MVP: Manuelle Datenpflege als Alarmsignal

Datenpflege und Prozessoptimierung stehen ganz oben auf der Agenda von Maklern. Eine aktuelle Studie zeigt auf, wo Hemmschuhe auf dem Weg zum digitalen Maklerbüro stecken und welche Versicherer mit ihren Angeboten überzeugen.

06:11 Uhr | 21. November | 2019
MVP-Nutzung manuelle Datenpflege ein Alarmsignal

Datenclearing wird in Maklerbüros oft manuell betrieben. Ein Alarmsignal, findet Friedel Rohde, Geschäftsführer der dvb. Bild: dvb

„Der Maklermarkt kommt nicht zur Ruhe, gerade in diesen Tagen tobt ein regelrechter Kampf um Marktanteile und insbesondere IT-Kapazitäten. „Wir wollten daher von den Maklern wissen, ob das Bewusstsein um den wertvollen Rohstoff Daten vorhanden ist und wie es um die Bemühungen um die eigene Datenqualität und Prozessintegration im MVP-System steht“, fasst Friedel Rohde, Geschäftsführer der dvb einen Schwerpunkt in der Untersuchung zusammen. „Dabei haben wir eine deutlich höhere Forderung nach Prozessoptimierung auf Seiten der Makler feststellen können. Allerdings gibt es teilweise erheblichen Nachholbedarf, sowohl auf Seiten der MVP-Systeme als auch bei der Digitalisierungskompetenz einzelner Kollegen“, ergänzt Rohde.

Befragt für die Studie wurden Makler, die eine für den Versicherer sehr relevante Zielgruppe darstellen: Trotz teilweiser Nutzung von Poolanbindungen legen diese größten Wert auf die eigene Unabhängigkeit, was insbesondere durch Nutzung eigener MVP-Systeme deutlich wird. Die Fragestellungen bezogen sich darauf, welche (technischen) Services der Versicherer für diese Zielgruppe anbieten muss, um sich als Produktpartner erfolgreich für rentables Direktgeschäft zu platzieren.

MVP: Wechselbereitschaft kaum vorhanden

Verarbeitet werden die Services im Maklerverwaltungssystem. Die Makler bewerten ihre MVP-Systeme auch heute zu einem großen Anteil positiv, 86 % schließen einen Wechsel des eingesetzten Systems kategorisch aus. Die Nutzer von selbst entwickelten MVP-Systemen stoßen jedoch an die Grenzen des technisch Machbaren und zeigen eine höhere Wechselbereitschaft.

Auch bei MVP-Systemen konventioneller Hersteller mehren sich die Stimmen unzufriedener Nutzer. Die Probleme der Datenqualität und Prozessunterstützung sind der Hemmschuh in der Verwirklichung des digitalen Maklerbüros. Und wenn die prozessuale Unterstützung des Versicherers hinter dem Marktstandard zurückhängt, sind 80% zu einem Austausch des Produktpartners bereit.

„Für die Versicherer muss es jetzt dringlichstes Ziel sein, die eigene Servicequalität sowohl im fachlichen und technischen Bereich als gut orchestriertes Gesamtpaket beim Makler erlebbar zu machen,“ kommentiert Henning Plagemann als Mitglied des Beirats die zunehmende Prozessorientierung der Makler. „In Zeiten von nahezu identischen Produkteigenschaften und hoher Transparenz durch die Vergleicher ist das ein wirksamer Hebel, sich in der Maklergunst erfolgreich zu positionieren. Auch wenn die Erlebbarkeit dieser Services mit dem vom Makler eingesetzten MVP-System steht und fällt, muss der Maklervertrieb dem Makler die Möglichkeiten eines digitalen Maklerbüros und die zur Verfügung stehenden Prozessunterstützungen aufzeigen. Das dürfte derzeit die größte Herausforderung in der Maklerbetreuung sein“, ergänzt Plagemann.

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Bestand im Fokus

Die Makler wurden gefragt, ob sich die Versicherer bei begrenzten IT-Ressourcen eher auf den TAA-Prozess oder auf Prozesse zur Verwaltung von Bestandsdaten fokussieren sollten. Ein Drittel der befragten Makler gaben hier den Bestandsprozessen als oberste Priorität an, aber die Meinung der überwiegenden Mehrheit bringt ein Makler in seinem Kommentar direkt auf den Punkt: „Um vernünftig arbeiten zu können, benötigt man alles. Flickwerk hatte ich viele Jahrzehnte, bis heute! Es ist nicht einfach, über die Jahre verstreute Bestände (Pools, Versicherer, Assekuradeure) in ein funktionierendes System zu bekommen!“

Ein echtes Alarmsignal für die Branche ist die Antwort auf die Frage, wie die Datenaktualisierung im MVP-System erfolgt: 54% führen die Aktualisierung im eigenen System manuell durch, zwei Drittel der befragten Vermittler verwenden über 20 Stunden pro Monat auf die Datenpflege. „Argumente wie Datenschutz und -sicherheit entsprechen der Erwartungshaltung, alle Daten eigenverantwortlich zu verwalten und entsprechen nicht mehr den aktuellen Gepflogenheiten in der Datenverarbeitung. Weitere Fragen der Studie haben gezeigt, dass den Maklern die Ursachenzusammenhänge des Datenclearings nicht bewusst sind, daher ist die Ablehnung eines kostenpflichtigen Dienstleisters nicht wirklich substanziiert“, konstatiert Henning Plagemann die Entwicklung.

Manuelle Anpassung als Anlass zur Sorge

„Der hohe Anteil der manuellen Anpassung gibt Anlass zur Besorgnis“, gibt Friedel Rohde zu bedenken. „In diesem Fall haben die Makler keine Möglichkeiten zum automatischen Datenclearing. Auch wenn dieser Bestand mit Hilfe von BiPRO-Services versorgt werden kann, ist eine wirkliche Erleichterung in der Verwaltungsarbeit nicht gegeben. Abhilfe,“ so ergänzt Rohde, „kann ein externer Dienstleister schaffen oder eben ein Pool, der das Datenclearing auf seinen Systemen bereits erfolgreich umgesetzt hat. Da eine Verbesserung der Qualität von GDV-Daten nicht mehr zu erwarten ist,“ folgert Rohde,“ kann in diesem Fall auch noch auf die Umsetzung der Bestandsnormen gesetzt werden, was jedoch erfahrungsgemäß bis zur branchenweiten Umsetzung noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird.“

„Sind die Daten und Dokumente im MVP, ist das erst die halbe Miete“, stellt Henning Plagemann fest. Abhängig von der Qualität der gelieferten Informationen können diese durch das MVP automatisch den zugehörigen Kunden / Verträgen / Vorgängen zugeordnet werden. „Oder eben auch nicht,“ bedauert Plagemann, „dann muss der Benutzer mühselig diese zunächst analysieren und die Zuordnung per Hand durchführen.“

Bei der Automatisierung der Dokumentenverarbeitung zeigt sich ein sehr positives Bild: Fast 78 % der von den Versicherungsunternehmen gelieferten Dokumente können automatisch den betroffenen Verträgen und Kunden zur vollsten Zufriedenheit der Anwender zugeordnet werden. Hier funktioniert die Automatisierung so, wie es mit Einführung der BiPRO-Normen beabsichtigt gewesen ist. Nur bei 8,7 % der Versicherungsunternehmen ist das Ergebnis nicht zufriedenstellend (Note 4 oder schlechter). Die Bemühungen der Versicherer, die Qualität der Datenlieferungen stetig zu verbessern, tragen sichtbare Früchte und führen zu positiven Nutzungserlebnissen der Anwender.

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Diese Versicherer punkten bei Extranets

Zur Frage an die Makler in welchen Extranets sie sich am wohlsten fühlen, konnten sich Die Haftpflichtkasse und die VHV von den restlichen Versicherern deutlich absetzen. Bei beiden Versicherern haben über 75 % der befragten Makler, die in den letzten 12 Monaten häufig mit dem jeweiligen Versicherer zusammengearbeitet haben, deren Makler-Portale gelobt.

52% der befragten Makler gaben an, dass die Nutzung der Extranets in den letzten 5 Jahren deutlich angestiegen ist. „Das darf aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, die die Makler in den offenen Kommentaren sehr deutlich machen: Die Extranets sind nach wie vor nicht populär, lediglich ist die Nutzung durch den DeepLink komfortabler geworden“, bewertet Friedel Rohde dieses Ergebnis. Henning Plagemann ergänzt: „Die Extranets sind und bleiben eine Brückentechnologie im Maklerbüro, die den Einzug der BiPRO-Normen in die MVP-Systeme nachhaltig bestätigen.“

Wie fit sind die Makler für das prozessgetriebene digitale Maklerbüro? An vielen Kommentaren kann abgelesen werden, dass die Komplexität des Datenclearings, der Klassifizierung von Dokumenten und Begrifflichkeiten wie „Single Sign On“ viele überfordert. „Hier besteht in einer wichtigen Maklerzielgruppe ein erheblicher Bedarf an Informationen und Schulungen, die weder der MVP-Hersteller oder einzelne Maklerbetreuer erbringen können. Die gesamte Branche ist gefragt“, fordert Friedel Rohde.

Mit dem vorliegenden fast zweihundert Seiten starken dvb-Makler-Audit steht den Versicherern das wohl umfangreichste Arbeitspapier für die Maklerkommunikation zur Verfügung. Es kann zu einem Sonderpreis im Abonnement auf der Webseite der dvb erworben werden.

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