Tierversicherungen im Überblick

„Hamster sind versicherungstechnisch eine Oberkatastrophe“

Der Markt für Tierversicherungen boomt und steht gleichzeitig vor enormen Herausforderungen. Horrende Tierarztkosten treiben die Versicherungsbeiträge in die Höhe. Welche Policen unverzichtbar sind und worauf es bei der Kundenberatung ankommt, erklärt Versicherungsmakler Oliver Janes.

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11:12 Uhr | 04. Dezember | 2023
Tierversicherungen im Überblick

Das Thema Tierversicherungen ist äußerst komplex. Während es für Hund und Katze gute Absicherungsmöglichkeiten gibt, sieht das für Hamster anders aus.

| Quelle: silense

procontra: Katzen sind mit über 15 Millionen Tieren das beliebteste Haustier der Deutschen. Gefolgt von etwa zehn Millionen Hunden und rund fünf Millionen Kleintieren. Inwiefern unterscheidet sich der Versicherungsbedarf zwischen Hund und Katze?

Oliver Janes: Für den Hund braucht man eine Hundehaftpflicht – egal, ob das Tier groß oder klein, brav oder nicht brav ist. Das ist ein absolutes Must-Have, weil Halter nach § 833 des Bürgerlichen Gesetzbuchs umfänglich haften – und zwar unabhängig von der Schuldfrage. Beißt also ein Hund den Tierarzt oder die Tierarzthelferin, haftet der Halter.

procontra: Wie viel kostet der Schutz?

Janes: Der Beitrag ist überschaubar. Mit einer vernünftigen Deckung, die ab fünf Millionen Euro losgeht, zahlen Halter zwischen 50 Euro und 80 Euro pro Jahr. Aber es gibt immer wieder Menschen, die den Schutz nicht abschließen.

procontra: Warum?

Janes: Weil die Versicherer in ihrer Werbung Horrorszenarien an die Wand malen: Da läuft der Hund auf die Straße, ein Tanker muss ausweichen, kippt um und explodiert. Aber das ist Blödsinn, denn das sind gar nicht die häufigen Schäden. Das sind vielmehr erst einmal kleiner wirkende Sach- und Personenschäden.

procontra: Was sind denn typische Risiken?

Janes: Selbst ein braver Hund kann aus Angst die Tierarztangestellte beißen, die dann im schlimmsten Fall berufsunfähig ist. Und das ist nicht das Berufsrisiko dieser Frau, sondern der Halter haftet. Oder Sie gehen mit dem Hund spazieren, das Tier bellt, ein Fahrradfahrer erschrickt sich und stürzt über das Lenkrad. Häufig sind es auch Schäden wie: Der Hund zerkaut das Laminat, die Tür, ein Sofa, beißt auf das Handy oder die Brille. Sehr häufig haben wir auch den Fall, dass ein Hundehalter zwei Tiere auseinanderhalten will und dabei gebissen wird. So einen Schaden bearbeiten wir jeden Tag. Weil die Versicherer auf diese realistischen Risiken nicht aufmerksam machen, schließen manche Tierhalter den Schutz nicht ab.

procontra: Als bekennende Katzenhalterin: Wäre eine Katzenhalter-Haftpflicht dann auch sinnvoll?

Janes: Ja, denn bei der Katze ist es dasselbe Szenario. Ich habe selbst zwei Katzen und der Tierarztbesuch ist nicht ungefährlich für das dortige Personal. Allerdings ist der Schutz in der privaten Haftpflicht enthalten. Nur haben laut GDV fast 20 Prozent der Haushalte keine private Haftpflicht abgeschlossen. Das kann ich nicht verstehen.

procontra: Gibt es noch weitere Haustiere, die in der Privathaftpflicht eingeschlossen sind?

Janes: Ja, sogenannte zahme Haustiere, also Wellensittich oder Hamster. Es sind zum Teil sogar hier Reptilien, Vögel, Schlangen, Spinnen versichert.

Versicherungsmakler Oliver Janes

Versicherungsmakler Oliver Janes, Geschäftsführer von Puntobiz Tierversicherungen.

| Quelle: Puntobiz

procontra: Was umfasst die Krankenversicherung, was die OP-Versicherung nicht hat?

Janes: Die OP-Versicherung greift, wenn ein Tier aufgeschnitten werden muss und eine Vor- und Nachbehandlung braucht. Die Krankenversicherung deckt mehr ab. Nehmen wir an, eine Katze verschluckt ihr Spielzeug, muss zum Tierarzt, wird geröntgt, dann sediert, der Tierarzt geht mit dem Endoskop durch den Schlund und holt das Spielzeug raus. Das ist in der Regel keine OP. Die Kosten liegen bei etwa 1.200 Euro, aber weil der OP-Begriff nicht erfüllt ist, bleiben Kunden ohne Krankenpolice auf den Kosten sitzen.

procontra: Also raten Sie generell zu einer Krankenvollversicherung?

Janes: Nein, denn mit einer OP-Police bekommt der Kunde für einen relativ überschaubaren Beitrag ein großes Portfolio an Leistung. Eine gute OP-Versicherung für einen Hund kostet je nach Alter etwa 30 Euro im Monat. Da sind dann Vor-und Nachbehandlung drin, der OP-Begriff ist vernünftig definiert, inklusive unbegrenzter Leistungen. Bei einer vernünftigen Krankenversicherung liegen Sie bei 70 bis 80 Euro im Monat. Günstigere Tarife kann man vergessen, hier fehlt die Hälfte der Leistungen und die Prämien sind oft nicht an die neue GOT angepasst. Ich gehe davon aus, dass selbst die bereits angepassten Tarife nächstes Jahr noch einmal nachjustiert werden.

procontra: Lohnt sich eine Versicherung denn überhaupt? Mir hat kürzlich ein Hundehalter gesagt, er lege jeden Monat Geld zurück in Höhe eines Versicherungsbeitrags. Falls eine OP nötig wird, kann er es verwenden. Wenn nicht, hat er etwas gespart. Was würden Sie entgegnen?

Janes: Sagen wir mal, sie legen 50 Euro im Monat auf die Seite, dann haben sie in einem Jahr 600 Euro gespart. Ich habe eine zwei Jahre alte Hauskatze, die eine Hornhaut-Nekrose hatte. Das hat uns mit Vor- und Nachbehandlung 2.500 Euro kostet. Wenn etwas passiert, wird er damit also nicht hinkommen. Dennoch: Ich finde es gut, wenn Tierbesitzer Geld auf die hohe Kante legen. Ich würde nur empfehlen, einen gewissen Grundschutz dazu zu kaufen. Deshalb empfehle ich zum Beispiel eher eine Krankenversicherung mit Selbstbeteiligung. Wir müssen wegkommen von der Vollkaskomentalität! Ich bin der Meinung eine Versicherung muss dann eingreifen, wenn es wehtut, wenn Kunden die Kosten selbst nicht mehr tragen können.

procontra: Seit der neuen Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) dürften die Rechnungen vielen Tierbesitzern sehr weh tun…

Janes: Und Operationen sind nicht einmal so sehr der Kostentreiber. Es ist vielmehr das, was noch dazu kommt: die Narkose, die Überwachung des Tiers im Aufwachraum, Unterbringungskosten, Voruntersuchungen wie ein CT oder Röntgen. Das MRT ist ein neuer Posten in der Gebührenordnung, da sind Kunden mal schnell 700 Euro los. Das kann am Ende zu etlichen tausend Euro führen. Das war vor der Gebührenordnung-Reform nicht im Ansatz so teuer. Die Kosten sind durchschnittlich um etwa 30 Prozent gestiegen. Katzenhalter trifft die neue GOT besonders hart: Alleine die Grunduntersuchung kostet jetzt viermal so viel.

procontra: Und die Versicherer passen die Beiträge entsprechend an?

Janes: Gerade gibt es das böse Erwachen – die Prämienerhöhungen betreffen sowohl das Neu- als auch das Bestandsgeschäft. Es gibt Gesellschaften, die haben nur den Bestand angepasst und das Neugeschäft günstig gelassen. Aber die kommen vom Regen in die Traufe, sie werden später die Prämien nach oben hin noch massiver anpassen müssen.

Tierhalterhaftpflicht

  • Deckungssummen: mind. 5 Mio. Euro

  • Die Rasse ist hier eher zweitrangig, lediglich bei Listenhunden muss man darauf achten, dass diese versicherbar sind.

  • Bedingungsgemäß auf Ausschlüsse/Einschlüsse achten

  • Bei Leistungen unter anderem achten auf: Forderungsausfall; Mietsachschäden an PKW, Wohnmobilien und Anhänger und Tiertransportern; Einsatz bei ehrenamtlichen Tätigkeiten; bedarfsgerechten Auslandsschutz

procontra: Wie haben sich die Tarife entwickelt?

Janes: In der Tierhaftpflicht haben sich Tarife ausschließlich zum Positiven gewandelt. Die Versicherer haben die Bedingungen nachvollziehbarer und klarer gemacht. Durch die angestiegene Nachfrage sind heute tierspezifische Problematiken viel besser in den Bedingungen abgebildet. Vor 20 Jahren war da noch nicht viel geregelt.

procontra: Und ganz konkret: Wie haben sich die Tierhaftpflicht-, OP- und Krankenversicherungen verändert?

Janes: Bei dem Gros des Angebots handelt es sich um angemessene Tarife. Bei der Hundehaftpflicht sind viele Fragen besser geregelt, denn die Haftung ist komplex. Hundehalter wollen zum Beispiel oft wissen, ob eine Leinenpflicht qua Versicherungsbedingung besteht. Für uns ist klar, dass es die nicht geben kann. Damit es aber für Kunden einfacher ist, haben die Versicherer klargestellt, dass es keine Leinenpflicht gibt. Auch Reitbeteiligungen sind heute klar in den Bedingungen geregelt, das war früher anders. OP/KV-Tarife haben sich komplett verändert. Zum einen gibt es jetzt ca. 40 Anbieter, Kunden haben die Qual der Wahl. Früher gab es abgespeckte, einfache Tarife, die aus heutiger Sicht nicht gut waren. Heute gibt es sogar Unfall-OP-Policen und unfallbedingte KV-Tarife.

procontra: Wie lang ist die Wartezeit für den Abschluss einer Police, wenn das Tier krank war?

Janes: In der Regel sollte die Operation sechs Monate zurückliegen und die Erkrankung abgeschlossen sein. Wenn ein Tier mal krank war, zum Beispiel wegen eines Magen-Darm-Infekts oder wegen einer harmlosen Augenentzündung, spielt das überhaupt keine Rolle. Das Problem ist, wenn das Darmproblem oder Augentränen Symptom einer schweren Erkrankung ist.

procontra: Sind die Kunden frei in der Arztwahl oder gibt es Partner-Tierärzte, die Versicherte aufsuchen müssen?

Janes: Es gibt freie Tierarztwahl, aber manche Versicherer haben sich in ihren Bedingungen das Recht eingeräumt, Tierärzte abzulehnen. Das ist aber eine Sicherheitsmaßnahme, um schwarze Schafe auszusortieren. In der Praxis habe ich das noch nie erlebt.

procontra: Besteht der Schutz für die Haustiere auch während eines Urlaubs im Ausland?

Janes: Ja, man muss nur wissen, dass die Behandlungskosten auf die Höhe limitiert sind, die in Deutschland gezahlt werden würde. Also wenn ein Tierarzt in Italien 300 Euro veranschlagt, doch nach der deutschen Gebührenordnung würde die Behandlung nur 250 Euro kosten, bekommen Kunden auch nur 250 Euro erstattet.

procontra: Wie viele Versicherer verzichten nach einer 3-jährigen Vertragslaufzeit auf ihr Kündigungsrecht?

Janes: Da gibt es eine Handvoll. Die Hanse Merkur und Barmenia gehören dazu. Es gibt viele Versicherer, die im Schadensfall auf die Kündigung verzichten. Aber das ist eine Mogelpackung, eine trügerische Sicherheit, denn sie können ja spätestens zum Ablauf kündigen. Das ist die sogenannte ordentliche Kündigung. Das gilt nach dem VVG für beide Seiten.

Tierkrankenversicherungen und Tier-OP-Policen:

  • Unbedingt die Ausschlüsse beachten. Neben den direkten genannten Ausschlüssen kommen diese wie der Wolf im Schafspelz daher. Ausschlüsse durch Definitionen, Wartezeiten, Vorerkrankungen oder in manchen Tarifen aus Positivlisten. Manchmal bleibt bei diesen Ausschlüssen nicht mehr viel übrig.

  • Kündigungsverzichte der Versicherer prüfen

  • Wartezeiten sind wichtig zum Schutz des Kollektivs. Manche Tarife werben damit, es gebe keine Wartezeiten. Diese Anbieter deckeln aber in den ersten Jahren die Leistungen, das sind versteckte Wartezeiten.

  • In der OP muss auf Vor- und Nachbehandlungen geachtet werden; diese sind sehr oft teurer als die OP selbst.

  • In der KV müssen neben ambulanten Behandlungen duch Ärzte auch Physiotherapiebehandlungen durch Nichtärzte enthalten sein, wenn möglich auch andere alternative Methoden wie Akkupunktur und Homöopathie. Auch Unterbringsaufwendungen beim Tierarzt sollten versichert sein. Das sind alles Kostentreiber im Falle der Krankheit eines Tieres.

  • bei Auslandsschutz und Urlaubsschutz beachten: Wie geht der Versicherer mit ausländischen Rechnungen um und wo darf ich hinfahren?

procontra: Welche Rolle spielt das Alter des Tiers beim Versicherungsschutz?

Janes: Eine große! Das ist leider extrem geworden. Wir haben viele Anfragen von Haltern mit alten Tieren. Aber eine zehn Jahre alte deutsche Dogge, lässt sich sie nicht mehr krankenversichern, denn die Lebenserwartung liegt bei etwa neun Jahren. Der Versicherungsschutz scheitert oft auch an den Vorerkrankungen der älteren Tiere. Ähnlich ist das bei Katzen. Es gibt Anbieter, die hinsichtlich der Krankenversicherung ohne Altersbeschränkung arbeiten. Je nachdem, wie viel Kunden bereit sind zu bezahlen, gibt es da durchaus – mit unbegrenzter Deckung – einen Schutz. Die Kosten liegen aber bei um 1.400 bis 1.600 Euro pro Jahr.

procontra: Wie sieht es aus bei handzahmen Tieren?

Janes: Also Figo hat einen Krankentarif für Kaninchen und Vögel. Meines Erachtens sind das aber die einzigen. Wir haben eine Zeit lang Hamster in einem Kaninchen-Tarif versichert. Aber Hamster sind versicherungstechnisch eine Oberkatastrophe. Sie haben eine Lebenserwartung von ca. 3 Jahren, haben aber oft teure Krankheiten. Sie kosten also viel Geld und nach drei Jahren sterben sie – das ist versicherungstechnisch mit einer bezahlbaren Prämie nicht kalkulierbar. Ich muss hier eine Lanze für die Versicherer brechen. Das Geld, das sie einnehmen, darf ja nicht weniger sein als die Gesamtheit der Schäden. Für einen Hamster müsste die Prämie gemessen am Risiko hoch sein. Aber Hamsterbesitzer sind nicht bereit 100 Euro im Monat zu bezahlen.

procontra: Erleben Sie oft, dass die Tierbesitzer zu Ihnen kommen, denen gar nicht klar war, welche Kosten damit verbunden sind?

Janes: Ständig, das hat sich noch verschlimmert. Da ist viel Aufklärungsarbeit von Maklerseite notwendig. Ich habe zuletzt eine Rechnung gesehen, da wurden zwei Zähne gezogen und anschließend eine Zahnreinigung gemacht. Die Kosten lagen bei 1.800 Euro. Wer soll das denn bezahlen?

procontra: Wie haben Sie sich die Zielgruppe Tierhalter aufgebaut?

Janes: Das war nicht einfach, wir hatten 2003 eine Kundenanfrage von einem Tierhalter, dadurch haben wir uns mit dem Thema Krankenversicherung für den Hund beschäftigt. Damals haben wir die Sparte noch belächelt. Irgendwann fanden wir das Thema aber spannend, dass wir uns intensiv damit beschäftigt haben. Neben reinem Versicherungswissen muss man eine Ahnung von den spezifischen Krankheiten haben. Wir sind in Reitställe und Tierheime gegangen, haben mit Tierhaltern gesprochen, Bücher gelesen. Man muss die Zielgruppe verstehen und muss wissen, wie die Tierhalter ticken. Wer keine Tiere hat, kann nicht verstehen, welche Sorgen die Zielgruppe hat. Der kann kaum den Schmerz verstehen, wenn ein Tier krank ist. Für die Besitzer ist das ein vollwertiges Familienmitglied. Es gehört viel Einfühlungsvermögen dazu.

procontra: Wie sollten Makler in der Beratung am besten vorgehen?

Janes: Zunächst einmal sollten sie sich klarmachen, dass sie sich ohne Wissen ihren Namen ruinieren werden. Wer ein Tier falsch versichert, weil er Bedingungen und Ausschlüsse nicht versteht, kann einpacken. Erstmal muss man über den Bedarf reden: Wo hole ich den Tierhalter ab? Wieviel Wissen über die Tarife ist schon da? Haben sie Vorstellungen, was versichert sein soll? Wie alt ist das Tier? Gibt es Vorerkrankungen? Bestehen rassespezifische Krankheiten? Je nach Rasse gibt es bestimmte Erkrankungen, die häufiger vorkommen: Ein Schäferhund neigt zu Hüft-Dysplasie (HD). Schäferhund-Kunden frage ich immer, oder ihr Tier HD-gefährdet ist. Wer einen reinrassigen Schäferhund hat, weiß das. Dann muss man Anbieter finden, die diese Erkrankungen nicht per se ausschließen.

procontra: Wenn diese Fragen geklärt sind, wie geht es weiter?

Janes: Anschließend geht es um das Budget. Die häufigste verkaufte Police ist die Tierhalterhaftpflicht mit etwa 70 Prozent. Noch wird etwas häufiger die Tierkrankenversicherung als der OP-Schutz abgeschlossen. Aber das scheint sich gerade zu wandeln. Eine Hunde-OP kostet etwa 30 Euro, eine KV 80 Euro. Viele müssen sparen. Zumal das Verhalten der Versicherer in Bezug auf die Prämien auf mich gerade etwas panisch wirkt.

procontra: Was meinen Sie damit?

Janes: Die Branche wurde nur scheinbar plötzlich mit der GOT-Reform konfrontiert, aber darauf hätten sich die Versicherer vorbereiten können. Schließlich waren die Prämien in der KV vorher schon zu niedrig. Durch die neue GOT ist Panik ausgebrochen und alle Anbieter erhöhen jetzt die Beiträge, verändern Tarife und Annahmerichtlinien, nehmen Leistungen raus – kein Mensch blickt mehr durch, was noch aktuell ist. Und viele kündigen ihren Bestandskunden.

procontra: Wie genau sieht Ihre Klientel aus? Welche Bedürfnisse hat sie?

Janes: Es ist ein Trugschluss, dass nur wohlhabende Kunden Tierversicherungen abschließen. In der Regel sind das Leute, die sich den Tierarzt nicht leisten können. Das ist schon lange so. Also derjenige möchte sein Geld zügig zurückhaben. In der Praxis warten die Kunden allerdings lange – manchmal bis zu zwölf Wochen, weil die Gesellschaften ihre Prozesse nicht im Griff haben oder keine Erfahrungen in der Sparte haben. In puncto Beiträge abbuchen sind sie schnell, in der Schadenbearbeitung hapert es gewaltig. Die Versicherer leben digital nach wie vor hinter dem Mond. Erschwerend hinzu kommt, dass die Tierarztrechnungen oft nicht so strukturiert sind, wie es für Versicherer nötig ist. Manche schreiben immer noch Quittungen, auf denen die Diagnosen nicht vermerkt sind. Und damit werden nun die Versicherer konfrontiert, die selbst nicht besonders schlanke Prozesse haben.

procontra: Können Insurtechs etwas daran ändern?

Janes: Die jungen Wilden machen es doch nicht besser. Die haben sich gegründet, um schnell Kasse zu machen. Woher sollen die denn das Schadens-Know-How haben? Sie brauchen zum Teil noch länger für die Bearbeitung eines Schadens.

procontra: Wagen wir einen Ausblick: Wie werden sich die Prämien zukünftig entwickeln?

Janes: Die Beiträge werden hundertprozentig weiter nach oben gehen. Und die Versicherer werden den Bestand brutal sanieren. Ich sehe bereits Änderungskündigungen und Kündigungen nach Schadenfall. Manche Versicherer nehmen Kunden selbst mit Risikozuschlag nicht mehr zurück. Die Kunden werden rausgeworfen und haben keine Alternative, wenn ihr Tier chronisch krank ist.