Urteil

Haben PKV-Kunden Anspruch auf Informationen zu früheren Prämienanpassungen?

Ob ein privater Krankenversicherer einem Kunden Auskunft über zurückliegende Prämienanpassungen geben muss, hat nun der Bundesgerichtshof entschieden.

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16:09 Uhr | 27. September | 2023
Urteil

Muss ein privater Krankenversicherer einem Kunden Auskunft über zurückliegende Prämienanpassungen geben? Darüber hat nun der Bundesgerichtshof entschieden.

| Quelle: formatalfexe

Was war passiert?

Der Kläger, Kunde eines PKV-Anbieters, war mit den Prämienerhöhungen offenbar nicht einverstanden und zweifelte ihre „Wirksamkeit“ an. Also verlangte er von dem Versicherer eine Auskunft über alle Beitragserhöhungen zwischen 2013 bis 2016.

Konkret forderte er Unterlagen, die Angaben zur Höhe der Beitragserhöhungen unter Benennung der jeweiligen Tarife, die ihm übermittelten Anschreiben mit Begründungen, die Nachträge zum Versicherungsschein und die Beiblätter enthalten.

Das Urteil …

Während das Landgericht Gießen die Klage abgewiesen hat, kam das Berufungsgericht OLG Frankfurt am Main zu dem Schluss, dass der Versicherer Auskunft erteilen müsse. Dagegen ging der Versicherer wiederum in Revision. Mit dem Verweis auf die geltende Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), der zufolge es lediglich einen Anspruch auf die Herausgabe bestimmter Daten nicht aber auf Anschreiben gibt, hatte die Revision zunächst auch Erfolg. Das Urteil des Berufungsgerichts wurde aufgehoben.

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Zwar sieht auch der Bundesgerichtshof (BGH) keinen grundsätzlichen Auskunftsanspruch vor dem Hintergrund der DSGVO. Dennoch kommt das Gericht in seinem Urteil vom 27. September 2023 (Az. IV ZR 177/22) zu dem Schluss: Der Versicherungsnehmer hat Anspruch auf die geforderten Informationen. Demnach habe der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Auskunft, weil er sie benötige, um zu prüfen, ob vergangene Beitragserhöhungen unwirksam waren und ihm daraus Rückzahlungsansprüche zustehen.

… en détail

Der Anspruch setzt voraus, dass dem Versicherungsnehmer noch Rückzahlungsansprüche aufgrund früherer Prämienerhöhungen, so sie denn unwirksam gewesen sein sollten, als Grund für das Auskunftsbegehren zustehen könnten. Darüber hinaus ist erforderlich, so das Gericht, dass er nicht mehr über die betreffenden Unterlagen verfügt und sich die notwendigen Informationen nicht selbst beschaffen kann.

Sind die Unterlagen dem Kunden abhanden gekommen, müssen die Gründe hierfür geprüft werden. Ob diese als Entschuldigung dienen, muss vom Versicherungsnehmer bewiesen werden.

Nicht der erste Fall

Ähnliche Streitigkeiten zum Auskunftsanspruch gibt es immer wieder. So urteilte der BGH bereits vor über zwei Jahren über den Fall eines Versicherungsnehmers, der eine Lebensversicherung hatte und eine „vollständige Datenauskunft“ verlangte (Az. VI ZR 576/19). Das Gericht entschied auch hier im Sinne des Klägers.

„Die Bewertung welche Informationen als „personenbezogene Daten“ dem Versicherungsnehmer tatsächlich zustehen ist von enormer Wichtigkeit für die prozessuale Geltendmachung von Versicherungsansprüchen“, erklärt der Fachanwalt für Versicherungsrecht Björn Thorben M. Jöhnke, Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. „Der Versicherer kann nicht mehr gewisse für ihn unvorteilhafte Informationen zurückhalten.“