Assekurata fühlt Run-off-Versicherungen auf den Zahn

Das Thema Run-off ist eines mit hohem Konfliktpotential. Doch wie ist es wirklich um Rohüberschüsse, deren Verteilung und Stornoquoten bestellt? Dies hat nun die Ratingagentur Assekurata zum zweiten Mal ausführlich untersucht.

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13:10 Uhr | 20. Oktober | 2020
Lars Heermann

Lars Heermann, Bereichsleiter Bewertung und Analyse bei Assekurata. Bild: Assekurata

Das Thema Run-off ist eines, was nicht nur bei Verbraucherschützern, sondern auch unter Versicherungsvermittlern hohe Wellen schlägt. „Altersvorsorge darf keine Handelsware sein“, ließ es unter anderem Maxpool-Chef Oliver Drewes nicht an Deutlichkeit in der Kritik fehlen und sprach von „Vertrauensmissbrauch“ seitens der Anbieter, die ihre Bestände an externe Abwickler verkauften. Weit verbreitet ist die Angst, dass die Kunden seitens der Investoren schlechter gestellt werden.Auch deswegen gibt es in einem Zusammenschluss von Verbraucherschützern (Bund der Versicherten) und Vermittlern (AfW) die Forderung, Versicherten im Fall eines Run-Offs ein außerordentliches Kündigungs-und Wechselrecht zukommen zu lassen.

Nun hat die Ratingagentur Assekurata mit ihrer Studie „Run-off in der Lebensversicherung 2020“ zum zweiten Mal eine umfangreiche Analyse der am deutschen Markt vertretenen drei Run-Off-Plattformen vorgenommen, die zusammen ein Prämienvolumen von insgesamt 3,9 Milliarden Euro und damit einen Marktanteil von vier Prozent verwalten.

Diese sind:  

Die Studie liefert dabei zahlreiche Einzelbefunde, die die Kritiker allerdings wohl kaum besänftigen können. So zeigt die Untersuchung, dass die Run-off-Gesellschaften mittlerweile – als eine Messgröße für den Unternehmenserfolg – eine deutlich höhere Rohüberschussquote aufweisen als der Markt: So erreichten die Run-off-Plattformen 2019 einen Rohüberschussquote (generierter Rohüberschuss im Verhältnis zu gebuchten Bruttoprämien) von 33,6 Prozent, während der Markt durchschnittlich 12 Prozent erwirtschaftete.  

Eine pauschale Begründung für diese Zahlen gibt es allerdings nicht. „In einer Detailanalyse stießen wir vielmehr auf einige Sonder- oder Einmaleffekte, wie beispielsweise die Auflösung einer Steuerrückstellung, oder die außerordentliche Realisierung von stillen Reserven in der Kapitalanlage, die zumindest teilweise die sehr hohen Überschüsse erklären“, sagt Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata. Eine belastbare Aussage über die zukünftige Entwicklung der Ertragslage ergebe sich hieraus nicht.    

Da es den Run-off-Plattformen gelungen ist, zumindest kurzfristig die Ertragslage zu verbessern, stellt sich die Frage, ob die Kunden auch von dieser Entwicklung profitieren konnten oder ob die Gesellschaften die Erträge zur Stärkung ihrer Eigenkapitalrentabilität verwendeten. Hier stellen die Analysten fest: „Grundsätzlich offenbart die Struktur der Überschussverteilung, dass sich die Run-off-Versicherer auch bei Berücksichtigung des Rechnungszinsaufwands, zunehmend mehr vom ,Verteilungskuchen‘“ nehmen. Zugleich sei es den Plattformen gelungen, die Profitabilität aus Investorensicht zu steigern.  

Geringere Stornoquoten

Auch beim Thema Stornoquoten wird den Run-Off-Plattformen häufig eine höhere Anfälligkeit unterstellt. Diese ist aus Sicht von Assekurata jedoch in den vergangenen Jahren nicht feststellbar gewesen: So liegen die Stornoquoten der Run-Off-Plattformen seit 2015 unter dem Marktniveau. Für 2019 ermittelte Assekurata für die Run-Off-Plattformen eine Quote von durchschnittlich 3,62 Prozent, im Markt war indes eine Quote von 4,52 Prozent zu verzeichnen.  

Allerdings ist auch hier die Lage von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich. So wiesen 2019 die Frankfurt-Münchener Leben sowie die Skandia Leben höhere Quoten als der Markt auf – dies dürfte allerdings auf die höheren Stornoquoten im Geschäft mit fondsgebundenen Lebensversicherungen zurückzuführen sein.  

Obwohl die Run-off-Plattformen häufiger als der Markt mit BaFin-Beschwerden konfrontiert  seien – was häufig als Indikator für ein höheres Stornovolumen gewertet werde – wiesen die Unternehmen laut Assekurata eine „größere Bestandsnachhaltigkeit als der Branchenschnitt“ auf. Berücksichtigt werden müsse hierbei aber die Tatsache, dass bei geschlossenen Beständen die Stornoquote aufgrund des fehlenden Frühstornos strukturell geringer ausfällt. Dennoch falle auch unter Berücksichtigung dieses Punkts die Stornoquote der Run-off-Versicherer mit 3,38 Prozent deutlich niedriger aus als das Marktniveau (4,18 Prozent).

Relativierend führen die Rater zudem an, dass das geringe Storno mitunter auch einer „natürlichen Trägheit der Bestände geschuldet“ sei. Schließlich könnten Verträge mit hohen Garantiezinsen heute aufgrund des bestehenden Niedrigzinsumfelds nicht zu vergleichbaren Konditionen anderswo abgeschlossen werden. „Dem Geschäftsmodell Run-off kommt dies in aller Regel zugute“, heißt es in der Studie. Wie sich die Quoten jedoch in der Zukunft – auch bedingt durch die Corona-Krise – entwickeln werde, bleibe abzuwarten.

Die gesamte Studie mit Einzelangaben zu jedem Run-off-Versicherer kann bei Assekurata erworben werden.