Immobilienfinanzierung

„Die Hausbank belohnt selten Kundentreue“

Wie kann die Anschlussfinanzierung für Immobilienbesitzer in Krisenzeiten gelingen? Stefan Vogelsang, Spezialist für Baufinanzierung bei Dr. Klein, gibt im procontra-Interview Empfehlungen für Vermittler.

11:05 Uhr | 26. Mai | 2023
Stefan Vogelsang

„Dem Kunden muss sein Risiko bekannt sein, damit er entscheiden kann": Stefan Vogelsang vom Immobilienfinanzierer Dr. Klein im Interview.

| Quelle: Dr. Klein

procontra:

Ihren Kredit können Kunden vor Ende der Zinsbindungsfrist mit einem Forward-Darlehen absichern. Wie gehen Berater mit Kunden um, die lieber auf sinkende Zinsen hoffen wollen?

intervieweeImg

Stefan Vogelsang:

Sie argumentieren dann am besten, dass es sich hierbei um eine Wette handelt. Die wichtigste Frage ist also nicht, ob die Zinsen steigen oder fallen werden – niemand hat eine Glaskugel. Sondern vielmehr: Kann sich der Kunde die Rate auch dann noch leisten, wenn die Zinsen doch weiter steigen? Dem Kunden muss sein Risiko bekannt sein, damit er daraufhin entscheiden kann.

procontra:

Wann ist der beste Zeitpunkt, um das Thema Forward-Darlehen anzusprechen?

intervieweeImg

Vogelsang:

Die Empfehlung lautet drei Jahre vor Ende der Zinsbindungsfrist, möglich ist es bis zu fünfeinhalb Jahre vorab. Entscheidet sich der Kunde dafür, können Berater ihnen beim Vergleich der Forward-Aufschläge helfen. Diese unterscheiden sich stark von Anbieter zu Anbieter. Die Hausbank belohnt die Treue der Kunden selten. Oft gibt es die besten Konditionen woanders.

procontra:

Ist das Forward-Darlehen alternativlos?

intervieweeImg

Vogelsang:

Nein, es gibt auch andere Möglichkeiten, seinen Kredit abzusichern. Wenn die Zinsbindung zum Beispiel noch neun Jahre läuft, ist es für ein Forward-Darlehen zu früh. Dann empfehle ich, die Kunden auf einen Bausparvertrag anzusprechen. Auch hiermit lassen sich Zinsen sichern – aktuell teilweise noch mit einer eins oder zwei vor dem Komma. Der Kunde schließt den Vertrag ab und spart in den darauffolgenden Jahren so viel Geld in den Bausparvertrag ein, dass er zum Ende der Zinsbindung in die Zuteilung kommt. Mithilfe der Summe aus angespartem Betrag und Bauspar-Darlehen kann er dann in neun Jahren die Restschuld bei der ersten Bank tilgen. Von da an zahlt er das Darlehen an die Bausparkasse ab. Der Vorteil: Der Kunde kennt heute bereits seinen Zinssatz in neun Jahren.

procontra:

Fürs Bausparen müssen Kreditnehmer aber neben der monatlichen Tilgungsrate noch einen Puffer übrighaben. Stecken sie das Geld dann nicht lieber in die Sondertilgung?

intervieweeImg

Vogelsang:

Das hängt von der individuellen Finanzierung ab, das sollten Berater gemeinsam mit dem Kunden durchrechnen.

procontra:

Welche Zinsbindung ist für eine heutige Anschlussfinanzierung empfehlenswert?

intervieweeImg

Vogelsang:

Auch das sollte man auf die individuelle Situation des Kunden zuschneiden. Aber aufgrund der inversen Zinsstrukturkurve bei Hypotheken sind die Aufschläge für 30-jährige Zinsbindungsfristen gegenüber solchen mit 15 Jahren Laufzeit derzeit mit nur 20 Basispunkten minimal. Somit können sich lange Laufzeiten derzeit für viele Kunden lohnen.