BdV-Solvenzanalyse: Diese 21 Lebensversicherer fallen durch

Der Bund der Versicherten hat wieder die Solvency II-Berichte von allen 84 Lebensversicherern analysiert und kommt zu einem düsteren Fazit. Vor allem Run-off-Spezialisten schnitten schlecht ab, aber auch einige etablierte große Anbieter.

14:09 Uhr | 24. September | 2019
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Der Bund der Versicherten e. V. (BdV) und die Zielke Research Consult GmbH haben erneut die Solvenzberichte der deutschen Lebensversicherer unter die Lupe genommen. Das Urteil der Prüfer ist dabei überwiegend negativ ausgefallen. „Es ist besorgniserregend, dass ein Viertel der Unternehmen zwei der grundlegenden Voraussetzungen für ein dauerhaft funktionierendes Geschäftsmodell nicht aufweisen“, so BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein.

Mit den zwei grundlegenden Voraussetzungen meint er erstens die reine Solvenzquote der Lebensversicherer (Brutto-Quote abzüglich Übergangsmaßnahmen) und zweitens eine positive Gewinnerwartung. Die reine Solvenzquote sollte, Kritikern zufolge, über 100 liegen, da die Unternehmen ansonsten nur mit Hilfe von versicherungstechnischen Rückstellungen in der Lage sind, die Verluste auszugleichen, die innerhalb des nächsten Jahres eintreten könnten.

Tipp: Ausführliche Analysen und Kennzahlen-Ranglisten der deutschen Lebensversicherer zum Geschäftsjahr 2018 bietet auch der aktuelle procontra LV-Check.

„Anzeichen für eine langandauernde und tiefgreifende Krise“

Die Analyse der Solvenzberichte für das Geschäftsjahr 2018 von 84 Lebensversicherern hätte gezeigt, dass 12 von ihnen auf eine reine Solvenzquote von unter 100 kommen. Auch die nicht vorhandenen beziehungsweise negativen Gewinnerwartungen von 14 Lebensversicherern (darunter 5 Überschneidungen mit den reinen Solvenzquoten unter 100) sind aus Sicht der Verbraucherschützer besorgniserregend. „Dies sind deutliche Anzeichen für eine langandauernde und tiefgreifende Krise der Deutschen Lebensversicherer. Wir erwarten mindestens zunehmend ineffiziente Verträge bis hin zu Insolvenzen von Unternehmen“, lautet Kleinleins düstere Prognose.

Positives gibt es kaum zu berichten. Nur ein einziger Satz weist auf eine erfreuliche Tendenz in der pflichtgemäßen Berichterstattung gemäß Solvency II hin. „Die Transparenz der Berichte hat erneut zugenommen“, wird Dr. Carsten Zielke, geschäftsführender Gesellschafter von Zielke Research Consult in der gemeinsamen Pressemitteilung zitiert.

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Besonders scharf kritisieren BdV und Zielke das Vorgehen der Run-off-Spezialisten für klassische LV-Bestände. In dieser Gruppe finden sich 5 Unternehmen, die entweder eine reine Solvenzquote unter 100 aufweisen oder mit negativen oder nur marginalen Gewinnen (unter 1,0) rechnen.

„Offensichtlich sind die Managerinnen und Manager der Run-off-Unternehmen in Sachen Solvenz sehr risikofreudig“, erklärt Kleinlein. Mit Blick auf die sinkenden Risikomargen über die gesamte Branche hinweg, ergänzt Zielke: „Die Unternehmen kalkulieren zunehmend auf Kante.“

Gefahr für die Versicherten?

Die Solvenzberichte der Run-off-Plattformen würden den Analysten zufolge auch über eine sehr niedrige Transparenz verfügen. „Die Untersuchung der Solvenzberichte unterstreicht, dass Run-off-Unternehmen deutliche Gefahren für die Versicherten bergen“, resümiert Kleinlein.

Zusammen mit dem Vermittlerverband AfW hatte der BdV kürzlich eine Liste mit Forderungen für die Politik formuliert. Sie soll zur Verbesserung der Rechte von Versicherten beitragen, deren LV-Policen an einen externen Abwickler verkauft wurden oder verkauft werden sollen. Insgesamt schneiden viele dieser Run-off-Spezialisten mit Blick auf die BaFin-Beschwerdequoten deutlich schlechter ab als der Marktdurchschnitt. Woran das liegt, hat procontra im Sommer direkt bei den betroffenen Run-off-Lebensversicherern erfragt.

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In den Ergebnissen ihrer Analyse weisen der BdV und Zielke Research Consult 21 Lebensversicherer aus, die entweder eine reine Solvenzquote von unter 100, eine nicht vorhandene bzw. negative Gewinnerwartung oder beides ausweisen. Diese sind:

Anm. d. Red.: In der ursprünglichen Version dieses Artikels hatten wir die myLife Lebensversicherung AG mit ausgewiesen, weil sie laut der BdV-Solvenzanalyse in ihrem SFCR-Bericht eine nicht vorhandene Gewinnerwartung ausweist. Gegenüber procontra hat die myLife nun aber erklärt, dass in ihrem Bericht ein Datenfehler vorlag, wodurch an der entsprechenden Stelle kein Wert eingetragen war. Aufgrund dessen hatte der BdV eine Gewinnerwartung von 0,0 berechnet. Tatsächlich liegt die Gewinnerwartung der myLife aber im positiven Bereich zwischen 0,4 und 0,6. Dies wurde auch seitens des BdV bestätigt und eine Anpassung der Ergebnislisten veranlasst. Somit erfüllt die myLife sowohl die Vorgabe einer reinen Solvenzquote von mindestens 100 als auch die einer positiven Gewinnerwartung.

Die vollständige Ergebnisliste der Solvenz-Analyse findet sich hier. Darin gibt ein Ampelsystem Auskunft über Situation und Tendenz der 84 Lebensversicherer in allen untersuchten Kategorien. Eine Erläuterung zu den untersuchten Kategorien gibt es hier.

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