pro&contra

Ist die Frühstart-Rente ein Booster für die private Altersvorsorge?

Kann die geplante Frühstart-Rente der privaten Altersvorsorge neue Impulse geben? Aeiforia-Geschäftsführer Martin Gattung meint ja, Christian König, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Privaten Bausparkassen, ist da nicht ganz so überzeugt.

Author_image
10:09 Uhr | 17. September | 2025
Aeiforia-Geschäftsführer Martin Gattung und Christian König, Hauptgeschäftsführer Verband der Privaten Bausparkassen e.V

Martin Gattung, Gründer und Geschäftsführer der Aeiforia GmbH, und Christian König, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Privaten Bausparkassen e.V. (VdPB)

| Quelle: Aeiforia/VdPB

Die Frühstart-Rente könnte der dringend nötige Impuls für die Altersvorsorge sein.
Martin Gattung

Gründer und Geschäftsführer der Aeiforia GmbH

Die private Altersvorsorge steckt seit Jahren in der Stagnation: bürokratisch, erklärungsbedürftig, mit geringer Reichweite. Gleichzeitig wächst der Handlungsdruck durch die demografische Entwicklung. In dieser Situation könnte die Frühstart-Rente der dringend nötige Impuls sein – ein „Booster“ für die Altersvorsorge.

Vorsorgebewusstsein schaffen

Der Charme des Konzepts liegt im frühzeitigen Einstieg: Kinder erhalten ab einem frühen Alter regelmäßige Beiträge, die über Jahrzehnte am Kapitalmarkt wirken. Der Zinseszinseffekt entfaltet hier seine maximale Kraft. Wer mit sechs Jahren startet, hat bis zum Renteneintritt rund 60 Jahre Anlagehorizont – eine Chance, die Erwachsene nie mehr einholen können. So wird nicht nur Kapital aufgebaut, sondern auch ein Vorsorge-Bewusstsein für die ganze Familie geschaffen.

Eine aktuelle Sirius-Campus-Studie verdeutlicht das Potenzial: 75 Prozent der Befragten haben bereits von der Frühstart-Rente gehört, unter Eltern ist die Bekanntheit besonders hoch. Noch wichtiger: Nahezu 80 Prozent der Eltern wären bereit, über die staatliche Förderung hinaus zusätzliche Beiträge einzuzahlen. Knapp ein Drittel der Eltern plant sogar, unmittelbar nach Einführung einen Vertrag abzuschließen – das entspricht rund drei Millionen potenziellen Verträgen allein zum Start.

Thema trifft den Nerv

Das ist ein bemerkenswertes Signal für die Akzeptanz einer Maßnahme, deren konkrete gesetzliche Ausgestaltung noch nicht final vorliegt. Die Studie basiert auf Annahmen zu Eckpunkten wie monatlichen Förderbeträgen oder Anspruchsgruppen – und zeigt trotzdem: Das Thema trifft einen Nerv.

Auch die gewünschte Produktvielfalt macht Mut: Eltern können sich ganz unterschiedliche Formen vorstellen – vom Wertpapierdepot über fondsgebundene Rentenversicherungen bis hin zum Bausparvertrag. Besonders relevant ist für viele die Möglichkeit, angespartes Kapital später für Wohneigentum einzusetzen. 26 Prozent der Eltern bewerten dies als entscheidenden Vorteil. Damit verbindet die Frühstart-Rente zwei zentrale Ziele: finanzielle Sicherheit im Alter und die Förderung von Wohneigentum, das die Rentenbelastung im Alter entscheidend mindern kann.

Die Studie zeigt klar: Eltern vertrauen auf private Anbieter – vor allem Banken, Sparkassen und Versicherer – und suchen sowohl Online-Informationen als auch persönliche Beratung. Hier liegt eine große Chance: Die Frühstart-Rente als Basis für lebenslange Vorsorgebeziehungen zwischen Familien, Anbietern und deren Beratern.

Frühstart-Rente nicht isoliert betrachten

Die Frühstart-Rente darf nicht isoliert stehen. Wenn Kinder mit einem Vorsorgeprodukt starten, muss auch gewährleistet sein, dass es im Erwachsenenalter sinnvoll weitergeführt werden kann. Hierfür braucht es zwingend eine Reform der Riester-Rente. Bürokratieabbau, einfachere Produkte und flexible Nutzungsmöglichkeiten würden nicht nur den Anschluss für die Frühstarter sichern, sondern endlich auch Millionen von Erwerbstätigen erreichen, die bisher von privater Vorsorge ausgeschlossen oder enttäuscht wurden. Die Frühstart-Rente wäre nicht die Alternative zur Riester-Reform, sondern deren Türöffner. Frühstartrente und Riester-Reform sollten daher gemeinsam vom Gesetzgeber beschlossen werden.

Die Einführung der Frühstart-Rente allein wird die aufgrund des demografischen Wandels wachsende Versorgungslücke nicht schließen.
Christian König

Hauptgeschäftsführer, Verband der Privaten Bausparkassen e.V (VdPB)

Ich begrüße die Idee der Frühstart-Rente als weiteren Baustein einer früh beginnenden Altersvorsorge.

Kein staatlich organisierter Fonds

Zwingend notwendig ist das Angebot privatwirtschaftlicher Altersvorsorgeprodukte. Überlegungen für einen Staatsfonds würden nicht das Vertrauen der Menschen genießen. Würde die Frühstart-Rente bedeuten, dass staatliche Zulagen von 10 Euro monatlich für die 6- bis 18-Jährigen auf einem staatlich organisierten Fonds angelegt werden, könnte damit nämlich nicht das Ziel erreicht werden, die Eigenverantwortung für die Altersvorsorge zu stärken und junge Menschen frühzeitig zum Konsumverzicht und zum zielgerichteten Vermögensaufbau zu motivieren.

Offenheit für verschiedene Produkte

Ich spreche mich auch dafür aus, eine breite Auswahl verschiedener Spar- und Anlageprodukte für die Frühstart-Rente zuzulassen. Das Angebot von Produkten, die mit der Frühstart-Rente gefördert werden, sollte allen Anbietern von privaten Altersvorsorgeverträgen offenstehen, um dem Verbraucher eine Wahlfreiheit zu ermöglichen. Beispielsweise sollten für die Frühstart-Rente Fondsprodukte, Banksparverträge, Bausparverträge und Versicherungsprodukte gleichermaßen zugelassen werden.

Insbesondere sollte auch das Bausparen als bewährtes Instrument der Wohneigentumsförderung einbezogen werden. Wohneigentum ist eine von vielen Menschen präferierte Form der privaten Altersvorsorge. Eine Forsa-Befragung aus 2025 hat ergeben, dass 58 Prozent Wohneigentum als beste Möglichkeit sehen, um neben der gesetzlichen Rente für das Alter vorzusorgen. Gerade unter jungen Menschen ist der Wunsch nach Wohneigentum besonders verbreitet. 85 Prozent der Befragten einer ImmoScout-Studie von Februar 2025 in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen gaben an, eine eigene Immobilie besitzen zu wollen.

Nach Vollendung des 18. Lebensjahres sollte die Möglichkeit bestehen, das mit der Frühstart-Rente aufgebaute Kapital auf einen geförderten Altersvorsorgevertrag eines anderen Anbieters zu übertragen.

Dabei sollte das aufgebaute Eigenkapital auch auf einen Altersvorsorge-Bausparvertrag übertragen werden können, damit es zum Beispiel für den Erwerb des selbst genutzten Wohneigentums verwendet werden kann. Wohneigentum ist ein Grundpfeiler zur Sicherung des Lebensstandards im Alter. Es schützt im Alter vor steigenden Mietkosten. Nach einer Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes aus 2020 sparen Rentner, die in den eigenen vier Wänden wohnen, im Schnitt monatlich 669 Euro Miete, was rund 35 Prozent der durchschnittlichen gesetzlichen Rente entspricht.

Kein Ersatz für Riester-Renten-Reform

Die Einführung der Frühstart-Rente mit staatlichen Zulagen von 10 Euro monatlich für die 6- bis 18-Jährigen allein wird die aufgrund des demografischen Wandels wachsende Versorgungslücke nicht schließen. Dringend notwendig ist neben der Einführung der Frühstart-Rente auch die Reform der Riester-Rente, damit auch diejenigen, die älter als 18 Jahre sind, besser für ihr Alter vorsorgen können.

Anfang September 2025 haben sich die Bausparkassenverbände gemeinsam mit den Verbänden der Fondswirtschaft und Versicherungswirtschaft an Vertreter der Bundesregierung und der Regierungsparteien gewandt und eine Reform der geförderten privaten Altersvorsorge als Teil des Sofortprogramms gefordert.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Riester-Förderung müssen grundlegend modernisiert werden, um generell weniger Bürokratie, mehr Flexibilität und attraktive steuerliche Anreize zu ermöglichen. Das gilt auch für Vereinfachungen der Rahmenbedingungen für die Eigenheimrente, bei der die staatliche Förderung zunächst den Eigenkapitalaufbau unterstützt und dann dabei hilft, die Finanzierung für das selbst genutzte Wohneigentum schneller zurückzuzahlen. Dabei sollte an die vielen guten Vorschläge im Referentenentwurf zur Reform der geförderten privaten Altersvorsorge aus September 2024 angeknüpft werden.

Pro und Contra Frühstart-Rente

Pro:

  • Impuls für die Reform der Altersvorsorge

  • Hohe Akzeptanz bei Eltern

Contra:

  • Kein Ersatz für umfassende Reformen

  • Förderung nicht ausreichend, um Rentenlücke zu schließen

Kann die Frühstart-Rente zu einem Booster für die Altersvorsorge werden?