Union-Investment-Skandal: Bärendienst für die Aktienkultur?
Es war eine Nachricht, die auch abseits der gängigen Branchenmedien für reichlich Aufmerksamkeit sorgte: Gegenüber einem Mitarbeiter der Fondsgesellschaft Union Investment war der Verdacht laut geworden, er habe über Monate verbotene Insidergeschäfte abgewickelt und sich auf diese Weise in erheblichem Maße bereichert.
Die Fondsgesellschaft hatte daraufhin in einer öffentlichen Stellungnahme bekannt gegeben, den betroffenen Mitarbeiter – laut Medienberichten ein „Star-Fondsmanager“, der über Jahre überdurchschnittliche Renditen erzielt hatte - von seinen Aufgaben freigestellt zu haben und mit der Staatsanwaltschaft bei der Aufklärung zu kooperieren.
Mittlerweile wurde der Verdächtige laut einem Bericht des Handelsblattes in Untersuchungshaft genommen – es bestehe offenbar laut Auffassung der Justiz Flucht- oder Verdunklungsgefahr. Insgesamt gehe es um fragwürdige Gewinne in Höhe von neun Millionen Euro, umschrieb ein Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft Frankfurt die Tragweite des Falls. Kunden von Union Investment seien durch das Fehlverhalten des Managers allerdings nicht geschädigt worden, betonte das Unternehmen.
Noch unklar ist hingegen die Tragweite des Falls für die gesamte Branche – nach dem Wirecard-Skandal ist der fehlgeleitete Fondsmanager der zweite Vorfall, der den Finanzplatz Deutschland in ein schlechtes Licht rückt. Ein Imageschaden für die deutsche Fondsbranche, der die im internationalen Vergleich eh gering ausgeprägte deutsche Aktienkultur weiter schwächen könnte. „Beim Kleinanleger bleibt hängen: Wirecard war kriminell, die Fondsmanager sind kriminell“, kritisierte Ali Masarwah, Analyst bei der Ratingagentur Morningstar, gegenüber der FAZ. „Für die ohnehin schwache Aktienkultur in Deutschland ist das ein weiterer Schlag.“
Eine Meinung, der sich auch Klaus Morgenstern, Sprecher des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA), anschließt. „In diesem Fall spielt es gar keine Rolle, ob ein finanzieller Schaden entstanden ist, der Aktienkultur schadet ein solches Verhalten. Es bleibt doch der Verdacht im Raum, dass diejenigen, die zuerst über relevante Informationen verfügen, diese in ihrem Interesse ausnutzen und der ,kleine Anleger‘ über den Tisch gezogen wird“, erklärte Morgenstern auf procontra-Anfrage.
Für das DIA, das sich seit längerem für eine stärkere Aktienkultur stark macht, stellt der Fall einen Bärendienst für ihre Bemühungen dar. „Für viele private Anleger ist das ein Grund, nun erst recht die Finger von Aktien zu lassen.“
Um Vorfälle dieser Art in Zukunft verhindern zu können, spricht sich Morgenstern für eine Reform der Regularien aus. Der Vorschlag: Wer beruflich in größerem Umfang Kundengelder verwaltet und marktrelevante Entscheidungen trifft, soll sein eigenes Vermögen treuhänderisch verwalten lassen. Selbst sollen dann keine Einzelentscheidungen über das eigene Vermögen getroffen werden, sondern mit dem Treuhänder nur Strategien und Chancen-Risiko-Profile festgelegt werden. „Dann kommt auch erst gar keine Versuchung auf, mal schnell Insiderwissen fürs eigene Vermögen zu nutzen“, hebt Morgenstern die Vorzüge des Vorschlags hervor.