Zielgruppe Influencer: „Falsche Zahlen können fünfstellige Forderungen nach sich ziehen“

Haftungsansprüche, die schnell einen existenzbedrohenden Charakter bekommen: Wie sollten sich Blogger, YouTuber und Co. versichern? Und an welchem Punkt ist für ihre Publikationen ein gewerblicher Schutz nötig? Darüber sprach procontra mit Ulrich Herz, Portfolio Underwriting Manager bei Hiscox.

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08:11 Uhr | 30. November | 2022
Herz Bild: Hiscox

Unrechtmäßig veröffentlichte Blog-Fotos und falsche Zahlen im Finanzbereich: Über diese und andere versicherungsrechtliche Stolpersteine der Influencer-Tätigkeit spricht Ulrich Herz, Portfolio Underwriting Manager bei Hiscox, im Interview. Bild: Hiscox

procontra: Warum sollten Influencer eine Bloggerversicherung abschließen?

Ulrich Herz: Blogger und Influencer bewegen sich an einer Art Schnittstelle, was die Unterscheidung zwischen privaten und gewerblichen Risiken angeht. Sie fangen meistens im privaten Umfeld an und schlagen dann irgendwann eine gewerbliche Richtung ein. Wenn das Bloggen zur beruflichen Tätigkeit wird, entstehen schnell Haftungsansprüche, die einen existenzbedrohenden Charakter bekommen können. Die Bloggerversicherung enthält mehrere Module, das Kernmodul ist die Vermögensschadenhaftpflicht. Sie deckt Ansprüche aus Urheberrecht und Copyright ab. Mit enthalten ist zudem eine passive Rechtschutzfunktion. Dadurch werden nicht nur berechtigte Ansprüche bezahlt, sondern eben auch unberechtigte Ansprüche abgewehrt.

procontra: Was ist ein typischer Blogger-Schaden, bei dem die Versicherung einspringt?

Ulrich Herz: Am häufigsten treten Urheberrechtsverletzungen auf – zum Beispiel, wenn Fotos in Blogs eingebaut werden, ohne die entsprechenden Urheberrechte zu besitzen. Da kann der Schaden schon mal im vier- oder fünfstelligen Bereich liegen. Oder wenn Blogger im Finanzbereich mit falschen Zahlen operieren. Dann kommt die Institution, die die Zahlen veröffentlicht hat, mit Unterlassungsklagen oder Schadensersatzansprüchen auf Sie zu. Und das beläuft sich schnell auf fünfstellige Forderungen.  

procontra: Die Bloggerversicherung deckt auch Cyberschäden ab. Wie groß ist das Risiko einer Hackerattacke in dem Bereich?

Ulrich Herz: Cyberattacken sind definitiv ein gewichtiges Risiko für Blogger und Influencer. Natürlich kommt es immer mal wieder vor, dass Webseiten gehackt werden. Die Cyberkomponente ist ein separates Modul und kann optional abgeschlossen werden.  

procontra: Wie groß ist der Aufklärungsbedarf in der Zielgruppe? 

Ulrich Herz: Der Aufklärungsbedarf ist definitiv da. Nach dem Feedback der Makler sieht die Zielgruppe die Gefahren im Web zwar, aber die Lösung – beispielsweise in Form einer Berufshaftpflicht – ist nicht so verbreitet. Wenn man halbprivat im Internet unterwegs ist, ist die Absicherung oft nicht im Fokus.

procontra: Ab welchem Zeitpunkt sollten Influencer oder Blogger eine Absicherung in Betracht ziehen?

Ulrich Herz: Die Kernfrage dabei ist: Wie professionell will man sich aufstellen? Wenn die Beträge für Produktplatzierungen in die Hunderte oder Tausende Euro gehen, dann ist eine Berufshaftpflicht ein Muss. Grundsätzlich ist es aber so: Man sollte immer zweimal darüber nachdenken, was man ins Internet stellt – weil es erstmal darin bleibt.