Solvenzquoten: Nur noch 9 Lebensversicherer reißen die Hürde

Die Corona-Krise hat den Lebensversicherern ihr Geschäft nicht leichter gemacht. Doch zumindest konnten sich viele Anbieter 2021 in puncto Finanzstabilität erholen. Die Netto-Solvenzquote unterschreiten aktuell weniger Unternehmen als im Vorjahr.

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15:04 Uhr | 11. April | 2022
Bild: Adobe Stock/Jiw Ingka

Solvency II schreibt ab 2032 eine Netto-Solvenzquote von 100 Prozent vor. Doch bereits heute reißen nur noch 9 von 75 untersuchten Lebensversicherern diese Hürde. Bild: Adobe Stock/Jiw Ingka

Die deutschen Lebensversicherer haben sich im vergangenen Jahr offenbar gut mit den Auswirkungen der Corona-Krise arrangiert. Zu diesem Schluss kommt man beim Blick auf ihre Solvenzquoten und somit ihre finanzielle Stabilität. Denn gegenüber dem Jahr 2020 (390 Prozent) hat sich die durchschnittliche aufsichtsrechtliche Solvenzquote in 2021 auf 460 Prozent erhöht. Über diese Entwicklung informiert die Rating-Agentur Assekurata unter Berücksichtigung der aktuellen Berichte zur Solvabilität und Finanzlage (SFCR) unter Solvency II von 75 Lebensversicherern.

Um die Vorgaben des Aufsichtsregimes zu erfüllen, muss die Quote mindestens 100 Prozent betragen. Sie gibt Auskunft darüber, ob ein Versicherer auch in Extremszenarien über genügend Eigenmittel verfügen würde, um seinen Verpflichtungen gegenüber Versicherten und anderen Leistungsempfängern nachzukommen.

Gestiegenes Zinsniveau stärkt Solvenzquoten

Zwar hatte Corona 2020 deutliche Spuren am Kapitalmarkt hinterlassen. Im vergangenen Jahr machte sich eine Aufhellung der Situation aber direkt bei vielen Lebensversicherern bemerkbar. Laut Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata, kamen die steigenden Marktzinsen den Solvenzquoten vieler Anbieter zugute. Beispielhaft nennt er zehnjährige Bundesanleihen, die in 2020 bei einer Verzinsung von -0,58 Prozent lagen, sich mittlerweile aber wieder ins Positive gedreht hätten.

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„Gerade bei traditionellen Lebensversicherungsbeständen reagieren die Solenzquoten sehr sensibel auf die Marktzinsen“, so Heermann. Denn das steigende Zinsniveau – wenn auch weiterhin auf niedrigem Niveau – reduziert die Solvenzkapitalanforderungen beziehungsweise erhöht die Quoten der Anbieter. Dies habe unter anderem dazu geführt, dass 56 der untersuchten Unternehmen ihre Solvenzquote gegenüber dem Vorjahr steigern konnten.

Bei 19 fiel sie zwar niedriger aus – zu niedrig ist sie aber bei keinem Lebensversicherer. Denn Solvency II ermöglicht es den Lebensversicherern, ihre Solvenzquoten durch Übergangsmaßnahmen (ÜM) und Volatilitätsanpassungen (VA) zu erhöhen. Bei der sogenannten Bruttoquote reißt deshalb kein Lebensversicherer die vorgegebene Hürde von 100 Prozent. Wohl aber bei der Nettoquote. Zwar ist diese, sofern sie bereits 100 Prozent übersteigt, aktuell nur „nice to have“. Jedoch dürfen ÜM und VA als Hilfsmaßnahmen nur noch bis Ende 2031 genutzt werden. Danach muss die Nettoquote bei allen Unternehmen mindestens 100 Prozent ihrer Verbindlichkeiten betragen. In dieser Hinsicht hat die BaFin auch bereits seit Jahren ein paar Kandidaten im Auge, bei denen sie zumindest in gewissem Maße Sorge trägt, dass dies misslingen könnte.

9 Lebensversicherer „netto“ unter 100 Prozent

Das vergangene Jahr hat jedoch die Finanzstabilität der deutschen Lebensversicherer verbessert. Während Assekurata vor einem Jahr noch 16 Lebensversicherer mit einer Nettoquote von unter 100 Prozent ermittelt hat, sind es aktuell nur noch neun (siehe Tabelle).

Die Bruttoquoten zeigen, welch große Auswirkungen ÜM und VA haben. Im Durchschnitt liegt die Nettoquote der 75 Unternehmen bei 263 Prozent – ein Unterschied von 197 Prozentpunkten zur Bruttoquote. Zieht man einzelne Unternehmen heran, so fallen die Differenzen noch deutlicher aus: Die SV Lebensversicherung etwa weist eine Bruttoquote von 1.125 Prozent aus und hat im Ergebnis damit ihre Nettoquote (475 Prozent) mehr als verdoppelt.

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