Kolumne

Was die Longevity-Forschung für die Vorsorge-Beratung bedeutet

Die Langlebigkeitsforschung erlebt durch die künstliche Intelligenz zusätzlichen Aufwind. Was ein längeres Leben für die Vorsorgeberatung bedeutet, beschreibt Martin Gräfer, Vorstandsvorsitzender die Bayerische.

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14:05 Uhr | 23. Mai | 2025
Bayerische-Vorstand Martin Gräfer

Martin Gräfer, Vorstandsvorsitzender die Bayerische

| Quelle: Bayerische

Der Langlebigkeits-Trend ist längst ein Milliardenmarkt. Von Bezos bis Musk fließen Big-Tech-Dollar in Longevity-Startups. Influencer, wie der Millionär Bryan Johnson, spritzen sich jugendliches Blutplasma und schlucken 100 Pillen täglich, um dem Altern ein Schnippchen zu schlagen.

Aber im Ernst: Auch wenn man einige Auswüchse als skurrilen Spleen gelangweilter Superreicher betrachtet, sind die Implikationen der Forschung faszinierend. Die KI-Revolution beschleunigt die Durchbrüche auf dem Gebiet zusätzlich. Wenn 90 das neue 70 wird, kommt auch der Rentenversicherung eine neue Bedeutung zu.

Vom Kampf gegen die Zombi-Zellen zur zelluläre Reprogrammierung

„Altern als Krankheit“, die wir bekämpfen können – und die reversibel ist. Wenn Longevity-Pioniere wie der Harvard-Professor David Sinclair über ihre Idee sprechen, klingt das für uns heute nach Science Fiction. An ewiges Leben glaubt aber auch Sinclair nicht. Worum es gehe, ist die Chance einer signifikanten Verlängerung der Lebens- und vor allem Gesundheitsspanne. Und dieses Szenario sei höchst real.

Wie das gehen soll? Zwei aktuelle Beispiele: Im Alter sammeln sich in unserem Körper zunehmend Zellen an, die ihre Fähigkeit zur Teilung verloren haben. Zellen also, die simpel gesagt nicht mehr funktionieren und als „Zombie-Zellen“ Alterungsprozesse, chronische Entzündungen und Krankheiten wie Alzheimer befeuern. Nicht schön. Bio-Tech-Startups entwickeln daher Medikamente, die diese Zellen gezielt attackieren und eliminieren, was altersbedingte Krankheiten zurückdrängen könnte. „Youth to go“ in Pillenform.

Dem Traum vom Jungbrunnen noch näher kommt ein weiterer Prozess. Zelluläre Reprogrammierung soll Zellen in ihren früheren, jugendlicheren Zustand zurückversetzen. Somit wird Altern nicht nur gestoppt, sondern umgekehrt. Sich beim Aufwachen „wie neugeboren fühlen“, liegt künftig vielleicht nicht nur am guten Schlaf. Bei Primaten konnte das Verfahren bereits Durchbrüche erzielen und in Versuchen beispielsweise blinden Affen ihr verlorenes Augenlicht zurückgeben. Klinische Studien bei Menschen sollen in den Startlöchern stehen.

Die „Longevity-Lücke“ und der USP der privaten Rentenversicherung

Die Grenzen des Alterns verschieben sich. Doch was bedeutet das für unser ohnehin schon überstrapaziertes Rentensystem? Was wenn aus 15 bis 20 Jahren Ruhestand plötzlich 30 oder 40 Jahre werden? Neben der dringend notwendigen Debatte um die Reform und Zukunft der gesetzlichen Rente in Zeiten der demographischen Krise, bringen Durchbrüche in der Langlebigkeitsforschung auch für die finanzielle Ruhestandsplanung völlig neue Implikationen mit sich. Entsprechend tragfähige Kalkulationen und Anpassungen auf Produktseite vorausgesetzt, rückt die Langlebigkeitslücke den zentralen Punkt der privaten Rentenversicherung mehr denn je ins Rampenlicht: die lebenslangen Rentenleistungen.

Denn viele Menschen unterschätzen das Thema Lebenserwartung und dadurch entstehende Vorsorgelücken schon heute. Lücken, die in Anbetracht rapide steigender Langlebigkeit zum Krater anwachsen könnten. Beraterinnen und Berater können ihren Kunden anhand der KI-Revolution der letzten Jahre vor Augen führen, wie schnell Science Fiction zum gelebten Alltag wird. Damit die wahrscheinliche Ausdehnung unserer Gesundheitsspanne kein Grund zur Sorge, sondern zur (Vor)freude auf zusätzliche Lebensjahre und zusätzliches Lebensglück wird, kommt der persönlichen und individuelle Beratung heute mehr Stellenwert denn je zu.

Hinzu kommt: Als Branche hieven uns die aktuellen Durchbrüche in KI, Medizin und die damit erwartbare Ausdehnung der Lebenszeit in die Pole Position. Die garantierte lebenslange Rentenleistung ist als DNA der Lebensversicherung eine Errungenschaft, mit der wir selbstbewusst jenen widersprechen sollten, die den ETF-Sparplan in der Debatte als einzige legitime Lösung der Vorsorge zementieren möchten.

Rente für die Ewigkeit? Wie Berater sich als Zukunftslotsen positionieren

Mit „Forever young“ beförderte die Band „Alphaville“ in den 1980ern eine Hommage an das Jungsein in die weltweiten Charts – und wurde seitdem unzählige Male gecovert. Und auch wenn die ewige Jugend wohl noch lange Fantasie bleibt (und vielleicht auch gar nicht so erstrebenswert ist), gilt für die Finanzberatung: Lassen Sie sich und ihre Kunden vom Spirit der Lebens-Sehnsucht anstecken. Die Forschung gibt uns allen Grund zur Hoffnung. Und Sie – liebe Beraterinnen und Berater - haben als Zukunftslotsen die passenden Lösungen im Gepäck, mit der Sie selbst künftige Methusaleme vor Altersarmut bewahren.

Halten Sie es für realistisch, dass alle Menschen davon profitieren?