Corona-Studie: Zahl der Vermittler könnte bis 2025 um 20 Prozent sinken

Die Versicherungsindustrie wird laut einer Studie noch mehrere Jahre unter schrumpfendem Neugeschäft und Beitragsrückgängen leiden. Für die Vermittlerlandschaft rechnet sie mit einer Konsolidierung.

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13:07 Uhr | 21. Juli | 2020
EY Innovalue hat die Auswirkungen der Krise auf Bestand und Neugeschäft modelliert

Trübe Aussichten: EY Innovalue hat die Auswirkungen der Krise auf Bestand und Neugeschäft modelliert. Bild: adobe Stock/calypso77

Die Corona-Krise hat nicht nur den Vertrieb erschwert, sondern darüber hinaus auch Privat- und Firmenkunden verunsichert und sie teils in finanzielle Schieflage gebracht. Für die Versicherungswirtschaft bedeutet das: Der Bestand könnte mittelfristig schrumpfen und das Neugeschäft abnehmen. Mit diesem Szenario, das sich sowohl auf den Kompositbereich als auch auf die Lebens- und Krankenversicherung bezieht, rechnet die Managementberatung EY Innovalue. Auch von Prämienerhöhungen und Personalabbau als Reaktion ist auszugehen, hatten vorhergegangene Studien gezeigt.

Die neue Studie prognostiziert eine „deutliche Delle in der Prämienentwicklung durch Covid-19“, welche die Branche nun für mehrere Jahre beschäftigen wird. In zwei Szenarien hat EY die Auswirkungen der Krise auf Bestand und Neugeschäft modelliert und Handlungsempfehlungen für Versicherer und Vertriebe abgeleitet. Basis dieser Analyse ist die erwartete Branchen- und BIP-Entwicklung ohne Einfluss von Covid-19.

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Grafik: EY Innovalue

PKV und LV besonders betroffen

Der Auswertung zufolge ist das Neugeschäft in der privaten Krankenvollversicherung besonders stark von der Krise betroffen. Um 22 bis 29 Prozent werde dieses im laufenden Jahr einbrechen, das Vor-Krisen-Niveau dürfte demzufolge noch bis 2025 unerreicht bleiben. Als Gründe für den Rückgang führt die Studie neben reduzierten Beratungsmöglichkeiten eine geringere Wechselbereitschaft in die PKV sowie mehr Insolvenzen und weniger Eintritte in die Selbstständigkeit an. Düster sieht es EY zufolge auch für die Lebensversicherung aus: Das Neugeschäft könne 2020 um 23 bis 27 Prozent einbrechen. Die Rückgänge in der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) könnten angesichts des derzeit weitgehend lahmgelegten Neugeschäfts sogar noch verheerender ausfallen.

Im Komposit-Privatkundengeschäft rechnet EY Innovalue mit einem Bestandsrückgang von zwei bis drei Prozent, insbesondere in den Sparten Kfz und Unfall -"verzichtbare Sparten" hätten derzeit mit Storni und geringerer Nachfrage zu kämpfen. Der generelle Wachstumstrend werde aber nur kurzfristig unterbrochen. In der Biometrie rechnet die Beratung derweil mit einer Seitwärtsbewegung und mittelfristigen Zugewinnen, begründet durch ein pandemiebedingt gewachsenes Risikobewusstsein.

Im Firmenkundengeschäft könnte der Rückgang mit vier bis sechs Prozent noch deutlicher ausfallen. "Sofern es in 2021 nicht zu weiteren einschneidenden Shutdowns kommt, könnte ab 2025 das bisherige Geschäftsniveau wieder erreicht oder sogar überschritten werden", so die Prognose von EY. Die Krise hat zu einer gesunkenen Zahl von Neugründungen und zunehmenden Insolvenzen geführt, vor allem in den besonders hart getroffenen Branchen wie Gastronomie und Tourismus.

Lichtblicke bieten sich allerdings auch - zumindest vereinzelt: "Zum Beispiel in den Bereichen Cyber und Rechtsschutz wird es auch in der Krise Gewinner geben", so Julia Palte.

Bis 2025 könnte die Zahl der Makler um ein Fünftel schrumpfen

Auch auf die Vermittlerpraxis haben diese Verschiebungen großen Einfluss. „Abschlussorientierte Vermittler mit Branchenfokus in Leben und Kranken scheiden eher aus dem Markt als Vermittler mit Sachfokus und höheren laufenden Einnahmen“, sagt Studienautorin Palte.

Den Vertriebswegemix als solchen sieht EY Innovalue aber kaum betroffen. „Der langfristige Trend des direkten Abschlusses wenig beratungsintensiver Produkte sowie der Bedeutungsgewinn von Maklern bleibt weiterhin intakt", so  Palte. "Neben dem Einfluss von Covid-19 führen zunehmende regulatorische Anforderungen und vor allem die Überalterung zu rückläufigen Zahlen der aktiven Makler." Dabei sind vor allem die Einzelkämpfer der Einzel- und kleineren Mittelstandsmakler - abhängig von ihren Schwerpunkten - unter Druck. Bei Pools und Vermittlerorganisationen setzt sich der Konsolidierungstrend fort. Insgesamt erwartet EY Innovalue einen Rückgang der registrierten Makler bis 2025 um 18 bis 23 Prozent.

Die Versicherer seinen nun gefordert, die Auswirkungen auf die Vermittler zu verstehen und Maßnahmen zur Neugeschäfts- und Bestandssicherung abzuleiten. Außerdem gelte es zu prüfen, welche Risiken die Unternehmen bereit sind, in ihr Portfolio zu nehmen. Auch an einer zunehmenden Digitalisierung sei zu arbeiten.

Für die Studie hat EY Innovalue zunächst für ein Basisszenario prognostiziert, wie sich Bestands- und Neugeschäftszahlen ohne die Corona-Pandemie entwickelt hätten. Für die damit abgeglichenen Alternativszenarien mitsamt der Krisenauswirkungen setzte die Beratung auf einen Methodenmix aus eigenen Erhebungen, Daten des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft und Geschäftszahlen der Unternehmen, Experteneinschätzungen sowie Befragungen von 15 Vorständen von Versicherern und großen Maklerhäusern.