Plötzlicher Todesfall eines Maklers

„Dann ist das Lebenswerk des Maklers verloren“

Wenn ein Makler plötzlich verstirbt, kommt es auf einen guten Notfallplan an. Fehlt der allerdings, stehen Hinterbliebene schnell vor dem existenziellen Ruin, warnt Unternehmensberater Peter Schmidt.

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10:02 Uhr | 28. Februar | 2023
Dr. Peter Schmidt Consulting & Coaching Unternehmensberatung

Makler, die über 55 Jahre alt sind, verdrängen das Thema Notfall und Nachfolge oft. Dabei treten genau ab dem Alter gehäufter die Notfälle auf. Ob Hinterbliebene im Zweifel haften müssen, erklärt Berater Peter Schmidt.

| Quelle: Dr. Peter Schmidt Consulting & Coaching Unternehmensberatung

procontra: Es heißt ja, der Zahnarzt hat die schlechtesten Zähne. Lässt sich der Spruch auf Makler übertragen? Hat der Makler die schlechteste Vorsorge?

Peter Schmidt: Leider ist es genauso. Wenn ich einen Vortrag vor Maklern halte, frage ich jedes Mal in die Runde: „Wer von Ihnen hat einen Notfallplan?“ Von zehn Maklern melden sich zwei, oft nur einer. Das Thema wird ausgeblendet. Viele sagen sich: „Das wird mir schon nicht passieren.“ Das mag emotional verständlich sein. Aber in der Praxis kommt es eben doch zu plötzlichen Todesfällen, Krankheiten und Unfällen.

procontra: Das ist doch erstaunlich bei einer Berufsgruppe, die sich täglich mit Eventualitäten und Unwägbarkeiten auseinandersetzt?

Schmidt: Völlig richtig. Beim Berufseinstieg sind viele noch jung und denken nicht an das Thema. Später geht es dann unter, weil vielleicht immer etwas anderes dringender erscheint und im Vordergrund steht, den Betrieb am Laufen zu halten. Es mag vielleicht bei manchen auch am geringen Verdienst liegen: Jeder vierte Makler hat ein Einkommen zwischen 25.000 und 30.000 Euro, für sie ist der Verkaufsalltag erst einmal wichtiger. Makler über 55 verdrängen das Thema Notfall und Nachfolge wohl gern. Dabei treten genau ab dem Alter gehäufter die Notfälle auf.

procontra: Wie sieht so ein Notfall konkret aus?

Schmidt: Gerade auf der Höhe der Pandemie hat es manche erwischt. Wenn es keinen Notfallplan gibt, können weder Ehefrau noch Kinder auf den Rechner zugreifen, weil sie das Passwort nicht haben. Das bedeutete auch, dass sie sich keinen Überblick über die finanziellen Verhältnisse verschaffen können. In einem Fall hatte ein Makler seine Bestände beliehen, sich also ein Darlehen geholt. Das hat nach seinem Tod dazu geführt, dass die Witwe das Haus verkaufen musste, um den Darlehensdienst für die Banken bedienen zu können. Schließlich musste sie Privatinsolvenz anmelden. Wir betreuen jedes Jahr drei bis vier von solchen absoluten Notfällen. Eine sinnvolle Notfallplanung kann das verhindern.

procontra: Welche rechtlichen Probleme können sich ergeben, wenn ein Makler plötzlich verstirbt, aber keine Nachfolgeregelungen getroffen hat?

Schmidt: Es kommt darauf an, eine pauschale Antwort gibt es nicht. Normalerweise ist es so, dass die Maklerverträge, also die Verträge zwischen Makler und Kunde, erlöschen, wenn der Makler stirbt. Die Courtageverträge, also die Verbindung zwischen Makler und Versicherer, erlöschen in vielen Fällen ebenfalls im Todesfall.

procontra: Welche Ausnahmen gibt es?

Schmidt: Es gibt Versicherer, die nach dem Tod des Maklers noch ein halbes Jahr oder sogar unbefristet Courtagen weiterzahlen – und zwar auf der Grundlage, dass die Kunden weiter betreut werden. Wenn die Betreuung wegfällt, fällt auch der Anspruch auf die Betreuungscourtage weg.

procontra: Welche Rolle spielt die Rechtsform eines Maklers?

Schmidt: Bei einem Einzelunternehmer müssen die Hinterbliebenen den Makler bei der IHK abmelden. Anders ist es, wenn es sich um eine Firma, also eine juristische Rechtsform, handelt: eine GmbH, GmbH & Co. KG oder Aktiengesellschaft. Die Kapitalgesellschaften bleiben bestehen und fließen dann mit in die Erbmasse. Damit gehen auch alle Verträge, sowohl mit den Kunden als auch mit dem Versicherer, in das Erbe über. Eine Firma kann an einen anderen Makler verkauft werden oder ein anderer Geschäftsführer, der bereits Niederlassungen hat, übernimmt das Ruder. Eine GmbH ist relativ schnell verkauft und dann sind weder das Geld noch die Verträge weg. Die Hinterbliebenen können das Prozedere entweder eigenmächtig übernehmen oder sie beauftragen uns damit.

procontra: Würden Sie sich als eine Art Nachlassverwalter bezeichnen?

Schmidt: Genau, aber wir nennen uns offiziell nicht so, weil Nachlassverwalter vom Gericht kommen. Wir sind ein Dienstleister, ähnlich wie ein Rechtsanwalt. Wir haben eine Datenbank, in der wir Makler, die Bestände aufkaufen wollen, führen. Mit denen setzen wir uns im Fall der Fälle in Verbindung und wickeln von Anfang bis Ende den Verkauf ab, wenn es die Gegebenheiten zulassen.

procontra: Was passiert, wenn der Makler stirbt, aber Einzelunternehmer war?

Schmidt: Dann erlöschen die Verträge und die Kunden werden nicht weiter betreut. Die Erben haben keinerlei Anspruch auf das Geld. Das Lebenswerk des Maklers ist damit verloren. Das ist das Bittere, egal wie viel Umsatz der Makler gemacht hat. Manche Makler haben ja durchaus einen Umsatz zwischen 200.000 und 300.000 Euro. Der löst sich dann in Luft auf. Deshalb ist es auch unverständlich, warum Makler sich darum nicht kümmern, schließlich ist ihnen doch weder ihr Kundenstamm noch ihre Familie – in den meisten Fällen – egal. Makler sollten ein Unternehmertestament gemacht haben oder über eine Umfirmierung nachdenken, um so ein Szenario zu verhindern.

procontra: Was passiert generell mit dem Kundenbestand, wenn der Makler verstirbt?

Schmidt: Der Bestand gehört dem Versicherer, von dem das Produkt verkauft wurde. Ihm obliegt es, was er mit dem Vertrag oder mit dem Bestand macht. Es kann sein, dass der Versicherer einen anderen Makler beauftragt, oder dass er seine Ausschließlichkeitsvermittler auf den Vertrag ansetzt. Korrekt wäre es, wenn er dem Kunden raten würde, sich einen Makler in seiner Region zu suchen. Das ist für den Kunden gut, weil der neue Makler dann eine Bestandsaufnahme machen wird und prüft, ob der Vertrag noch aktuell ist und alle wichtigen Leistungen enthalten sind.

procontra: Was passiert mit offenen Vorgängen?

Schmidt: Wurde ein Antrag an den Versicherer geschickt, bearbeitet der Versicherer den Antrag weiter. Wenn ein Antrag noch nicht geschlossen wurde, man also in der Beratung hängen geblieben ist, passiert nichts. Dann muss der Kunden eigeninitiativ einen anderen Makler suchen.

procontra: Müssen Erben mit Haftungsrisiken rechnen?

Schmidt: Nein, Nachfahren müssen nicht haften. Ich hatte mal den Fall einer Frau, die sich nach dem Tod ihres Mannes, ein Makler, an einen Rechtsanwalt gewendet hat, der mit der Branche nicht viel zu tun hatte. Er hat der Frau empfohlen, sie solle alle Kunden informieren, dass die Maklerverträge erloschen seien. Und sie solle den Versicherer wissen lassen, dass auch die Courtagevereinbarungen erloschen seien. Damit hat er ihr den Rat gegeben, auf ein mögliches Erbe zu verzichten. Er hat ihr sogar Angst gemacht und gesagt: „Wenn sie das nicht kündigen, müssen Sie dafür haften.“ Das muss sie natürlich nicht. Die Frau hat damit nichts zu tun.

procontra: Wie sieht ein sinnvoller Notfallplan aus? Was gehört in den Notfallkoffer?

Schmidt: Das ist in erster Linie weniger etwas Inhaltliches und mehr etwas Organisatorisches: Ein denkbarer Weg wäre ein Notfallordner: Makler sollten in dem Ordner, analog oder digital, die wichtigsten Verträge und Informationen sammeln (Anm. d. Red.: mehr dazu lesen Sie morgen in unserer Bilderstrecke). Das wäre schon die Hälfte der Miete. Wir bieten dafür eine Checkliste an, die untergliedert ist in zwölf Bereiche mit insgesamt 180 Positionen, die Makler durchdenken sollten. Ein anderer Weg führt über ein Unternehmertestament: Auch dafür haben wir einen Leitfaden entwickelt. Dabei kann eine Person festgelegt werden, die im Todesfall des Maklers alles regelt. Der Makler übergibt also zu Lebzeiten eine Vollmacht, am besten vom Notar beglaubigt, an die Person. Wenn das Umsatzvolumen allerdings bei über 100.000 Euro liegt, sollte man eine Umfirmierung vom Einzelunternehmer zu einer juristischen Rechtsform in Angriff nehmen. Denn: Eine Firma stirbt nicht. Doch selbst, wenn der Geschäftsführer sterben sollte, kann die Firma komplett verkauft werden.

procontra: Wie haben Sie Ihre Vorsorge geregelt?

Schmidt: Als Freiberufler habe ich den Weg des Unternehmertestaments gewählt. Dazu kommt ein Notfallordner, in dem alle Verträge etc. übersichtlich sortiert vorliegen und ein gut digitalisiertes Ablagesystem. Ergänzt wird das Ganze durch eine private Vorsorge- und Betreuungsvollmacht sowie ein privates Testament.

Lesen Sie morgen auf procontra, was in einen Notfallkoffer für Makler gehört. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie achten müssen, was Sie auf keinen Fall vergessen dürfen und welche Tücken es zu kennen gilt!