung zur Folge hätten. Ausreichend ist die Verfolgung eines gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zwecks – sei es die Beschleunigung der Schadenregulierung oder das Ausräumen von Schwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Deckungsansprüche – verbunden mit dem Wissen, dass durch dieses Fehlverhalten die Schadenregulierung des Versicherers möglicherweise beeinflusst werden kann.“ 

Interessant ist aus Sicht von Rechtsanwalt Michaelis jedoch nicht nur die weite Definition der Arglist. Denn das Gericht rechnete das Verhalten des Maklers dem Versicherungsnehmer zu, da dieser bei der Schadensabwicklung im Rahmen des Kunden handele. Die gesetzliche Grundlage hierfür sah das OLG in der Wissenszurechnung gemäß Paragraph 166 BGB. Das heißt: Verstößt der Makler gegen Aufklärungs- und Anzeigeobliegenheiten, muss sich der Versicherungsnehmer diese Verletzungen selbst anrechnen lassen.

Was heißt das Urteil nun für den Kunden? Dieser bleibt auf dem erlittenen Schaden sitzen. Das OLG Frankfurt befand, dass der Versicherer zurecht die Leistung verweigerte. Der Versicherungsnehmer will den Fall jedoch vor den Bundesgerichtshof bringen. Entscheidet dieser ebenfalls zugunsten des Versicherers, wird der Versicherungsnehmer wahrscheinlich versuchen, sich den Schaden vom Versicherungsmakler beziehungsweise dessen Vermögensschadenshaftpflichtversicherung ersetzen zu lassen.

Allerdings leistet diese in der Regel nicht bei Arglist. Dem Makler droht somit, dass er den Schaden aus eigener Tasche begleichen muss. Es zeigt sich also, dass Makler selbst vermeintlich kleine Fehler möglichst schnell richtigstellen müssen – sonst drohen ernsthafte Konsequenzen, warnt Michaelis.