Kfz-Telematik: Versicherer kontern BdV-Kritik

„Intransparente Prämienberechnung und in Sachen Datenschutz mit Vorsicht zu genießen“: Der BdV rät davon ab, Telematik-Tarife in der Kfz-Versicherung zu nutzen. Wir baten Huk-Coburg, Allianz und GDV um eine Einschätzung zur Kritik.

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15:08 Uhr | 31. August | 2020
Laut dem BdV sind Telematik-Tarife in der Kfz-Versicherung intransparent. Allianz und Huk-Coburg sehen das anders.

Laut dem BdV sind Telematik-Tarife in der Kfz-Versicherung intransparent. Allianz und Huk-Coburg sehen das anders. Bild: Adobe Stock

Die Versicherungsbranche präsentiert Telematik-Tarife gerne als großen Zukunftstrend, vor allem in der Kfz-Versicherung. Der Nutzer gibt direkt aus dem Auto Daten über sein Fahrverhalten preis und bei entsprechenden Werten wird seine Versicherungsprämie günstiger. Doch genau diese Berechnungsgrundlage des Konzepts kritisiert der Bund der Versicherten (BdV) nun in aller Breite.

„Viele der angebotenen Tarife sind intransparent. Bei den Versicherern, die Telematik-Tarife anbieten, ist meist nicht eindeutig nachvollziehbar, wie und in welchem Umfang sich ein konkretes Fahrverhalten auf die Prämie auswirkt“, heißt es in einer Mitteilung des BdV vom Freitag. Zudem würden die Unternehmen unterschiedliche Kriterien zur Ermittlung eines sicheren Fahrverhaltens nutzen. Schnelles Beschleunigen, hartes Bremsen, die Geschwindigkeit ans sich, das Kurvenverhalten und die Leerlaufzeit würden einerseits herangezogen, daneben aber auch nicht vom Fahrer abhängige Kriterien wie die Tageszeit der Nutzung oder der befahrene Straßentyp.

Bedenklicher Umgang mit Daten?

„Ob die Einstufung ihres Fahrverhaltens durch die Versicherungsgesellschaft – und damit die Höhe der zu zahlenden Prämie – korrekt ist, können Versicherungsnehmer/innen aufgrund der bestehenden Intransparenz jedoch nicht nachvollziehen“, meinen die Verbraucherschützer.

Doch nicht nur die Methodiken zur Ermittlung der Telematik-Prämien sieht man beim BdV kritisch, sondern auch den Umgang mit den Daten der Fahrer. „Verbraucher/innen sollten die Tarife auch in Bezug auf die zugrundeliegenden datenschutzrechtlichen Vereinbarungen kritisch prüfen. Auf dem Prüfstand sollte dabei insbesondere stehen, wer welche Daten erhält, wie beziehungsweise wofür diese verarbeitet werden und welche Vorschriften bei mehreren Fahrer/innen zu beachten sind“, raten die Verbraucherschützer.

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Laut dem GDV können sich Telematik-Kunden darauf verlassen, dass die Versicherer mit ihren Daten sorgsam umgehen. „Denn anders als viele andere Player in der digitalen Ökonomie sind Versicherer keine Datenhöker, sondern Datentreuhänder“, hieß es dazu heute von Verbandsseite auf procontra-Nachfrage.

Die Versicherer könnten den Datenschatz nur dann heben, wenn die Angebote auch gesellschaftlich akzeptiert seien. Um das zu erreichen, dürfen sich die Unternehmen also keine Fehler oder Intransparenz erlauben. Dazu trage auch die seit 2012 geltende freiwillige Selbstverpflichtung (Code of Conduct bei.

„Für den Kunden sehr gut zu finden“

Bezüglich der Transparenz der Prämiengestaltung verwies der GDV allerdings auf die Anbieter selbst. Dazu äußerte man sich beim Marktführer Huk-Coburg, bei dem bereits über 200.000 Kunden einen Telematik-Tarif abgeschlossen haben, recht unaufgeregt. Einerseits werde der Kunde durch die Vertragsbedingungen ausführlich über die Berechnungsgrundlagen des Fahrwerts informiert. Transparenz schaffe zudem das Fahrerfeedback in der „HUK Mein Auto“-App, die allen Telematik-Kunden zur Verfügung steht.

„Fahrer erhalten in der App, neben dem persönlichen Fahrwert, insbesondere auch eine separate Einschätzung zu ihrem Beschleunigungs-, Lenk-, Brems- und Geschwindigkeitsverhaltens. Der Kunde kann die Bewertungsgrundlagen für den Fahrwert auch noch einmal direkt in der App einsehen. Der entsprechende Link ist direkt auf der Detailseite zur Entwicklung des Fahrwerts platziert und damit für den Kunden sehr gut zu finden. Besonders auffällige Fahrereignisse, wie starke Bremsungen oder eine zu hohe Kurvengeschwindigkeit, werden den Kunden als direktes Feedback in den Fahrdetails zu jeder Fahrt angezeigt“, erklärte Dr. Daniel John, Leiter der Abteilung Aktuariat Komposit bei Huk-Coburg.

Allianz gibt Einblick

Bei der Allianz weist man in Sachen Datenschutz auf die zwei getrennten Datenkreise hin. Kunden- und Vertragsdaten würden bei der Allianz liegen, die Telematik-Daten bei deren Dienstleister. Ein Austausch dieser an den Versicherer würde ausschließlich verschlüsselt stattfinden. „Wir als Allianz erhalten lediglich die Tageswertung und die gefahrenen Kilometer. So können wir als Versicherer nicht nachverfolgen, wer, wann, wo gefahren ist“, erläuterte eine Sprecherin.

Für die Prämienberechnung vergibt das Allianz-System nach jeder Fahrt Punkte, angelehnt an mehrere Faktoren. Den höchsten Einfluss hat das Bremsverhalten mit 30 Prozent. Die Beschleunigungsvorgänge, das Kurvenfahrverhalten und die Routenkriterien werden jeweils mit 20 Prozent bewertet, die Geschwindigkeit mit 10 Prozent. Maximal gibt es 100 Punkte. Seine individuelle Fahrtwertung könne der Kunde nach jeder Fahrt in der App ansehen.

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