Pro/Contra Indexpolicen: „Gute Lösung“ oder „Finger weg“?

Professor Michael Hauer (TH Amberg-Weiden und IVFP-Geschäftsführer) nennt Indexpolicen ein „empfehlenswertes Produkt“, Professor Dr. Hartmut Walz (Hochschule Ludwigshafen) dagegen sagt „Finger weg von Indexpolicen!“

13:07 Uhr | 22. Juli | 2019
Professor Michael Hauer vom IVFP argumentiert für uns pro, Professor Dr. Hartmut Walz contra Indexpolicen in der Lebensversicherung.

Professor Michael Hauer vom IVFP (links) argumentiert für uns pro, Professor Dr. Hartmut Walz contra Indexpolicen in der Lebensversicherung. Bild: IVFP/Walz privat/Fotomontage procontra

Entgegen vielfacher Meinung handelt es sich bei Indexpolicen nicht um Produkte, die direkt in den Aktienindex investiert sind. Im Gegenteil: Ähnlich einer klassischen Rentenversicherung liegt das Vertragsguthaben vollständig im Sicherungsvermögen des Anbieters.

Einzig die Überschüsse werden dazu verwendet, mit Hilfe von Optionen das gesamte Vertragsguthaben an der Wertentwicklung eines Index zu beteiligen. Die Rendite aus der Indexbeteiligung wird dann am Jahresende dem Vertrag gutgeschrieben und erhöht damit das Vertragsguthaben. Der Kunde hat dabei jährlich die Möglichkeit, auf die Indexbeteiligung zu verzichten und die Überschussverzinsung zu wählen. Hat der Index eine negative Wertentwicklung beziehungsweise aufgrund gewisser Beschränkungen (Cap, Quote) kann es passieren, dass aus der Option nichts rauskommt. In diesem Fall spricht man von einer Nullrunde.

Ein Prozentpunkt über klassischen Policen

Ansonsten sind die Indexpolicen ein durchaus empfehlenswertes Produkt, das für einen sicherheitsorientierten Anleger, der eine Chance auf etwas mehr Rendite haben will, eine gute Lösung ist. Nach unseren Berechnungen lässt sich bei einer Indexpolice eine um etwa einen Prozentpunkt höhere Rendite erzielen als bei einer klassischen Police. Insbesondere in der aktuellen Niedrigzinsphase ist das nicht unbeachtlich. Dies ist durch komplexe Optionsgeschäfte möglich. Aber ähnlich einem Autofahrer, der das Ergebnis bei Betätigung des Gaspedals kennen muss, ohne den Aufbau des Motorsteuerungs-Chips zu verstehen, muss unseres Erachtens der Kunde nur die Wirkung des Optionsmodells auf seine Anlage kennen und nicht das komplexe Konstrukt, das dahintersteckt.

Die Einordnung kann man wie folgt umschreiben: Mit klassischen Policen gelangt der Kunde eher langsam und ohne großes Stottern ans Ziel. Fondsgebundene Policen hingegen sind dabei besser mit einem Sportwagen zu vergleichen. Dazwischen lassen sich Indexpolicen ansiedeln. Wichtig ist, dass der Vermittler dem Kunden die unterschiedlichen Varianten sowie deren Eigenschaften und Wirkungsweise aufzeigt, damit dieser sich richtig entscheiden kann.

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Bereits in der ersten Auflage meines Buches „Einfach genial entscheiden in Geld- und Finanzfragen“ habe ich mich klar gegen Indexpolicen (im folgenden IP) ausgesprochen. Doch die aktuelle Diskussion droht auf irrelevante Nebenschauplätze abzugleiten. Daher nochmals die zentralen Argumente, warum IP für den Kunden unvorteilhaft und verbraucherunfreundlich sind und bestenfalls kurzfristig dem Anbieter nutzen – langfristig jedoch das Verbrauchervertrauen in Versicherungsprodukte noch weiter ruinieren werden.

IP sind irreführend und profitieren vom guten Ruf von Indexinvestments wie zum Beispiel Indexfonds oder ETFs. Indexpolicen sind jedoch lediglich Index-Wetten. Und zwar schiefe Wetten – zuungunsten des Privatanlegers. Sie provozieren die falsche Erwartung, höhere Rendite sei ohne höheres Risiko realisierbar – was ebenso unmöglich ist, wie die Aufhebung der Schwerkraft.

Wer an Wunder glaubt…

IP lenken hierbei die Wahrnehmung des Kunden manipulativ auf kurzfristige Kursschwankungen. Jedoch ist Zweck einer Police allein schon aufgrund der steuerlichen Rahmenbedingungen ein langfristiger Spar- oder Vorsorgeprozess. Also wird die Aufmerksamkeit des Kunden auf ein nicht vorhandenes Problem gelenkt, um dieses anschließend überteuert zu „lösen“.

Ein kurzer Blick auf das Renditedreieck des Deutschen Aktieninstitutes bei Anlagezeiträumen zwischen 12 und 30 Jahren zeigt nämlich kein einziges Verlustergebnis. Bereits deshalb sind IP für Privatanleger nutzlos, da sie – wenn man Wunder ausschließt – keinen Mehrwert erbringen.

Überteuert, kompliziert, intransparent und meist unverständlich

Im Vergleich zu klassischen Rentenversicherungen, die auch schon nicht gerade preiswert sind, liegen ihre Kosten durchschnittlich nochmals um ein Drittel bis zur Hälfte höher. Die Kosten führender Nettopolicen werden durch IP sogar um den Faktor fünf übertroffen! Gegenüber einem günstigen ETF-Sparplan liegen sie beim 15- bis 20-fachen. Das muss ein Steuervorteil erst einmal wieder kompensieren – und bei den häufigen Vertragsauflösungen ist das mit Sicherheit nicht der Fall.

Hinsichtlich der Form und Begrenzung an der Indexpartizipation – asymmetrische Zeiträume, volle Beteiligung an Verlusten bei gleichzeitiger Begrenzung an Gewinnen – existiert ein von Anbieter zu Anbieter unterschiedliches, unübersichtliches Gestrüpp schwer verständlicher Regelungen, die oft auch die Mittler selbst nicht oder nur oberflächlich verstehen. Doch der Teufel steckt gerade im Detail: Wer nämlich zum Beispiel seinen Kunden eine Indexpartizipation an einem zeitungsbekannten Standardindex anbietet, jedoch im Kleingedruckten versteckt, dass nicht der bekannte Performance- sondern nur der weniger bekannte Kursindex ohne Dividenden zugrunde gelegt wird, hat sich den Vorwurf der Mogelpackung redlich verdient und verspielt das Vertrauen seiner Kundschaft nachhaltig.

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